Südschwarzwald Neulich standen wieder zwei blaue Säcke vor der Tür am Frida-Kessler-Haus, dort hat der Ortsverband des Roten Kreuzes in Bonndorf seine Niederlassung. DRK-Vorsitzende Stefanie Schwenninger wundert sich. „Die Leute stellen ihre Sachen einfach bei uns ab“, sagt sie, „aber wir können keine Altkleider mehr annehmen.“ Zum Jahresbeginn hat das Rote Kreuz in Bonndorf seine monatlichen Sammlungen eingestellt, bis vor kurzem konnten Textilien noch am Frida-Kessler-Haus abgegeben werden. Doch auch damit ist Schluss. „Unser Lager ist bis zum Rand gefüllt“, berichtet Stefanie Schwenninger. „Wir bewahren anderthalb bis zwei Tonnen Altkleider auf und wissen nicht, wohin damit.“ Die Kreisverbände Freiburg und Waldshut bestätigen: Die Ortsvereine sammeln kaum noch Altkleider ein. Lediglich die Verwertung sehr hochwertiger Kleidungsstücke über Läden wie dem Bonndorfer Kleiderkreisel funktioniert noch. Viel Geld bringe das dem DRK jedoch nicht ein, sagt Stefanie Schwenninger. „Das sehen wir mehr als Service an der Bevölkerung, und um den Nachhaltigkeitsgedanken zu verfolgen.“

Das Sammeln von Altkleidern war früher ein einträgliches Geschäft. Aus der Mode gekommene Kleidungsstücke reinigen, sortieren und in ärmeren Staaten verkaufen, daran beteiligten sich auch kommerzielle Verwerter gern. Gemeinnützige Vereine wie das Rote Kreuz oder die Arbeiterwohlfahrt standen nur am Beginn der Verwertungskette, die in der Ukraine, in Osteuropa, in Syrien, Afrika oder in den Palästinensergebieten endete.

Doch an Altkleidern lässt sich nichts mehr verdienen. „Wir sind dabei, Sammelcontainer abzubauen“, sagt Udo Freudling. Er ist Geschäftsführer der Firma Tenec aus Achern, die im südbadischen Raum zu den wichtigsten Erfassern gebrauchter Textilien zählt. „Das Leeren lohnt sich für uns nicht mehr“, sagt Freudling, „besonders, wenn man dafür weite Wege zurücklegen muss.“ Das Acherner Unternehmen hat bis vor kurzem den Ortsvereinen des DRK in der Region die Altkleider abgenommen. Jetzt nicht mehr. „Wir sitzen selbst auf mehr als tausend Tonnen Ware“, berichtet Freudling. Einige seiner Abnehmer haben 2024 Konkurs angemeldet. Dass das Geschäft schwierig geworden ist, habe mehrere Gründe, erklärt Udo Freudling. Viele Absatzmärkte gingen verloren. Da sind die Ukraine und weitere osteuropäische Staaten, in die der Export seit dem russischen Angriff zum Erliegen kam. Oder Syrien, wo der Bürgerkrieg das Geschäft zerstörte. Dasselbe gilt für die zerbombten Palästinensergebiete.

Aber noch gravierender: Die Welt wird mit billigsten Textilien aus China überschwemmt, selbst der wichtige Altkleider-Absatzmarkt Afrika kauft jetzt lieber beim Chinesen. Und im reichen Westen hat sich das Konsumverhalten geändert. „Früher sprach man von Fast Fashion“, sagt Udo Freudling, „heute reden wir über Ultra Fast Fashion.“ Kleidung werde zweimal getragen und weggeworfen, sagt der Tenec-Geschäftsführer. Verwertbar sei die Ramschware von Temu und Co. nicht mehr. „Von den Sachen aus den Containern können wir zwei Prozent nutzen“, sagt Freudling. Neben der wertlosen Billigware lande außerdem allerhand Müll in den Behältern.

Davon können die DRK-Ortsvereine ein Liedchen singen. „Wir haben das Sammeln schon lange aufgegeben“, sagt Thomas Isele, Vorsitzender des DRK in Grafenhausen. „Es kam zu viel Unbrauchbares an.“ Noch heute muss der Ortsverein regelmäßig zum Sperrmüll fahren, um zu entsorgen, was heimlich vor dem DRK-Lager abgestellt wird. Auch in Grafenhausen rätseln die Rotkreuzler, wohin sie mit der bereits gesammelten Kleidung sollen, die sich im Lager stapelt. „Am Ende wird das wohl in die Müllverbrennung gehen“, befürchtet Isele. Das ist auch der Tipp von Udo Freudling: „Immerhin erhöht das den Brennwert des Restmülls.“ Der Unternehmer weist besonders auf eines hin: „Verschmutzte und defekte Kleidung sowie zerrissene Textilien gehören ohnehin in die graue Tonne und nicht in die Altkleidersammlung.“

Das unterstreicht auch Elmar Weißenberger, Leiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft des Landkreises Waldshut: „Was man nicht mehr anziehen kann, muss in den Restmüll.“ Wegen notorischer Überfüllung der von Vereinen und Unternehmen betriebenen Kleidercontainer hat Weißenberger die Bevölkerung bereits im Dezember darum gebeten, keine Tüten und Säcke neben die Behälter zu stellen. Deren Leerung sei aber sichergestellt, sagt Weißenberger jetzt, er stehe mit den Betreibern in Kontakt. Doch auch Weißenberger sieht ein Problem darin, dass DRK oder Arbeiterwohlfahrt das Sammeln ganz aufgeben könnten. Mit der vorbildlichen Recyclingquote in Deutschland, die jetzt noch um 70 Prozent liegt, könnte es bald vorbei sein, sagen Experten. Bisher mussten sich Städte und Kreise darum gar nicht kümmern. Wenn sich das aber ändert, wird es teuer für alle.

Viele Beteiligte setzen darauf, dass Altkleider bald wieder Absatzmärkte finden. Deshalb rät Elmar Weißenberger, die Sachen vorläufig zuhause aufzubewahren, wenn sich kurzfristig keine Entsorgungsmöglichkeit bietet – einen Sack Textilien im Keller stehen zu haben, sei unproblematisch. Und wenn man fragt, wie sich das Problem langfristig lösen lässt, haben alle die gleiche Antwort: „Kaufen Sie qualitativ hochwertige Kleidung“, sagt Elmar Weißenberger.