Bonndorf – Im Rahmen eines Probedirigats haben die knapp 60 Musikerinnen und Musiker der Stadtmusik Julian Reichard kennengelernt. Bereits da sei der Funke übergesprungen, sagt Felix Schüle. „Es fühlte sich vom ersten Moment an sehr gut an. Man merkte sofort, der Mann am Dirigentenpult weiß, welche Worte und Taten nötig sind. Sprache und Gestik zeigten, dass er mit dem Orchester klarkommt. Auch das Feedback von Daniel Weißer war eindeutig“, erklärt der Vorsitzende der Stadtmusik. Auf Weißers Expertise vertraute man. Erstmals hat die Stadtmusik nun einen musikalischen Leiter, der nicht hauptberuflich Musiker ist. Und damit auch erstmals einen, der einzig und allein die Stadtmusik dirigiert.
Julian Reichard hat seinen Master als Maschinenbauingenieur gemacht und arbeitet hauptberuflich als Projektmanager in einem Karlsruher Technikunternehmen. Musik begleitete den 31-Jährigen indes zeitlebens. Als Fünfjähriger begann er an der Blockflöte, als Grundschüler erhielt er Unterricht am Horn, schildert der Vater einer Tochter seine musikalische Entwicklung. In der Bläserklasse seiner Schule erlernte er Saxophon und spielte in der Schulbigband. Mit zwei Jahren Klavierunterricht rundete er seine musikalische Vielseitigkeit ab. In seiner Heimatstadt Freiburg spielte Julian Reichard in verschiedenen Orchesterformationen, traf kurioserweise im Rahmen eines Konzertprojektes der Freiburger ORSO (Orchestra & Choral Society) vor Jahren sogar mal mit Felix Schüle zusammen. Als Dirigent der Jugendkapelle Wittental und leitete fortan einige Orchester. Zurück aus Berlin übernahm er kommissarisch die Leitung der Trachtenkapelle Oberried, die er nun aber wie vereinbart wieder abgibt. „Das Schöne als Amateurmusiker ist, dass man völlig ohne Druck arbeiten kann“, freut sich der Dirigent auf seine künftige Aufgabe. „Es ist doch wunderbar, wenn sich 60 Leute nach der Arbeit hinsetzen, um gemeinsam zu musizieren. Alle sind freiwillig da. In einer Zeit, in der Egoismus und Einzelgängertum zunehmen, rücken diese Leute zusammen, um etwas miteinander zu bewirken.“
Musikalisch zeigt sich Julian Reichard in alle Richtungen offen. Obschon er selbst aus der sinfonischen Blasmusik komme, fasziniere ihn die Kunst traditioneller Blasmusik. „Eine Polka gut zu spielen, ist verdammt schwer, und da ist ganz viel herauszuholen“, verrät er, und: „Auch wer primär nicht viel mit Blasmusik zu tun hat, spürt es, wenn die Qualität stimmt, dann bewegt Musik etwas.“
Im April wird die Stadtmusik gemeinsam mit dem Musikverein Blumegg ein Doppelkonzert in Eggingen bestreiten. Erst im November wird das Jahreskonzert der Stadtmusik sein. Fürs Erste darf der in Freiburg-Kappel lebende Dirigent aber in die Bonndorfer Fasnet schnuppern.