Bonndorf Markus Kunkel putzt gerade in luftiger Höhe das brandneue Ladenschild „Schuh-Mann“ über seinem künftigen Geschäft in der Martinstraße, als der Reporter kommt. Die Fragen der Presse beantwortet Kunkel innen auf der Verkaufsfläche von 380 Quadratmetern, wo es etwas ruhiger zugeht. Ledergeruch liegt in der Luft. Bis vor kurzem hieß der Laden noch „Quick Schuh“ und wurde von Joachim Simon geführt – dieser hat das Geschäft jedoch aufgegeben. Kunkel wird sein eigenes Angebot, für jeden etwas, wie er sagt, in der kommenden Woche präsentieren. „Wir planen eine stille Eröffnung, wenn alles fertig ist“, verrät der Inhaber, „offiziell soll es am 8. September losgehen, rechtzeitig zum Schulstart.“

Markus Kunkel betreibt bereits 25 andere Schuhläden, darunter in Bad Wörishofen, Friedrichshafen, Leutkirch, Memmingen, Oberstaufen, die meisten unter der Marke Schuh-Mann. 140 Läden dieser Kette gibt es bundesweit. Hinter ihr stecken fünf Inhaber, die jeweils ihre eigenen Filialen führen. Kunkel ist einer von ihnen. Er selbst stammt aus Munderkingen an der Donau, Hauptsitz seines Unternehmens ist in Achstetten.

Kunkel kennt den Betreiber der Bonndorfer Quick-Schuh-Filiale, und der rief ihn an, als er seinen Laden dichtmachte. „Er wollte mir nur die Ausstattung verkaufen“, sagt Markus Kunkel fröhlich, „da habe ich mal näher nachgefragt.“ Insbesondere nach den Umsatzzahlen. „Und die waren gut“, befindet der Geschäftsmann. Deshalb habe er schnell den Entschluss gefasst, sich die Räume zu schnappen. Nicht nur die Ausstattung bekam Kunkel frei Haus, auch die Mitarbeiter: „Leere Läden gibt es überall“, sagt der Schuh-Mann, „aber das Personal ist meist nicht zu finden. Ein absolutes Benefit, wenn man ein Team übernehmen kann.“

Die Quick-Schuh-Filiale lohnte sich für seinen Vorgänger nicht mehr, das wundert Kunkel nicht. „Mit nur einem Laden kannst du heute keinen Krieg mehr gewinnen“, stellt er für seine Branche fest. Gegen den Standort Bonndorf spreche aber nichts, betont Kunkel, im Gegenteil, Vorteil Lage: „Schauen Sie sich mal die Karte an. Bis Neustadt, Waldshut oder Donaueschingen muss man ganz schön lange fahren.“ Auf den Hinweis, dass zahlreiche Geschäfte leer stehen, winkt Kunkel ab: „Meistens liegt das daran, dass die Betreiber keinen Nachfolger finden.“

Dass der Standort Martinstraße in Bonndorf für Handel und Gewerbe so schlecht nicht ist, bestätigen auch andere, die jüngst hier investiert haben. „Sehr gut angenommen“, beurteilt Bäcker Jan Jost das Café, das er vor gut einem Jahr eröffnet hat. „Die Nachfrage ist da“, berichtet Jost, „der Platz ist super.“ Er sieht allerdings für Bonndorf Luft nach oben und wünscht sich mehr Unterstützung für Existenzgründer. Er denkt etwa an einen Mietkostenzuschuss in den ersten Jahren oder an eine Befreiung von der Gewerbesteuer. Seine Ideen hat er schon mehrfach vorgetragen. Für seinen Geschmack bekam er zu häufig die Antwort „Geht nicht“.

Zufrieden ist Katja Brunner, die jüngst mit ihrem Friseurgeschäft Haarwerk in die Martinstraße gezogen ist. Ihre neuen Räumlichkeiten findet sie ideal. Die Kunden seien ihr gefolgt, der Laden laufe. „Die Lage ist wahnsinnig“, betont sie. Dass es hier und da ein leerstehendes Geschäft gebe, liege nicht an Bonndorf, findet sie. Sich selbstständig machen, das würden heute einfach zu wenige wagen. Existenzgründer stärker zu unterstützen, das hält auch Brunner für eine gute Idee. Was in Bonndorf fehle, seien zudem Parkplätze – besonders, seit Supermärkte das Parken auf ihren Grundstücken eingeschränkt hätten.

Melanie Winterhalder, die im Februar in der Bonndorfer Martinstraße eine Filiale ihrer Fahrschule eröffnet hat, vergibt ebenfalls gute Noten. Als gebürtige Bonndorferin habe sie einfach zurückgewollt, bekennt sie, sagt aber auch: „Bonndorf ist attraktiv, nicht so klein, das Einzugsgebiet riesig.“ Über unternehmerischen Erfolg entscheide ohnehin wesentlich das Engagement, findet Winterhalder: „Man muss dementsprechend Leistung zeigen.“ Für den Einzelhandel seien die Zeiten jedoch schwierig, gibt sie unumwunden zu, insbesondere die Konkurrenz im Internet mache vielen zu schaffen.

So sieht das auch Birgit Kaiser, die seit April in der Martinstraße in ihrer „Vesper-Bixx“ den kleinen und großen Hunger der Kundschaft stillt. „Alle beschweren sich, dass Läden zumachen“, sagt sie, „aber das liegt auch an den Verbrauchern selbst, wenn sie lieber im Internet einkaufen.“ Eine Konkurrenz, die sie nicht befürchten muss, sie selbst freut sich über den Geschäftsverlauf seit der Eröffnung. Und auch sie sagt: „Die Martinstraße ist wunderbar, das haben wir bewusst gewählt.“ Bonndorfs Lage im äußersten Zipfel des Landkreises beurteilt sie ebenfalls als vorteilhaft.

Das bestätigt auch Susanne Spachholz, Vorsitzende des Bonndorfer Handels- und Gewerbevereins und selbst Inhaberin eines Schreibwarenladens in der Martinstraße. Mit den Supermärkten Aldi, Lidl und dem Edeka-Markt sei die Stadt gut aufgestellt. Die hiesigen Probleme bestünden überall, befindet Spachholz, im Vergleich schneide Bonndorf gut ab. „In Neustadt zum Beispiel“, sagt sie, „gibt‘s ja nicht so viel Einzelhandel.“

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