Gudrun Deinzer

In Feierlaune zeigten sich alle Akteure bei der Inbetriebnahme des Pop-Gebäudes („Point of Presence“). Bürgermeister Michael Scharf hatte hinter das Gündelwanger Schulgebäude nicht nur den Landrat, sozusagen als Mit-Hausherren eingeladen, sondern auch alle Kräfte, die sich stark gemacht hatten für das Bonndorfer Bürgernetz, ein öffentliches Glasfasernetz: Die technischen Fachleute, die Firmen, die Rathausmannschaft, Gemeinderäte und die Bürger. Bislang wurden 90 Verträge für Gündelwangen abgeschlossen, 183 Haushalte sind in Gündelwangen angeschlossen an das öffentliche Glasfasernetz der Stadt Bonndorf.

Die Unzufriedenheit mit der schlechten Internetversorgung trieb Bürgermeister nach langem Weg durch die Instanzen auf die Barrikaden, sprich in die Ministerien. Schließlich ging es hier um ein Politikerversprechen – nämlich gleiche Lebensverhältnisse in Stadt und Land. So stellten sich die Gündelwanger hinter Gemeinde und Bürgermeister und unterstützten ein Bürgernetz. Mit ihnen feierte man einen traumhaften Pilotanschlussgrad in der Löwenstadt von deutlich über 90 Prozent.

„Dieser POP hat eine besondere Bedeutung, weil hier nicht nur das Backbone-Netz des Landkreises und das östliche Bonndorfer Netz zusammenlaufen, sondern er ist für uns auch die Verbindung nach Löffingen, Döggingen, Blumberg, in die Schweiz nach Basel und Frankfurt“, so Felix Stiegeler (Stiegeler IT Schönau).

Der Netzbetreiber Felix Stiegeler (Stiegeler IT).
Der Netzbetreiber Felix Stiegeler (Stiegeler IT). | Bild: Gudrun Deinzer 

In vier Millisekunden käme ein von hier gesendetes Signal in Frankfurt an. Einen besonderen Gruß hatte Michael Scharf für Andreas Nauroth, Leiter des Eigenbetriebs Moderne Kommunikationstechnologie in Hohentengen.

Diese Gemeinde war schon vor vielen Jahren einen Spezialweg über die Schweiz gegangen und nun ein wichtiger Partner im Landkreis. Der Leiter des eigens im Bonndorfer Rathaus installierten Amtes für Breitband, Matthias Ketterer, hatte mit ihm die vergangenen Jahre zusammengearbeitet.

Starke Gemeinschaftsleistung

32 Landkreiskommunen, zudem die Gemeinde Schluchsee (Interkommunale Zusammenarbeit Dachsberg) und der Landkreis selbst haben eine starke Gemeinschaftsleistung hingelegt, meinte Landrat Martin Kistler.Im kompletten Landkreis werde derzeit gegraben. „Hier läuft es sowieso. Ziel ist es, die digitale Lebensversicherung mit Anschluss an das moderne Zeitalter am Ende des Tages flächig zu haben.“ Die Wandlung des Kreises mit bisher vielen sogenannten weißen Flecken in der IT Landschaft zur Versorgung mit Glasfaseranschlüssen in den Häusern, markiert tatsächlich eine Umkehrung der Verhältnisse.

Insgesamt folgten rund drei Dutzend Gündelwanger der Einladung und besichtigten „ihren PoP“. Sie ließen sich erklären, wie ...
Insgesamt folgten rund drei Dutzend Gündelwanger der Einladung und besichtigten „ihren PoP“. Sie ließen sich erklären, wie alles funktioniert. | Bild: Gudrun Deinzer

Ein Musterdorf ist Gündelwangen, das vorher im IT-Dornröschenschlaf gefangen war und nun zur Glasfaserversorgung direkt in die Häuser (FTTH), der derzeit sichersten und schnellsten Datenverbindung, zusätzlich über den Funkmast sogar LTE empfängt, mit immerhin einer Datengeschwindigkeit von rund 50 Mbit/s (Download). So ist die lange Unterversorgung dieses Ortes tatsächlich zum Glück geworden. Denn wäre es früher via LTE versorgt gewesen, hätte das als ausreichende Versorgung gegolten und das nun entstandene „gewerbliche Höchstgeschwindigkeitsnetz“ niemals in der Höhe gefördert worden, also nicht möglich gewesen. So geht es nun vielen Gemeinden im Kreis Waldshut, weil sie schon „zu gut“ versorgt sind.

Störrische Bürgermeister

Mit „störrischen Bürgermeistern“, etwa Michael Scharf, Isolde Schäfer (damals Stühlingen) und Helmut Kaiser (Dachsberg), setzten sich seinerzeit auf Betreiben des damaligen Landtagsabgeordneten Felix Schreiner zwei Landesminister zusammen – Thomas Strobl und Peter Hauk. Die Zusage, die in deren Heimatorten nötigen Netze mit 90 Prozent zu fördern, bewirkten, dass in jenem Haushaltsjahr von landesweit 160 Millionen Euro für den Breitbandausbau rund 80 Millionen Euro für den Landkreis Waldshut zugesagt worden waren.

„Der Kreis entwickelt sich zum spannenden Projekt“

Felix Stiegeler ist Chef der Betreiberfirma des öffentlichen Glasfasernetzes im Landkreis Waldshut. Er nahm an der Inbetriebnahme des PoP-Gebäudes Gündelwangen teil. Gudrun Deinzer unterhielt sich mit ihm über die regionale Entwicklung.

Herr Stiegeler, im Landkreis Waldshut ist der PoP („Point of Presence“) in Gündelwangen der erste, den Sie in Betrieb nehmen.

Ja, das ist richtig, Bonndorf/ Gündelwangen ist der erste PoP, Stühlingen/Weizen wird in Kürze folgen. Wir haben die Kunden, die abgeschaltet worden sind bei der Voice-over-IP-Umstellung (Anm. d. R.: von deren bisherigen Betreibern), bereits jetzt schon versorgt, weil dort Not am Mann war. Die anderen Kunden werden nächsten Monat ans Netz gehen. Die Codierungen sind schon alle eingestellt, sowie die Daten zurückgemeldet werden, hängen wir sie ans Netz.

Einige Kunden haben in der ersten Maihälfte, eben nach Vertragsabschluss, von Ihnen erfahren, dass es bald losgeht. Wann hört der Endkunde konkret von Ihnen?

Im Laufe der nächsten Tage. Wir mussten noch die Stromversorgung neu machen. Das war der Grund, warum wir vorher noch nicht ans Netz gehen konnten. Am vergangenen Freitag habe ich in unserer Verwaltung den Startschuss gegeben, dass sie mit den Kunden die Termine vereinbaren können.

Das heißt, man hat noch in diesem Monat die Chance, einen Besuch eines Ihres Mitarbeiters zu bekommen und direkt ans Netz angeschlossen zu werden.

Genau. Vorausgesetzt, man hat angekreuzt, dass man sofort versorgt werden möchte und nicht den nahtlosen Übergang vom jetzigen Vertragspartner zu uns als Netzbetreiber wünscht. Es sind tatsächlich die wenigsten, die ungeachtet der Vertragslaufzeit mit dem bisherigen Anbieter sofort aufgeschaltet werden wollen. Denn in diesem Fall zahlt man doppelt Gebühren, für den bisherigen Anbieter und an uns als neuen.

Ist für Sie als Geschäftsmann die Versorgung des Landkreises Waldshut eine der größeren Geschichten?

Wir versorgen ja schon seit drei Jahren den Schwarzwald-Baar-Kreis. Das waren die Vorreiter in Baden-Württemberg, wo wir schon mehrere Tausend Glasfaseranschlüsse haben. Dort haben wir 25 bis 30 PoP-Gebäude. Aber klar wird sich der Landkreis Waldshut in den nächsten Jahren zu einem großen, hochspannenden Projekt entwickeln.

In Gündelwangen gibt es einen Anschlussgrad an das öffentliche Netz von über 90 Prozent der Haushalte. Ist das üblich?

Ja. In Gebieten, wo es keine andere Versorgung gibt und Glasfaser kommt, ist ein solcher Versorgungsgrad normal. Wenn schon eine andere Versorgung da ist, liegen wir bei etwa 75 Prozent.

Zur Person: Felix Stiegeler (42), Gründer und Geschäftsführer von Stiegeler IT, reparierte bereits als 15-Jähriger Computer. Daraus wurde ein Hardware-Handel. Seit über zehn Jahren baut und betreibt die Firma zudem im Privat- und Geschäftskundenbereich DSL- und Glasfasernetze. Sie versorgt derzeit rund 7000 Haushalte in den Landkreisen Freiburg, Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach, Waldshut und Schwarzwald-Baar mit Internet, Telefonie und Kabelfernsehen sowie IPTV. Stiegeler IT hat heute rund 30 Mitarbeiter.