Bernau – Zum Benefizkonzert zugunsten der Bernauer Orgel nach Abschluss von deren Generalrevision am Freitagabend füllte sich die Bernauer Kirche mit vielen neugierigen Zuhörern, die erleben wollten, wie ihre Orgel nun, vollständig überholt und mit fünf neuen Registern ausgestattet, klingt. Das Konzert, das Orgelinspektor Bernhard Marx selbst gab, erfüllte diesen Wunsch kurzweilig und vorwiegend heiter anhand von kleinen Stückchen aus vier Jahrhunderten, die die Registriermöglichkeiten und den Farbenreichtum der Orgel voll zur Geltung brachten. Das Motto des Konzerts: „Viele Desserts machen auch ein Menü.“
Marx begann mit anonym überlieferten Tänzen aus der Renaissancezeit und beendete ihn mit Tänzen aus dem Appenzeller Land, um 1860 von Bauersfrauen geschrieben für ihre Hausorgeln. Bereits hier reichte der Ausdrucksreichtum von fröhlich tänzerischen, in hohen Lagen angesiedelten Weisen über schnarrende Bässe bis zur Verbindung von wie gläsern wirkenden Klangnuancen in der Melodik, unterlegt mit sonoren Basstönen.
In Johann Pachelbels Variationen über den Choral „Christus, der ist mein Leben“ hob Marx die kontrastierenden Stimmverläufe der polyphon gearbeiteten Variationen hervor, und in Bachs bekannter Vertonung von „Jesus bleibet meine Freude“ umspielte er die klar erkennbaren Liedakkorde mit fließenden, hauchzart dahingleitenden Girlanden.
Eindeutig zur Spieluhr mutiert erklang die Orgel in Haydns zwei Stücken für die Flötenuhr, und majestätisch volltönend kam das Thema „Gott erhalte Franz, den Kaiser“, unsere heutige Nationalhymne, daher, das Marx ebenfalls mit vier Variationen spielte. Giuseppe Gherardeschis „Cantabile für die Traversflöte“ aus dem 18. Jahrhundert reicherte er mit regen Klangfarbenvarianten an, und auch den munteren Refrain des Rondos dieses Komponisten setzte er deutlich gegen die mal eher gedeckt, mal ganz zart gehaltenen Couplets dazwischen ab.
Erst vor vier Jahren entdeckt wurden Puccinis Marsch und Walzer, Stückchen, die der Komponist noch als Jugendlicher verfasst hatte, die aber bereits die typisch italienische überschäumende Melodienseligkeit erkennen lassen, die, von der Orgel interpretiert, teilweise Assoziationen an Musikautomaten und Orchestrien von Tanzsälen aufkommen lässt. Ganz weich und andächtig ließ Marx die Bernauer Orgel hingegen in Léon Boellmanns langsamem tiefinnig religiösen „Prière à Notre Dame“ von 1895 erklingen, bevor er mit der ganz und gar diesseitigen Appenzeller Volksmusik das Konzert beendete. Im Anschluss erläuterte Heinz Jäger von der Waldkircher Orgelbau-Meisterwerkstatt Pfaff/Jäger & Brommer, die den Auftrag zur Orgelsanierung bekommen hatte, anhand von Fotos, die während der Arbeit entstanden waren, wie die ganze Orgel zerlegt und überholt worden war.