Taschentücher für Bismarck, Erfolg und Familienstreit, Deutschlands größter Produzent an Hakenkreuzflaggen und schließlich Krankenhaus und Kulturstätte – Stadtarchivarin Eveline Klein hatte einiges an überraschenden Informationen dabei. Fast gingen dabei die Sitzplätze aus: Mehr als 50 historisch Interessierte wollten am Sonntagnachmittag mehr zur Geschichte der Fabrikantenfamilie Berberich und ihrer Villa erfahren.

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Mit der Villa Berberich sind mehrere feierliche Anlässe verbunden: Das Kulturhaus besteht seit 35 Jahren, die repräsentative Villa nun schon 145 Jahre. Der Schwarzwaldverein Bad Säckingen feiert sein 135-Jähriges und zum fünften Mal fand in diesem Jahr der Grand Salon statt. Grund genug, einmal tief in die Archive der Stadt zu blicken.

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Eveline Klein wusste mit Bildern, Anekdoten und Fakten rund um die Villa zu fesseln. Die Geschwister Berberich, Ignaz, Johann Markus und Ottilie, kamen Ende des 18. Jahrhundert aus Röttingen an den Hochrhein. 1774 wurde der gelernte Schneider Ignaz Kammerdiener im Säckinger Damenstift angestellt. Nachdem sich das Kloster verkleinern musste, machte sich Ignaz selbstständig und legte den Grundstein für den Familienbetrieb. Es folgten Jahre des Wachstums, die Taschentücher und Kopftücher aus Säckingen waren bis nach Übersee gefragt. Selbst die Großherzogin und Otto von Bismarck soll die mit bunten Motiven bedruckten Tücher geschätzt haben. Mitte des 19. Jahrhunderts zog die Firma in das erste Säckinger Gewerbegebiet, das Gewann Hammer im Schöpfebachtal.

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Mittlerweile führte mit Ignaz Berberich II. der Enkel des Gründers die Geschickte des Textilunternehmens. Der erfolgreiche Fabrikant wollte als Mitglied des sogenannten Geldadels ein repräsentatives Wohnhaus und kaufte der Stadt das Grundstück auf der Oberen Flüh ab. Bis zum Tod des letzten Familienmitglieds Otto Kurt Berberich 1937 residierte die Familie dort.

Mit dem Nachlassverwalter kam der Niedergang des Unternehmens Berberich. Nach der Aufteilung des Unternehmens in einem Erbstreit im Jahr 1888 hatte man sich 1939 wieder zusammengefunden und auch die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg gut überstanden. Dank eigenen Stromkraftwerks konnte die Zwangsschließung der als nicht kriegswichtig angesehen Fabrik abwendet werden. Im Krieg blieb die Firma erfolgreich und wurde mit der Produktion von Hakenkreuzflaggen, auch für HJ und Olympische Spiele, zum größten Fahnenproduzent des Reiches.

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1942 wurde der Betrieb stillgelegt, in die Räume zog die Hamburger Maschinenfabrik Danger, um im relativ sicheren Grenzgebiet Flugzeugteile zu produzieren. Erst nach der Währungsreform 1948 nahm der Textilbetrieb wieder seine Arbeit auf, konnte aber nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen.

Die Nachlassverwalter verkauften das Anwesen im April 1939 an die Stadt. Kurzzeitig residierte dort der Unternehmer Carl Denk, bis 1941 das städtische Krankenhaus einzog. Mit der „fortschrittlichsten Bäderabteilung am Oberrhein“ und der Parkanlage war das Parkkrankenhaus „ein getreuer Förderer der Genesung“. Mit der Eröffnung des Kreiskrankenhauses 1980 wurden die Räume frei für die Nutzung als Kulturstätte und ist seit 35 Jahren wieder der Öffentlichkeit zugänglich.