Bonndorf Er habe eine gute und eine schlechte Nachricht, eröffnete Carsten Gabbert dem Publikum. Der Regierungspräsident sprach vor 150 Zuhörern in der Stadthalle Bonndorf. Sie hatten am Mittwoch die Einladung des Regierungspräsidiums (RP) angenommen, die neuesten Informationen zur Landesstraße L170 zu erfahren.
Die gute Nachricht, die Carsten Gabbert verkündete: Im August will die Behörde mit der Sanierung der L170 beginnen. Die Verbindungsstraße zwischen Bonndorf und Löffingen durch die Wutachschlucht war nach einem Hangrutsch im Februar 2024 zunächst über Monate gesperrt gewesen. Fachleute des RP hatten den Hang entwässert, um weitere Bewegungen zu vermeiden. Auf einer provisorisch erstellten Straße können seit November 2024 Fahrzeuge bis zu 3,5¦Tonnen fahren. Nun sollen die Hänge so gründlich befestigt werden, dass in den nächsten 40¦Jahren möglichst keine größeren Reparaturmaßnahmen mehr nötig sind.
Die weniger schöne Botschaft von Gabbert: Die Befestigung des Hanges und der Neubau der Straße werden Zeit in Anspruch nehmen. Die Arbeiten dauern voraussichtlich acht Monate. Dazu muss die L170 von Anfang August bis Ende März 2026 gesperrt werden, und zwar für alle Verkehrsteilnehmer. Nicht einmal Radfahrer und Fußgänger werden die Schlucht an dieser Stelle dann noch durchqueren können.
Als Gabbert das verkündete, ging ein dumpfes Raunen durch die Reihen. Jedem Anwesenden war klar: Diese Sanierung bedeutet vom Beginn der Sommerferien bis ins nächste Frühjahr hinein für die Fahrt von Bonndorf nach Löffingen eine weite Umleitung über Lenzkirch und Titisee-Neustadt. Statt 13,5¦Kilometern und einer guten Viertelstunde Fahrzeit wären Autofahrer dann mehr als 40¦Kilometer unterwegs und länger als 40¦Minuten. Warum dauern die Arbeiten so lange? Und warum kann die Straße nicht halbseitig befahren werden? Das erläuterten der Geologe Ansgar Sage vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau sowie Dieter Bollinger, Leiter des RP-Straßenbaureferates in Bad Säckingen. Sage zeigte, dass sich der Hang im Frühjahr 2024 noch um mehr als einen Zentimeter pro Woche bewegt hatte, „das ist enorm“. Durch die Entwässerungsmaßnahmen sei die Bewegung gebremst worden, zuletzt habe sie nur noch ein bis zwei Zentimeter pro Jahr betragen.
Damit das so bleibt, haben die Bauingenieure einiges zu tun, so Bollinger. Wichtigstes Arbeitstier wird ein 80¦Tonnen schweres Bohrgerät sein, mit Ausmaßen von 7,50¦Metern Länge und 4,50¦Metern Breite. Dieses Gerät wird auf der Talseite der Straße Vorpfähle sieben Meter tief in die Erde hämmern – anderenfalls könnte es selbst abrutschen. Danach werden auf der Hangseite dicht an dicht vier Meter lange Rohre in die Erde gebracht und mit Kies gefüllt. So entsteht, die Rohre wieder entnommen, im Untergrund eine Kieswand, die das vom Hang abfließende Wasser aufnimmt. Unter der Straße hindurch wird es talseitig abgeleitet.
Im nächsten Schritt treibt das Bohrgerät auf 60¦Metern 21¦Betonpfähle mit einer Länge von zwölf Metern zur Hangbefestigung in den Boden. Mit Ankern werden sie im Gestein befestigt wie Zeltstangen mit Abspannseilen. Die Pfähle verbinden die Ingenieure oben mit einem Betonriegel. Erst dann beginnt der Neubau der Straße.
Das Problem sei das Bohrgerät, erklärte Bollinger. Es nimmt die komplette Trassenbreite ein. „Dadurch müssen wir einen Arbeitsschritt nach dem nächsten machen und können nicht parallel arbeiten.“ Die Kosten schätzte er auf zwei Millionen Euro.
Nach den Vorträgen konnten die Zuhörer den Experten sowie dem Regierungspräsidenten Fragen stellen. Geologe Ansgar Sage wurde gelöchert, ob der Hang nach der Sanierung wirklich zur Ruhe komme. Er blieb vorsichtig: „Die Wutachschlucht wird immer in Bewegung bleiben.“ Warum man nicht einfach eine Brücke über die Schlucht bauen, wollten viele von Carsten Gabbert wissen. Der erklärte, man könne zu den Kosten nichts sagen. Es sei jedoch sicher ein Betrag oberhalb von 100 Millionen Euro. Große Hoffnungen stutzte Gabbert zurecht: „Da wird Ihnen keiner sagen, dass das Aussicht auf Erfolg hat.“