Hüpft da nicht ein rosa Hase um die Ecke und dort, ist das nicht ein Drache, der mir zuwinkt und dieser Mann im bunten Gewand, scheint er nicht aus einer längst vergangenen Zeit zu kommen? Wer am vergangenen Wochenende in der Bad Säckinger Altstadt unterwegs war, stieß tatsächlich auf wahrhaft fantastische Figuren. Die vom Stadtmarketingverein Pro Bad Säckingen ins Leben gerufenen Märchentage gingen nach einer Corona-Pause im vergangenen Jahr nun in eine erneute Auflage. Auch in diesem Jahr fanden die Märchentage aber in einer „abgespeckten“ Version statt. Denn nicht alle Räumlichkeiten, in denen die Jahre zuvor Märchenspiele aufgeführt worden sind, gewährleisten, dass die Abstände eingehalten werden können. So konzentrierte sich das Programm vor allem auf die Altstadtgassen und vor den Geschäften.

Zusätzlich lockten die Geschäfte mit speziellen Angeboten und einem verkaufsoffenen Sonntag zahlreiche Kunden in die von der Herbstsonne verwöhnte Trompeterstadt. Ganz gleich, ob bewusst anvisiert oder zufällig entdeckt – die märchenhaften Stationen waren insbesondere für Familien mit ihren kleinen Kindern Orte mit besonderer Anziehungskraft.

Der gestiefelte Kater, Hänsel und Gretel oder Schneewittchen und die sieben Zwerge traf man in den Schaufenstern und Straßen an. Sie sind Klassiker der deutschen Erzählkultur. Fast jeder kennt sie, aber nicht jeder mag sie: Zu brutal, zu sehr stereotyp und zu viel schwarze Pädagogik. Trotzdem halten sich die deutschsprachigen Märchen, die im 19. Jahrhundert von Jacob und Wilhelm Grimm erstmals schriftlich in Sammlungen festgehalten wurden, seit Generationen im Gedächtnis. Denn sie geleiten uns, wie jede gute Geschichte, in eine andere, zauberhafte Welt. Und so konnten die jungen und auch älteren Besucher beim Lauschen der Märchen den Trubel in der Bad Säckinger Innenstadt, die auch unabhängig von den Märchentagen gut besucht war, für einen Moment vergessen. Die wachen Augen und das beherzte Lachen der Kinder, wenn der unangenehme Bösewicht mal wieder ausgetrickst wurde, bewiesen, dass das Analoge auch im digitalen Zeitalter funktioniert.
Das Schöne an den Bad Säckinger Märchentagen ist, dass sie die Vielfalt der Märchen aufzeigen. Märchen sind witzig, wenn Hubert Aberle die Geschichte vom Hasen und dem Igel vorließt.

Sie sind komplex und klug, wenn Sigrid Maute als ausgebildete Erzählerin das Märchen von der Kristallkugel oder vom Goldenen Apfel vorträgt.

Und Märchen sind völkerverständigend, wenn Kaoru Stocker von Issun Boshi, dem winzig kleinen Samurai, erzählt.

Märchen liefern aber nicht nur den Stoff für Spannung und moralische Lehren, sie bieten ein ganzes Repertoire an Unterhaltung: Ein Rätselspiel, bei dem Kinder die zu den Märchen passend geschmückten Schaufenster finden mussten, Bastelangebote und Herbstmode rundeten das Wochenende ab.