Martha Weishaar

Rosemie Warth ist Gewinnerin des Bonndorfer Löwen 2020. Der mit 2000 Euro sowie einer einzigartigen Holzskulptur dotierte Kleinkunstpreis wurde am Samstagabend vor mehr als 400 begeisterten Zuschauern vergeben. Den Anerkennungspreis in Höhe von 1000 Euro erhielt das Duo Extra Art. Sämtliche Künstler boten zuvor bei exzellenter Vielseitigkeit, Akrobatik, Sprachkunst, Froh- und Hintersinn ein meisterliches Spektakel in der Kategorie Clowneskes. Bürgermeister Michael Scharf würdigte das dergestalt: „Wir schmücken uns mit Künstlern, die unserer Stadt ein besonderes Flair geben.“

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Binnen 30 Minuten konnten die Wettbewerber das Publikum für sich gewinnen. Es gelang allen im Handumdrehen. Gerne hätte man jeden einzelnen länger bestaunt. Das Ringen um den Bonndorfer Löwen geriet zu einem Kleinkunstabend der Superlative. „Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken“, sagte Folktreffvorsitzende Gudrun Deinzer im Hinblick auf die Schwierigkeit, nach der Fülle solch herausragender Darbietungen die Entscheidung zu treffen, wem der Preis gebührt. Alle Künstler verdienten Bestnoten.

  • Rosemie Warth: Die Herzen der Zuschauer erobert hat am Ende Rosemie Warth mit ihrer quirligen Show, herzlich dusseligen Beiträgen sowie hautnah stürmischen Kontakten zu einzelnen Herren in den Zuschauerreihen. Im zartrosa Kleidchen und schrulligem Dutt zeigte die Frau, was alles in ihr steckt. Abgesehen vom urkomischen Humor der schwäbischen Hausfrau von nebenan, die nebst obsessivem Häkeln ihr ganzes Leben verputzt hat, bot Rosemie Warth Gesangs-, Tanz- und Alphorneinlagen von höchster Professionalität. Tosender Applaus ließen sofort ahnen, dass das schwäbische Schauspieltalent auf einem vorderen Platz landen würde. Ihre Fans dürfen schon jetzt auf das abendfüllende Gastspiel gespannt sein, das die Gewinnerin des Bonndorfer Löwen im Folgejahr beim Folktreff geben wird.
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  • Extra Art: Extra Art eroberten die Gunst der Jury hingegen vollkommen schweigend, bezaubernd lächelnd und mit atemberaubender Artistik. Wenn Fabian Flender selbstvergessen mit infantil wirkender Spitzbübigkeit einzelnen Damen zuzwinkert und Bernd Schwarte ihn eins ums andere Mal aus seinen Träumen reißt, hat das fast ein bisschen was von Dick & Doof. Was die beiden Schwarzwälder dem legendären Blödelduo indes weit voraushaben, ist ihre Körperkunst. Mal schweben sie selbst durch den Raum, mal sind es ihre Jonglierkegel, die sie im fliegenden Wechsel, gelegentlich sogar blind, herumwirbeln.
Extra Art präsentierten Körperbeherrschung und Akrobatik in Bestform.
Extra Art präsentierten Körperbeherrschung und Akrobatik in Bestform. | Bild: Martha Weishaar

Extra Art braucht keine Worte, um zu überzeugen. Das Publikum ist auch so begeistert. In welcher Reihenfolge die drei weiteren Wettstreiter von der Publikumsjury bewertet wurden, bleibt derweil ein Geheimnis und soll an dieser Stelle auch nicht spekuliert werden. Sämtliche Künstler setzten in höchster Professionalität völlig unterschiedliche Akzente, von Dadaismus bis Clownerie, von philosophischer Tiefgründigkeit bis vordergründiger Blödelei. Viele Zuschauer hätten wahrscheinlich alle Darsteller gerne gleichermaßen belohnt. Doch in einem Wettbewerb ist das nun mal nicht möglich.

  • Ulan & Bator: Ulan & Bator – der Name lässt bereits ahnen, welche Kunstrichtung Sebastian Rüger und Frank Smilgies favorisieren. Sprachwirrwarr und Dadaismus in neuer Spielart – synchron gesprochen klingt das einzigartig. Grandiose Mimik, exzellente Schauspielkunst oder auch die urkomische Wiedergabe der künstlerischen Laufbahn von Ausnahmetänzer Rudolf Nurejew ergeben eine anspruchsvolle, kurzweilige Bühnenshow, die in einer dekonstruktiven Komposition moderner Klassik mündet. Der kasachische Komponist verarbeitete darin sein Schnarchtrauma. Eine ganze Weile dauert es auch, bis der Zuhörer begreift, um welche ‚Nutten‘ es sich beim wahren Physikgenie handelt. Isaac Newton, nur eben anders ausgesprochen.
Ulan & Bator liefern sich atemberaubende Sprachscharmützel.
Ulan & Bator liefern sich atemberaubende Sprachscharmützel. | Bild: Martha Weishaar
  • Boris Bronski: Boris Bronski hingegen setzt in seinem Programm auf ausdrucksstarke Masken – skurrile Gesichter, mittels derer die pure Ausdruckskraft von Körpersprache demonstriert wird. Wenn Boris Bronski sich mit einer gewöhnlichen Trittleiter, dem Gurt seines Streichinstrumentes oder auch einem profanen Bügelbrett verheddert, bleibt dem Publikum eins ums andere Mal der Atem stocken.
Boris Bronski ist ein Meister nonverbaler Kommunikation.
Boris Bronski ist ein Meister nonverbaler Kommunikation. | Bild: Martha Weishaar

Mal blickt der Genius mit herrisch verstörtem Ausdruck von oben herab, dann wieder für das eine oder andere Malheur um Verzeihung heischend. Dümmlich lasziv gibt er sich in der Rolle der Hausfrau, die Staubsaugen und Bügeln zur lustvollen Beschäftigung geraten lässt. Meik Aufenfehn, der sich hinter den Masken verbirgt, erteilt seinen Zuschauern eine höchst unterhaltsame Lektion in Sachen nonverbale Kommunikation.

  • Markus Jeroch: Ganz anders wiederum gerät die Vorführung von Markus Jeroch, einem alten Bekannten auf der Bonndorfer Bühne. Im Gegensatz zu seinen wortlosen Berufskollegen gibt sich der dürre Berliner im spitzen Gehrock wortreich und messerscharf analysierend. Experimentierfreudig setzt er sich mit Sprache auseinander, wird sogar noch verstanden, nachdem er zunächst einen, schließlich sogar fünf Buchstaben aus dem Alphabet streicht.
Markus Jeroch ist meisterhafter Sprachakrobat und Welterklärer.
Markus Jeroch ist meisterhafter Sprachakrobat und Welterklärer. | Bild: Martha Weishaar

So staubig seine wilde graue Mähne auch sein mag, so wenig verstaubt ist sein Geist. Ein humoriger Philosoph, der dem Dada das fragende Wowo voranstellt, die Pro-ligion der Re-ligion vorzieht und darüber hinaus manch merkwürdigen Komparativ zutage fördert. Aus Mut wird Mutter, sodann die Mutation. In abstrusen Ableitungen versetzt Jeroch seine Zuhörer in ein Wechselbad aus Staunen und Lachen.