Bonndorf „Ich habe langsam keine Erwartungen und auch keinen Bock mehr.“ Susanne Spachholz, die Vorsitzende des Bonndorfer Handels- und Gewerbevereins, macht aus ihrem Ärger in Sachen Innenstadtkonzept ob der schleppenden Entwicklung keinen Hehl. Ein Blick zurück: Anfang 2024 hatte sich Victoria Arens, Innenstadtberaterin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein/Bodensee, mit der freudigen Botschaft bei der Stadt gemeldet, dass Bonndorf in einem Pilotprojekt dank Landesförderung kostenlose Unterstützung erhalte, ein Konzept zur Stärkung der Attraktivität der Innenstadt zu entwickeln. Ein kritischer Stadtspaziergang, eine Umfrage unter Passanten und ein Instagram-Workshop folgten. Sowie die Vorstellung der Ergebnisse im Gemeinderat im Mai 2024. Seither hat Sprachholz nichts mehr vom Projekt gehört. „Für mich drohte die Sache im Sande zu verlaufen.“
Spachholz arbeitet in einer Hermes-Paketshop-Filiale in Bonndorf. Was nicht einer gewissen Tragik entbehrt. „Ich habe hier alle Hände voll zu tun mit Retouren“, erzählt sie auf Nachfrage. „Die Leute kaufen nur noch im Internet ein. Und genau das ist es, was den Einzelhandel kaputt macht.“
Im Mai bekamen die Bonndorfer von Arens bereits diverse Handlungsanweisungen: den Leerstand im Zentrum bekämpfen, etwa mit Mietzuschüssen oder aktiver Suche von Nachmietern. Die Aufenthaltsqualität erhöhen, eine Messung zählte im Schnitt zwischen 10 und 19 Uhr nur 500 Passanten in Bonndorf. Außerdem digital stärker in Erscheinung treten, konsumfreie Orte anbieten, das Gastro-Angebot und die Erreichbarkeit der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbessern.
Warum verging so viel Zeit zwischen der Präsentation und dem Abschlussbericht? „Die inhaltliche Arbeit der Innenstadtberatung war mit der Präsentation im Mai formell beendet“, sagt Victoria Arens. Der IHK-Hochrein-Bodensee sei es aber wichtig gewesen, dass die Ergebnisse mit dem Bericht langfristig nachvollziehbar sind. Aus terminlichen Gründen sollte die Übergabe erst gestern in der Stadtverwaltung stattfinden.
Sofortprogramm für Einzelhandel
Spachholz sowie Felix Schüle als Ansprechpartner der Stadt sollen dann auch Infos zum Sofortprogramm Einzelhandel erhalten, mit dem das Landeswirtschaftsministerium neue Fördermittel für Marketingmaßnahmen und Veranstaltungen zur Belebung der Innenstadt bereitstelle, ergänzt Arens.
Neu im Bericht findet sich die Fokussierung auf eine Kampagne in den sozialen Medien. Die Gewerbetreibenden sollen digital die Geschichte ihres Geschäfts und die Besonderheiten ihrer Produkte vorstellen. Sie können über die Innenstadtberatung an einer Online-Schulung teilnehmen, die zu mehr Sichtbarkeit auf Google verhelfe. Auf den gemeinsamen Einkaufsgutschein sollen Gewerbeverein, Stadtverwaltung und Gewerbetreibenden besser aufmerksam machen und diesen digitalisieren. Dem Leerstand solle in engem Kontakt mit den Eigentümern und mit innovativen Ideen wie etwa Pop-up-Stores oder Pop-up-Schaufenstern für die Zwischennutzung begegnet werden. Schlüsselfaktor für all das sei ein Innenstadtbeirat als Gremium, das die Interessen der Innenstadtakteure vertritt, Bedarfe anspricht, Ideen sammelt und Fördermittel generiert.
Gerade den Verlust von Bekleidungsgeschäften hat Bonndorf 2024 zu beklagen gehabt. „Mit Sport Dury steht der nächste Leerstand in der Stadt ins Haus und wir warten weiter auf das Konzept“, klagt auch der SPD-Fraktionssprecher Tilman Frank. Ein paar Lichtblicke sieht Frank auch, etwa die Ansiedlung von Vesper Bixx und einheimischem Bäcker. Insgesamt stellt er eine sinkende Attraktivität des Zentrums fest. Und sonst? Eine Bundesstraße läuft quer durch das Zentrum und macht es für Fußgänger unattraktiver. Und die Lage Bonndorfs ist auch nicht gerade optimal.
Susanne Spachholz weiß darum, das lässt sie am Ende des Gespräches nachsichtiger werden: „Wir müssen uns auch an die eigene Nase fassen“, sagt sie. Auch der Handels- und Gewerbeverein könnte noch aktiver fürs Städtle werben.