Bernau „Die Eigentümerinnen und Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft“, hatte es in der Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung im April geheißen. Der erste Weg der Recherche führt zur Unteren Jagdbehörde im Landratsamt Waldshut, und die erste Frage ist schlicht: Was ist und tut eine Jagdgenossenschaft?

Dazu definiert die Behörde zunächst, was die Jagdgenossenschaft nicht ist, nämlich ein Eigenjagdbezirk. „Land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Flächen, die einer Privatperson, einer Gemeinde, dem Staat oder auch der Kirche gehören und zusammenhängend mindestens 75 Hektar groß sind, bilden einen sogenannten Eigenjagdbezirk“, heißt es auf Nachfrage bei der Behörde.

Dann kommt die Hauptsache: Alle übrigen auf der Gemarkung der Gemeinde liegenden land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Flächen bilden den sogenannten gemeinschaftlichen Jagdbezirk, dessen Eigentümer die sogenannten Jagdgenossen sind, heißt es weiter. Und das sind praktisch alle privaten Waldbesitzer auf Bernauer Gemarkung. Denn die einzige Besitzerin von jagdlich nutzbaren Flächen von zusammenhängenden mindestens 75 Hektar ist die Gemeinde, erklärt der pensionierte Bernauer Forstbeamte Emil Mutterer. Insgesamt umfasse der gemeinschaftliche Jagdbezirk auf Bernauer Gemarkung rund 1100 Hektar Privatwaldfläche und mehr als 600 Hektar Gemeindewaldfläche. Dazu kommen die landwirtschaftlichen Flächen. Für Privatwaldbesitzer ist die Mitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft eine Zwangsmitgliedschaft. Wie die Jagdbehörde erläutert, werden Grundstückbesitzer mit Erwerb des Grundstücks automatisch Jagdgenossen. „Nur in Ausnahmefällen können Eigentümer die Jagd auf ihrem jeweiligen Grundstück verbieten“, teilt die Behörde mit. Wer nicht wolle, dass auf seinem Grundstück gejagt wird, müsse einen entsprechenden Antrag bei der Jagdbehörde stellen, ihn prüfen lassen und mit Kosten im höheren vierstelligen Bereich rechnen. „Und weil das so ist, macht das fast keiner“, sagt Emil Mutterer.

Laut der Jagdbehörde kann die Jagdgenossenschaft ihr Recht der Jagdausübung übertragen oder Flächen verpachten oder selbst bejagen, vorausgesetzt, ein Jagdgenosse ist selbst Jäger. Sie kann auch verschiedene Rechte und Pflichten an eine Gemeinde abgeben, wenn sie das möchte, was im Landkreis Waldshut fast immer der Fall sei, teilt die Behörde mit.

So auch in Bernau, wo die Jagdgenossenschaft in ihrer Versammlung am 18. März die Gemeinde mit der Verwaltung der Jagdgenossenschaft per Mehrheitsbeschluss betraut hatte. Der Bernauer Gemeinderat hatte der Übernahme der Verwaltungsaufgaben in der Sitzung am 7. April zugestimmt.

Zu den wichtigsten Aufgaben der Gemeinde im Zusammenhang mit dem Amt gehöre die Verpachtung des gemeinschaftlichen Jagdbezirks an Jäger, teilt Bernaus Bürgermeister Alexander Schönemann auf Nachfrage mit. Dies seien, wie die Jagdbehörde mitteilt, meist qualifizierte Privatpersonen, ein Jagdschein ist Voraussetzung. In Bernau gibt es laut Emil Mutterer ausreichend viele qualifizierte Interessenten an einer Jagdpacht.

Eine weitere wichtige Aufgabe der Gemeinde sei der „Abschluss einer Zielvereinbarung über den Abschuss von Rehwild im Pachtgebiet“, so Bürgermeister Schönemann. Wie Emil Mutterer erläutert, werden die Abschusszahlen zwischen Interessensgruppen derzeit kontrovers diskutiert. „Waldbesitzer, also Mitglieder der Jagdgenossenschaft und die Gemeinde, die ein großes Interesse am Waldumbau haben, wünschen sich hohe Abschusszahlen, um Verbissschäden am Baumnachwuchs zu minimieren, wogegen sich Jagdausübende moderatere Abschusszahlen wünschen, um die Wildpopulationen hoch zu erhalten“, erläutert er. In dem Konflikt müsse man halt einen Mittelweg finden. In Bernau habe man einen solchen Weg seiner Meinung nach einigermaßen gefunden. Noch bis in die späten 1970er Jahre hinaus seien enorme Schäden durch Rotwild entstanden, was inzwischen nicht mehr der Fall sei.

Auch die Einberufung und Leitung der Versammlung der Jagdgenossenschaft ist eine Aufgabe, die die Gemeinde mit der Verwaltung der Jagdgenossenschaft übernimmt.