Bernau – Der Vereinsvorsitzende der Südtiroler Südbaden, Heinrich Sanin, hat das Törggelen aus seinem Heimatort Terlan nach Südbaden gebracht. An diesem Sonntag lädt der Verein wieder zum Törggelen in die Skihütte am Langlaufzentrum ein.
Die Tradition des Törggelens hat ihre Wurzeln im 15.¦Jahrhundert. Der Name kommt nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, vom Torkeln durch übermäßigen Weingenuss, sondern von Torggl, einem alten Begriff für Weinpresse. Ursprünglich war das Törggelen eine bescheidene, ländliche Zusammenkunft im Herbst, bei der nach der Arbeit in den Weinbergen der neue Wein, der Süße, probiert wurde. Dazu wurden traditionelle Gerichte wie Hauswurst, Speck, Knödel, Krapfen und Kastanien gegessen, die tief in der ländlichen Esskultur Südtirols verwurzelt sind. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Törggelen zu einem festlichen Ereignis, zu dem viele Besucher kommen. Heute laden zahlreiche Weinkeller und Gaststätten in Südtirol ein, die Weine und die traditionellen Gerichte zu genießen – nicht nur ein kulinarisches Erlebnis, sondern zugleich die Gelegenheit, gemeinsam die Erntezeit zu feiern.
Der 90-jährige Heinrich Sanin, der seit Jahrzehnten in Menzenschwand lebt, erinnert sich gerne an das Törggelen in seiner Jugend in seinem Heimatort Terlan. Mit Freunden traf er sich auf einem der Bergbauernhöfe am Berg Montiggl oberhalb von Terlan. Da er zu dieser Zeit bei dem Obmann der Terlaner Kellerei arbeitete, bekam er den neuen Süßen günstig, der in Korbflaschen zum Ort des Geschehens gebracht wurde. Sanin erinnerte sich, dass es damals Kastanienbäume „en masse“ gab, sodass die Nussfrüchte nur aufgesammelt werden mussten. Die stachelige Schale zu öffnen, war dagegen schon schwieriger, dazu musste man schon mal eine Zange nehmen. Im Hof des landwirtschaftlichen Anwesens wurden Steine zusammengetragen, ein Feuer entzündet, die Kastanien in einer mitgebrachten Pfanne geröstet und dann mit dem neuen Wein genossen. Einen Vorteil haben die Kastanien, wie Sanin schmunzelnd erzählte: Als Ölfrüchte mildern sie die Wirkung des Alkohols, „da konnte man auch mal ein Viertele mehr trinken“. Und das tat man dann auch bis in die frühen Morgenstunden. Oft waren auch Mädchen dabei und da die Söhne der Bauernfamilie beim Törggelen dabei waren, konnte auch die Stube des Hofes genutzt werden, wo bei Musik aus einem Grammophon getanzt wurde – eine gute Gelegenheit, sich näherzukommen, erinnerte sich Sanin mit einem spitzbübischen Lächeln.
Im Jahr 1977 gründete Sanin in Deutschland den Verein der Südtiroler in Südbaden, dessen Vorsitzender er bis heute ist. Und er griff die Tradition des Törggelens auf. 1982 fand das erste Törggelen in der Kegelstube des Kurhauses statt, wobei die Südtiroler anfangs unter sich blieben. Im Laufe der Zeit wurde dann auch ein Knödelessen für Südtiroler und Einheimische im Kurhaus angeboten. Später pflegte man die Tradition im Todtnau-Aftersteg, bevor man 2003 in die Skihütte am Bernauer Loipenzentrum umzog.