Bernau – Im Rahmen des Jubiläumsprogramms „Blicke auf Hans Thoma“ hat im Thoma-Museum am Montag vor kleinem, aber höchst interessiertem Publikum eine Lesung stattgefunden. Berthold Weiger las aus der Autobiografie Thomas „Im Winter des Lebens“. Dabei gab er spannende Einblicke in die Künstlerseele. Thoma selbst habe erklärt, die Rekapitulation der verschiedenen Stationen eines Lebensweges sei im Grunde langweilig, verriet Weiger. Daher habe er sich den Erinnerungen Thomas unter einem speziellen Blickwinkel genähert, nämlich der Annäherung an die geistige und künstlerische Entwicklung des Menschen Thoma. Thoma selbst hatte es so ausgedrückt: Wie die Seele sich durch die Zeit winde, um zur Erkenntnis ihrer selbst zu kommen, darauf komme es im Lebenslauf an. Hierzu ging Weiger den Inspirationsquellen Hans Thomas nach. Da war zunächst die Mutter, die allerlei Tierdarstellungen in das Gekritzel des Kindes hineinlas und diesen so Form und Bedeutung verlieh. Aus Märchen, die der Junge hörte, entwarf er bildhafte Vorstellungen. Inspiration schöpfte er aber vor allem in der Natur. Auch in der sogenannten ersten Karlsruher Zeit regten ihn die Naturstudien Johann Wilhelm Schirmers an, während er das Antikenzeichnen eher langweilig fand.

Bernau war und blieb Thomas Sehnsuchts- und Kraftort. Sprachmalerisch beschreibt er dies in eindrücklichen, farbenreichen Bildern. Dabei ist es die feierliche Stille des Augenblicks, die er euphorisch festzuhalten versucht – im Bild wie im Text. Auch Thomas Entwicklung zur Eigenständigkeit machte Weiger deutlich. So wehrte sich Thoma nicht nur gegen die Einflüsse der angesagten Düsseldorfer Maler und erachtete im Nachhinein den Rat der dortigen Professoren, seine Bilder durch Veränderungen verkäuflich herzurichten, als Verpfuschen seiner Gemälde. Auch in Karlsruhe hatte er bereits erkannt, dass die Korrekturversuche seiner Umgebung seine Bilder ihrer Natürlichkeit, Frische und Selbstständigkeit beraubt hätten. Thoma wollte sich nicht dem Publikumsgeschmack unterwerfen. Er habe aber durchaus aus der Klarheit, dem Licht und den Farben von Vorbildern wie Dürer oder Courbet geschöpft, die ihn beeindruckten. Thoma sei bei der Komposition seiner Bilder nicht von der Bewegung, von Ursache und Wirkung ausgegangen. Sondern er habe versucht, durch reine Anschauung das Geheimnis der Stille zu erfassen.

Einen berührenden Einblick in die Seelentiefe des Künstlers gab Weiger am Schluss mit der Rezitation des Gedichtes, das Thoma über den Verlust seiner Ehefrau geschrieben hat. In der Gesprächsrunde im Anschluss ging es um das Rätsel der poetischen, blumigen Sprache des Wälderbuben Thoma und um die hohe Wertung der Stimmung, die er dem Malen zusprach. Tatsächlich hat Hans Thoma immer etliche Skizzen angefertigt und die Komposition seiner Bilder geprüft, sein besonderes Augenmerk lag aber stets auf der Lebendigkeit des Ausdrucks.