Für den Hallwyler Hof und das ehemalige Haus Dietz gibt es neue Pläne. Die Idee sieht in Grundzügen so aus: Der Hallwyler Hof soll eine Hotel für den kleinen Geldbeutel werden, das benachbarte Haus Dietz die neue Begegnungsstätte der Arbeitswohlfahrt Bad Säckingen. Entsprechende Pläne wurden diese Woche dem Kultur- und Sozialausschuss des Gemeinderates vorgestellt. Der Ausschuss hat das Konzept zunächst nur zur Kenntnis genommen und es an den Gemeinderat weitergeleitet. Ein erste Empfehlung wollte der Ausschuss nicht abgeben.
Das Besondere: Hotel mit behinderten Menschen
Hotel und Gastronomie sollen geführt werden von den Integrationsbetrieben Awocado gemeinnützige GmbH. Awocado ist eine Kooperation von Arbeiterwohlfahrt, Caritas und Diakonie. Geschäftsführer Niels Bosley betreibt bereits das Hotel Fridolin und das Hotel Rheinsberg in Bad Säckingen, beides Integrationsbetriebe mit behinderten Mitarbeitern.
Hotelkonzept: Das bewohnbare Museum
Bosley stellte im Ausschuss denn auch sein Konzept vor. Es sieht eine Sanierung des Hallwyler Hofes außen sowie innen vor. Geplant sind zwölf Zimmer, die jeweils bestimmte Themen aus der Bad Säckinger Geschichte transportieren und so dem Gast die Historie der Stadt näher bringen. Es soll nach seinen Worten ein „bewohnbares Museum“ werden. Das sei eine Nische in der Branche und könne ein richtiges Kleinod werden. Die Zimmer sind wie Mini-Appartements geplant mit kleinen Küchenecken. Zwei Zimmer stellt sich Bosley als Hochzeitszimmer vor für Paare vor, die im Schloss heiraten und um die Ecke logieren. Das Angebot soll preislich „niederschwellig“ ausgelegt sein.
Gastronomie für Hotel- und Tagesgäste
Im Erdgeschoss des benachbarten Hauses Dietz soll ein integratives Tagescafé untergebracht werden. Als Betreiber ist ebenfalls die Awocado GmbH vorgesehen. Das Tagescafé ist gleichzeitig auch Frühstücksraum für die Hotelgäste. 30 Sitzplätze sind in Planung. Im Sommer ist eine Erweiterung durch einen Biergarten geplant. Standort ist die Terrassenwiese vor dem Hallwyler Hof zum Rhein hin. In Rede standen hier 90 Plätze, was allerdings vielen als zu hochgegriffen erschien. Im Biergarten soll das Mitbringen von Brotzeit nach bayrischem Vorbild möglich sein, wenn die Getränke gekauft werden. Gleichzeitig ist die Anbindung ans das Projekt Rheinliebe vorgesehen, das einen Wander- und Kulturrundweg von Basel über Bad Säckingen vorsieht, der auch am Hallwyler Hof vorbeiführt. Das kulinarische Konzept des Tagescafés soll nach Worten von Awocado-Geschäftsführer Bosley das des früheren Café Zwischen in der Rheinbrückstraße übertreffen. Auch dieses wurde mit behinderten Mitarbeitern betrieben. Dies soll auch hier in Hotel und Café wieder so sein.

Rendite steht nicht im Vordergrund, sondern die Integration Behinderter
Wirtschaftlichkeit: Bürgermeister Alexander Guhl nannte es einen Glücksfall, einen interessierten Betreiber zu finden, der einen solchen Betrieb nicht aus Renditegesichtspunkten führen wolle. Andere Privatinvestoren hätten aus wirtschaftlichen Gründen beim Thema Hotel für Bad Säckingen bereits mehrfach abgewunken. Gleichwohl ist es Bosleys Ziel, sowohl Hotel wie auch Café rentabel zu führen. Seine Wirtschaftlichkeitsberechnungen gehen in der Etablierungsphase für die ersten drei Jahre von jeweils einen kleinen Defizit aus, das sich von rund 6000 auf 500 Euro reduziert und dann im vierten Jahr in die schwarzen Zahlen gelangt. „Geld verdienen wird man mit diesem Projekt nicht“, sagte Bosley den Stadträten gegenüber. Aber das sei auch nicht vorrangiges Ziel von Awocado, sondern die Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen. Die Stadt, so die Idee, soll den Hallwyler Hof deshalb für die symbolische Miete von einem Euro überlassen, gleichzeitig aber umsatzbeteiligt sein.

Mit Synergien: Begegnungsstätte der Arbeitwohlfahrt
Die Arbeitswohlfahrt möchte im Haus Dietz ihre Begegnungsstätte einrichten und das Haus zu diesem Zweck für 400 Euro mieten. Die AWO ist derzeit in der Mumpferfährstraße untergebracht, wo ihr Domizil „Baracke“ genannt wird. Außer der Begegnungsstätte könnten laut Stefan Meier von der AWO das Repaircafé untergebracht werden, ein Jugendcafé, Räume für Workshops und ein Veranstaltungsraum für Kunst und Kultur im Dachgeschoss.
Das sagen die Stadträte zu dem Projekt
Auf die ungelöste Parkplatzfrage wies CDU-Stadtrat Clemens Pfeifer hin. Hier müsse noch nachgearbeitet werden. Tatsächlich fand er das Konzept mit dem integrativen Ansatz in Hotel und Café sympathisch. Allerdings fragte er sich, ob die von der AWO beanspruchten Räumlichkeiten im Obergeschoss und Dachgeschoss des Hauses Dietz nicht besser zum Hotel geschlagen werden sollten. Mit acht zusätzlichen Zimmern könne der Betrieb vielleicht früher die Wirtschaftlichkeit erreichen, so Pfeiffer.
Grünen-Stadträtin Ruth Cremer-Ricken sprach von einem „interessanten Konzept“. Da es aber eine Laufzeit von 20 Jahren habe und großer finanzieller Mittel bedürfe, wollte sie vor der Kommunalwahl nichts mehr entscheiden. Das solle der neue Gemeinderat machen. Zudem bemängelte sie, dass hinter den Türen der Stadtverwaltung über ein halbes Jahr über das Projekt gesprochen worden sei, ohne den Gemeinderat zu informieren.
Fred Thelen (FW) nannte das Konzept „wünschenswert“. Er empfahl, das Projekt mit einem Signal der Befürwortung in den Gemeinderat zu geben. Dem wollte die Mehrheit jedoch nicht folgen. Allein die SPD wäre wohl dazu bereit gewesen, wie Stadtrat Stephan Muster andeutet. Aber auch Hartmut Fricke von der UBL sah das Konzept „nicht hinreichend zu Ende gedacht“.

Finanzierung
Am Hallwyler Hof und Haus Dietz sind – unabhängig von der aktuellen Projektidee – Grundsanierungen nötig. Für die Außensanierung ist der Eigentümer zuständig, also die Stadt. Die Kosten wurden mit 120.000 beim Haus Dietz (Fassadensanierung, Fenstererneuerung) und auf 140.000 beim Hallwyler Hof (Fassade, Fenster und Dach) ermittelt. Die Innensanierung würden die Mieter übernehmen: Der Innenumbau am Haus Dietz würde die AWO 78.000 Euro kosten, der Innenumbau des Hallwyler Hofs die Awocado 1,5 Millionen Euro. Damit würden Awocado und AWO zu einer enormen Wertsteigerung der beiden städtischen Immobilie betragen. Die Stadt solle deshalb im Gegenzug für eine Kreditaufnahme eine Bürgschaft übernehmen. Eine Bürgschaft der Stadt in dieser Höhe wurde von der Stadträten sehr kritisch gesehen.