Bonndorf Die Neuigkeit hat Bürgermeister Marlon Jost am Ende der jüngsten Gemeinderatssitzung verkündet, als an den Tischen der Ratsmitglieder schon die Unterlagen zusammengepackt wurden. Unter dem Punkt „Bekanntgaben aus nichtöffentlichen Sitzungen“ berichtete Jost in einem kurzen Satz, dass Bonndorf ab 2026 die touristische Vermarktung in die Hände der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) legen wird.
Die HTG wurde im Jahr 2008 von zehn Gemeinden im Hochschwarzwald gegründet, die beim Tourismus an einem Strang ziehen wollten. Die Gründungsgemeinden sind Mehrheitsgesellschafter der GmbH. Diese beschäftigt inzwischen rund 100 Mitarbeiter, ihr Hauptsitz ist in Hinterzarten. Insgesamt vertritt die HTG zurzeit 20 Orte im Schwarzwald. Die später hinzugekommenen sogenannten Kooperationsgemeinden sind praktisch Kunden der HTG, die für die jeweilige Leistung bezahlen. Dieses Modell gilt künftig auch für Bonndorf.
Die Gemeinderäte hätten dem Wechsel zur HTG mit großer Mehrheit zugestimmt, berichtet Bürgermeister Marlon Jost, er selbst sieht auch eine Notwendigkeit dazu: „Der moderne Tourismus fußt auf einer Spezialisierung von Marketing und Digitalisierung. Hier hat die HTG personell und strukturell ein besseres Knowhow.“ Das Konzept der HTG wird Geschäftsführer Patrick Schreib in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am Montag, 2. Juni, vorstellen. Die Übernahme der Aufgaben wie Marketing und Kommunikation, Service und Dienstleistungen sowie Produktentwicklung zum Jahresbeginn 2026 seien kein Problem, erklärt Schreib. Bonndorf passe als Ort an der Wutachschlucht gut in die HTG, von der sich auch Löffingen, Lenzkirch und Friedenweiler vertreten lassen.
Schon jetzt kündigte Bürgermeister Jost an, dass die HTG in Bonndorf wohl auf einen sogenannten Info-Point setzen wird, einen interaktiven, großen Touchscreen, an dem Informationen aller Art abgerufen werden können. Dort soll es außerdem ein Videotelefon geben, das direkt mit HTG-Mitarbeitern in der Zentrale verbindet. Der Standort des Info-Points stehe noch nicht fest. Er werde jedoch die personenbesetzte Touristinformation in der Bonndorfer Martinstraße ersetzen, teilte Jost mit.
Das betrifft Petra Kaiser, die die Touristinformation 26 Jahre lang als freie Unternehmerin betreut hat. Die Stadt habe ihr jetzt mitgeteilt, dass sie den zum Jahresende auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. „Schade“, sagt Petra Kaiser dazu, „da geht wieder ein Service in der Stadt verloren.“ Sie habe sich schon 2023 nach den touristischen Plänen im Rathaus erkundigt und erneut im Frühjahr 2024 – ohne eine Antwort erhalten zu haben, erklärte sie. In die aktuellen Planungen sei sie nicht einbezogen worden. Auf die Stadt sieht sie nun umfangreiche Aufgaben zukommen. „Die HTG kann für Bonndorf nur arbeiten, wenn die Verwaltung regelmäßig die Informationen liefert“, urteilt Petra Kaiser.
Für die Beauftragung der HTG hatten sich Wirte und Hoteliers starkgemacht. „Wir sind schon für die HTG, seit sie gegründet wurde“, sagt Carolina Möhringer für das Bonndorfer „Schwarzwaldhotel“, in dem sie Verkaufs- und Marketingleiterin ist. Auch beim Wirte-Stammtisch, der inoffiziellen Wirte- und Gastgebervereinigung in Bonndorf, hätten sich zuletzt alle für die HTG ausgesprochen, berichtet Möhringer. Der Stammtisch sammelte Unterschriften, auch im Bonndorfer Einzelhandel. „Alle sind sofort dafür gewesen“, sagt Möhringer. Den Unterzeichnern sei klar gewesen, dass der Einstieg der HTG das Ende der Touristinfo bedeuten würde. Die Liste händigten die Wirte dem Bürgermeister aus.
Die Vorteile der HTG liegen für Carolina Möhringer auf der Hand. „Die Gäste suchen online nach ‚Urlaub im Schwarzwald‘, nicht nach ‚Urlaub in Bonndorf‘“, erklärt sie. Bonndorf erreiche somit über den HTG-Online-Auftritt eine größere Präsenz im Internet. Die HTG-Zugehörigkeit bringe fünf bis zehn Prozent mehr Übernachtungsgäste und locke Urlauber aus anderen Ferienorten nach Bonndorf, wenn die Stadt auf den HTG-Seiten mit Attraktionen wie Schloss oder Japanischen Garten punktet. Auch Vermieter von Ferienwohnungen hätten Vorteile, weil ihr Angebot über die HTG vermarktbar sei.