Hans-Christof Wagner

In Stein und Frick in der benachbarten Schweiz versammeln sich die Krähen aktuell in großer Zahl. Vogelkundler sind darüber begeistert. „Es gibt derzeit extrem viele Krähen“, berichtet Pierre Sandoz, Präsident des Naturschutz- und Verschönerungsvereins Stein. „In der Abenddämmerung beobachte ich aktuell große Schwärme“, erzählt er. „Vor Kurzem stand ich einmal auf der Terrasse und habe rund 150 Vögel gezählt. Und das war noch nicht einmal die größte Ansammlung.“

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Gezählt hat die Vögel Thomas Zehnder, Präsident des Naturschutzvereins (NV) Frick, zwar nicht. Aber seiner Beobachtung nach sind es ge­rade „sehr viele“, die sich allabendlich auf den Hochspannungsmasten an der Autobahnausfahrt Frick versammeln, neben Stein der zweite Schlafplatz der Tiere im Fricktal. Dabei macht Zehnder interessante Beobachtungen: „Die klügeren Exemplare kommen früher und suchen sich einen Schlafplatz nahe den Isolatoren. Die nachkommenden Vögel müssen auf den weiter außen liegenden Drähten sitzen.“

Nahrungssuche im gesamten Fricktal

Der Präsident des NV Frick, der gleichzeitig eine Sektion der Vogelschützer von Birdlife Aargau ist, geht davon aus, dass die Krähen, die sich in Frick zum Schlafen treffen, tagsüber zur Nahrungssuche im gesamten Fricktal unterwegs sind: „Sicher auch bis ins untere, nach Möhlin und Rheinfelden.“ So waren es womöglich auch die, die Landwirt Beat Käser, der Steiner Gemeindeammann, am vergangenen Wochenende auf einem seiner Äcker hat beobachten können.

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„Das war ein Riesenschwarm“, erinnert er sich. Einen Schaden hätten sie aber nicht angerichtet. Käser sagt: „Aktuell ist ja auch alles eingesät.“ Der Steiner Gemeindeammann vermutet, dass die Vögel von der unter Naturschutz stehenden Fridolinsinsel, im Rhein zwischen Stein und Bad Säckingen gelegen, angeflogen sind. In den dort stehenden, hoch aufragenden Laubbäumen sitzen sie auch tagsüber.

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Ihr Krächzen ist auch auf der anderen Seite der Grenze, in Bad Säckingen, ein Ärgernis, wo seit rund fünf Jahren die Klagen aus der Bevölkerung über den Lärm und den Dreck der Tiere nicht mehr abreißen. „Beschwerden seitens der Einwohner gehen verstärkt seit dem Jahr 2015 ein“, sagt Ralf Däubler, der Umweltbeauftragte der Stadt Bad Säckingen. Brennpunkt war jüngst das Rheinufer der Stadt, oberhalb des Kraftwerkes. Dort hatten sich vor allem die in Kolonien brütenden Saatkrähen eingenistet und die Anwohner mit ihrem Gekrächze um den Schlaf gebracht.

Die Nester

Ihre Nester aus dieser Zeit sind in den Baumkronen noch vorhanden. Aber sie sind leer – weil im Moment keine Brutzeit ist und weil die Tiere sich schon wieder anderswo konzentrieren. Däubler erklärt: „Die Vögel sind nicht standorttreu. Sie sind Teilzieher, das heißt sie wandern je nach Nahrungs- und Brutzeitangebot umher.“

Attraktive Bedingungen

Für die Zukunft dürfte das Problem seiner Einschätzung nach noch zunehmen: „Dafür sind die menschlichen Siedlungsbereiche für die Tiere einfach zu attraktiv“, vermutet er. „Wir bereiten den Vögeln einen reich gedeckten Tisch“, meint auch Meinrad Bärtschi, Präsident des Verbandes Oberfricktalischer Natur- und Vogelschutzvereine aus Gansingen: Die maschinelle Landwirtschaft, bei der nach der Ernte viele Rückstände auf den Feldern liegen bleiben, komme den Vögeln entgegen.

Keine Feinde und mehr Wärme

Natürliche Feinde wie Raubvögel hätten die Krähenvögel heute kaum mehr und in Siedlungsräumen sei ihnen auch mit der Jagd schwer beizukommen – kein Wunder also, dass es den Tieren inmitten der Menschen gefällt. Der Klimawandel verschärfe das Problem. Bärtschi sagt: „Weil hierzulande die Winter immer wärmer werden, zieht es die Vögel immer weniger Richtung Süden.“ Und: „So wird das Fricktal auch für die attraktiv, die aus Nord- und Osteuropa einwandern“, sagt Reto Fischer, Fachspezialist für Jagd und Fischerei beim Kanton Aargau. Sie verstärken demnach noch zusätzlich die Schwärme, die Vogelkundler im Fricktal derzeit beobachten.