Bernau – Von den Wänden des großen Ausstellungsraums im Obergeschoss des Museums leuchten auf großformatigen Bildern detailgetreu gemalte Stoffe, Kleidung, Stoffreste, Stofffetzen, Deko- oder Wäschespitzen. Eine kleine Serie von drei nebeneinander gehängten Gemälden in einer Wandnische zeigt das Hochzeitskleid von Eva Rosenstiels Ururgroßmutter jeweils in einer anderen Drapierung auf dem Hintergrund eines fotografierten Himmels.

Ihre textilen Bildmotive malt Rosenstiel auf selbst fotografierten Hintergründen, in der aktuellen Ausstellung sind das etwa Schwarzwaldlandschaften oder Ansichten vom Himmel. Die Landschaft für das Werk „Mauer St. Märgen“ zum Beispiel habe sie von ihrem Atelier in St. Märgen aus fotografiert, erzählt sie. Ihre Fotos lässt sie wahlweise auf Fotopapier, Karton oder Alu-Dibond drucken, auf diesem Untergrund entstehen ihre Gemälde. Teile der Fotografie bleiben sichtbar und ergänzen die Bildkomposition zu einer künstlerischen Aussage.

Rosenstiels Bilder ziehen in den Bann. Man blickt in eine farbige, detailreiche Welt, in der es viel und immer mehr zu entdecken gibt. Manchmal ist nicht leicht auszumachen, was die fotografischen Elemente sind und was die gemalten. Den meisten Bildern gemeinsam ist die Empfindung des Über-Realen, die man beim Betrachten erlebt. Das liegt auch an der überraschenden dreidimensionalen Tiefenwirkung der Bilder, die sich verstärkt, wenn man sie mit einigem Abstand betrachtet. Zum Beispiel bei ihrem Gemälde „marché“. Es zeigt eine einfache Bananenkiste aus Pappe, in der ein kostbarer, tiefblau leuchtender, gemusterter, sorgfältig gefalteter Stoff liegt. Das Bild sei inspiriert von den Kisten und Kartons, in denen Händler des berühmten Pariser Marché d‘Aligre ihre Waren an- und abtransportieren, erläutert Rosenstiel.

Dass sie fasziniert ist von Textilien aller Art, auch Spitzen, die in all ihrer Helligkeit und Zartheit in der Ausstellung ebenfalls auf großformatigen Gemälden vertreten sind, hat einen familiären Hintergrund. Wie sie erzählt, hatten ihre Großeltern und später ihre Tante in ihrem Heimatort Hüfingen ein Geschäft für Stoffe, Handarbeitsartikel und Kurzwaren geführt.

Rosenstiels so eindrückliche Stoffgemälde wollen auch Stoff zum Nachdenken sein. In der Werkeinführung zur Ausstellung erläuterte sie gemeinsam mit Museumsleiterin Margret Köpfer, dass mit den scheinbar illusionistisch wirkenden Textilbildern unweigerlich auch die Themen Konsum, Konsumindustrie, Ressourcenverbrauch, Vermüllung, Not, Ausbeutung und Flüchtlingsströme verknüpft sind.

„Von Bergen und Spitzen“: mittwochs bis freitags von 10.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11.30 bis 17 Uhr, an Feiertagen (Oster- und Pfingstmontag) von 11.30 bis 17 Uhr.