„Muss ich mehr Grundsteuern bezahlen oder weniger?“ Eine bange Frage, mit der Haus- und Grundbesitzer zu Beginn des Jahres 2025 die Grundsteuerbescheide ihrer Gemeinde erwarteten. Als sie eintrafen, war bei manchen die Empörung groß.

„Ich hatte ja schon vorher mit einer moderaten Erhöhung der Grundsteuer gerechnet, aber diese Erhöhung sprengt jeden vernünftigen Rahmen“, schrieb Josef Hollinger aus Murg in einem Brief an Bürgermeister Adrian Schmidle und die Gemeinderäte seiner Heimatstadt – und erhob den „Verdacht, dass sich die Gemeinde auf Kosten der Bürger sanieren will“.

Engelbert Schupp aus Albbruck machte seinem Ärger in einer Zuschrift an diese Zeitung Luft: „Die neuen Grundsteuerbescheide sind da! Alles wird teurer, warum nicht auch die Grundsteuer? Wir Bürger können aber leider nicht so locker mit unserem Geld umgehen, wie es von unseren Politikern vorgemacht wird.“

Andere, wie der einstige Stadt- und Kreisrat Hans-Eugen Tritschler aus Binzgen, haben von einem Widerspruch nach einer Beratung durch die Gemeinde Abstand genommen. Welches Fazit ziehen die Kommunen selbst zur Grundsteuerreform?

Hans-Eugen Tritschler hat von einem Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid Abstand genommen. Unser Bild wurde im Dezember 2020 ...
Hans-Eugen Tritschler hat von einem Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid Abstand genommen. Unser Bild wurde im Dezember 2020 aufgenommen. | Bild: Vonberg, Markus

Das sagen die Gemeinden am Hochrhein

Albbrucks Rechnungsamtsleiter Philipp Bastian weist darauf hin, dass die Gemeinde „von der Grundsteuerreform finanziell nicht profitiert“ und hält sogar ein sinkendes Steueraufkommen für möglich. Er bestätigt, dass sich „viele Bürger mit Fragen an uns gewandt haben und in zahlreichen Fällen konnten wir bereits im Vorfeld klären, ob ein Widerspruch erfolgversprechend wäre oder nicht“.

Über Wochen seien die Verantwortlichen „durch die Kommunikation mit der Bevölkerung beschäftigt“ gewesen, allein die Mitarbeiter des Rechnungsamtes hätten „über 200 Arbeitsstunden für die Beratung der Bürger und die Bearbeitung der Widerspruchsverfahren aufgewendet“. Auch wenn die Zahl der Widersprüche gegen die Grundsteuerbescheide somit über Einzelfälle hinausgehe, sei die Rathausverwaltung „über diese Entwicklung nicht beunruhigt“. Zur Zahl der Widersprüche mochte Bastian aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben.

Laufenburg benötigt 1,16 Millionen Euro an Grundsteuer

Laufenburgs Bürgermeister Ulrich Krieger verweist bezüglich der Grundsteuer darauf, „dass die mit der Einführung der neuen Grundsteuerberechnung verbundenen Kosten nicht zulasten des allgemeinen Haushalts gehen dürfen, sondern durch die Grundsteuereinnahmen ausgeglichen werden“. Das notwendige Aufkommen für das Jahr 2025 betrage daher rund 1,16 Millionen Euro – 2024 sei es in der Höhe von rund 1,12 Millionen Euro gelegen.

Laufenburgs Bürgermeister Ulrich Krieger betonte das Prinzip der Aufkommensneutralität bei den Grundsteuerwertbescheiden.
Laufenburgs Bürgermeister Ulrich Krieger betonte das Prinzip der Aufkommensneutralität bei den Grundsteuerwertbescheiden. | Bild: Alexander Jaser

Auch er bestätigt, dass es mit dem Versand der Grundsteuerbescheide 2025 „insgesamt viel Beratungsbedarf“ für Bürger im Rathaus gegeben habe – aktuell seien dort 22 Widersprüche eingegangen, die sich vor allem „gegen den Grundlagenbescheid beim Finanzamt beziehungsweise gegen die neue Berechnungsmethode“ wandten.

Murg hofft auf etwas höhere Steuereinnahmen

Murgs Kämmerin Nicole Kammerer erhofft sich für die Gemeinde aus der Neuberechnung der Grundsteuer Mehreinnahmen in der Höhe von 72.000 Euro – allerdings sei dieser Ansatz Ende Februar noch um rund 45.000 Euro verfehlt worden.

Murgs Kämmerin hofft aufgrund steigender Kosten auf leicht steigende Grundsteuereinnahmen der Gemeinde.
Murgs Kämmerin hofft aufgrund steigender Kosten auf leicht steigende Grundsteuereinnahmen der Gemeinde. | Bild: Alexander Jaser

Die Erhöhung des Hebesatzes durch den Gemeinderat von bisher 278 bis 308 Prozent auf 320 Prozent begründet Kammerer mit einem Anstieg der Kreisumlage für die Gemeinden, gestiegenen Kindergartenzuschüssen und höheren Lohnkosten ab dem 1. Januar 2025. Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass die Gemeinde lediglich „einige wenige Widersprüche gegen den Grundsteuerbescheid“ erhalten habe.

Für Agrarflächen, wie hier im Murger Ortsteil Hänner, gilt ein eigenes Verfahren zur Berechnung der Grundsteuer.
Für Agrarflächen, wie hier im Murger Ortsteil Hänner, gilt ein eigenes Verfahren zur Berechnung der Grundsteuer. | Bild: Alexander Jaser

Bad Säckingen und Wehr werden wohl weniger Grundsteuern einnehmen

Wie Bastian hebt auch Bettina Huber, Leiterin des Fachbereiches Zentrale Steuerung und Finanzen der Stadt Bad Säckingen hervor, dass mit der Grundsteuer keine höheren Einnahmen für die Stadtkasse erzielt werden sollten. Eine Hochrechnung vom November 2024 habe ergeben, dass in etwa 4000 Fällen die Steuer geringer, in rund 3000 Fällen hingegen höher ausfalle.

Bettina Huber, Leiterin des Fachbereiches Zentrale Steuerung und Finanzen der Stadt Bad Säckingen, erwartet durch die Grundsteuerreform ...
Bettina Huber, Leiterin des Fachbereiches Zentrale Steuerung und Finanzen der Stadt Bad Säckingen, erwartet durch die Grundsteuerreform keine Mehreinnahmen. | Bild: Alexander Jaser

Im Februar 2025 hätten die Gesamteinnahmen daher noch unter denen der Vorjahre gelegen. Gegen die Grundsteuerbescheide seien rund 200 Widersprüche im Rathaus eingegangen, aktuell sei davon auszugehen, „dass weniger als fünf Prozent eine Weiterleitung an die Kommunalaufsicht im Landratsamt wünschen“, so Huber weiter.

In der Stadt Wehr ist nach Auskunft von Rechnungsamtsleiter Erich Götz die Grundsteuer in rund 2150 Fällen gestiegen, in etwa 3250 Fällen habe sie abgenommen. Insgesamt seien im Rathaus 54 Widersprüche gegen die Bescheide eingegangen, von denen 28 aktuell bereits wieder zurückgenommen worden seien.

Götz geht davon aus, dass hiervon etwa zehn Widersprüche an das Landratsamt Waldshut weitergeleitet würden. Generell erwarte die Verwaltung einen Rückgang der Grundsteuereinnahmen – nach einem Gesamtaufkommen von 2,02 Millionen im Jahr 2024, betrügen die Grundsteuereinnahmen für das Jahr 2025 aktuell rund 1,9 Millionen Euro.

Das Landratsamt entscheidet über die Widersprüche bei den Gemeinden

Über die bei den Gemeindeverwaltungen eingegangenen Widersprüche zu den Grundsteuerbescheiden entscheidet das Landratsamt Waldshut. Dessen Pressesprecherin Julia Fohmann-Gerber erwartet, dass nicht alle bei den Kommunen eingereichten Widersprüche bestehen bleiben und „die Gemeinden die weiterhin aufrechterhaltenen Widersprüche in den nächsten Wochen beim Landratsamt vorlegen werden“.

Das Finanzamt muss erst eine richterliche Entscheidung abwarten

Zu den bei den Finanzbehörden eingegangenen Widersprüchen gegen den Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheid nennt Markus Lutz als Amtsleiter des Finanzamtes Waldshut-Tiengen beeindruckende Zahlen. Bei insgesamt 92.000 zu bearbeitenden Aktenzeichen seien „ungefähr 16.000 Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide und entsprechend nochmal 16.000 Einsprüche gegen Grundsteuermessbescheide eingegangen“. Für deren Bearbeitung sei jedoch in der Regel die gerichtliche Klärung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Grundsteuerreform abzuwarten.

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