Der zweite Corona-Lockdown wird ab dem kommenden Montag das kulturelle Leben wieder ausbremsen. Das trifft die ohnehin schon gebeutelten Vertreter der Zunft hart.
Für den Überlinger Saxofonisten Benjamin Engel waren die Corona-Beschlüsse „einmal wieder ein Schlag ins Gesicht und einen richtiger Dämpfer für die Branche“. Der Berufsmusiker und Familienvater hat schon in zahlreichen Bands, Orchestern und Ensembles in der Region und darüber hinaus gespielt. Nun hat er wieder Auftrittsverbot.
„Die Veranstaltungsbranche hat schon immer von der Hand in den Mund gelebt“
„Auftreten ist mein Lebenssinn auf gewisse Weise“, sagt er. Damit verdiene er nicht nur sein Geld, auch sein ganzes Leben habe er mit der Musik verbracht. In der aktuellen Zeit frage er sich aber bereits, ob es noch Sinn mache, weiter Musik zu machen. Die Corona-Maßnahmen, die auch Konzerte stark einschränken, werden seiner Ansicht nach nicht so schnell verschwinden.

Bereits in den Monaten nach dem Lockdown habe er bei den Leuten eine Angst vor Veranstaltungen beobachtet. Es gab positive Beispiele von Organisatoren, die weiterhin den Musik- und Kulturbetrieb ermöglichten. Andere Organisatoren hatten aber keine Lust, ein Hygienekonzept zu entwerfen und sagten daher Konzerte ab.
„Die Veranstaltungsbranche hat ohnehin schon immer von der Hand in den Mund gelebt“, blickt er zurück. „Jetzt kommen noch zusätzliche Hürden dazu. Das ist für die meisten nicht machbar.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Musikern in diesen Zeiten sei er finanziell abgesichert. Auch seine Frau arbeite und wenn er keine Musik mache, sei er halt Hausmann, so Engel. Langfristig schließt er einen Branchenwechsel aber nicht gänzlich aus und sagt: „Wenn irgendwo eine Tür zugeht, geht eine andere auf.“
„Wir haben schon Ideen für alternative Theater-Formate“
„Das ist natürlich eine schwere Situation“, sagt Oliver Nolte, Betreiber vom Nolte Theater in Überlingen, zu den Beschlüssen der Bundesregierung. „Wir hätten uns gewünscht, dass es differenziertere Lockdown-Anordnungen gibt und wir mit unserem kleinen Theater, das die Hygieneanforderungen im Landkreis übererfüllt, noch hätten weiterspielen können.“

„Die Existenz unseres Theaters ist nicht gefährdet“, stellt er klar. Tatsächlich mache die Not erfinderisch. So sagt Nolte: „Wir haben schon Ideen für alternative Formate, die wir anbieten können, falls sich die Lockdown-Phase verlängert.“ Alle Aufführungen, die man jetzt verschieben müsse, holen man nach. „Und wenn es erst im Frühjahr oder Sommer 2021 ist.“ Auch die Möglichkeit zum Online-Kauf von Gutscheinen auf der Webseite werde bald eingerichtet. „Jetzt hoffen wir, dass alles diszipliniert und verantwortungsvoll sind, und wir dann im Dezember wieder öffnen können“, sagt er abschließend.
Überlinger Kinobetreiber: „Ob wir jemals wieder öffnen, hängt von der Länge des Lockdowns ab“
Auch für Thomas Lailach, Betreiber des Kinos Kammer & Tivoli und der Cinegreth Kinos am Landungsplatz, sind die Corona-Beschlüsse der Bundesregierung ein herber Rückschlag. „Es ist sehr frustrierend und demotivierend“, sagt er zu den neuen Verordnungen. „Wir hatten das Gefühl, dass das Kino endlich langsam wieder Fahrt aufgenommen hat.“ In Anbetracht der Tatsache, dass es bundesweit keine einzige Corona Erkrankung gebe, die auf einen Kino Besuch zurückzuführen war, sei es für ihn und sein Team aber umso unverständlicher, dass ihre Bemühungen und Anstrengungen umsonst waren.

Zum Kostenausfall durch den zweiten Lockdown sagt er: „Uns bricht von den wichtigen Herbst- und Wintermonaten der Umsatz weg, weshalb wir für den kompletten November keine Umsätze haben. Generell habe sein Kino natürlich lange nicht die Besucherzahlen der Vorjahre. Die 450-Euro-Kräfte, die sein Kino noch eingestellt hat, werden bis auf Weiteres nichts mehr verdienen.
„Ob wir jemals wieder öffnen, hängt von der Länge des Lockdowns ab“, so Lailach. „Wir sind mittlerweile skeptisch und wollen natürlich sehr zeitnah wieder mit einem abwechslungsreichen Programm unsere Gäste ins Kino zu locken.“ Dankbar sei er für jeden, der seinen Betrieb die vergangenen Monate unterstützt hat.