Wegen der aktuell negativen Wirtschaftsprognosen für das kommende Jahr und der schlechten Branchenerwartung in der Büromöbelindustrie geht die Geschäftsführung der Sedus Stoll AG in Dogern von einem weiter zurückhaltenden Auftragseingang aus. Und das hat Folgen für die Mitarbeitenden.
Schon bevor das Unternehmen öffentlich bekanntgegeben hat, die Kostenstruktur sowie die organisatorische Ausrichtung den aktuellen Marktbedingungen anpassen zu wollen, wurde am Standort Dogern Kurzarbeit eingeführt. Dem SÜDKURIER liegen mittlerweile Information vor, dass die Geschäftsführung die Mitarbeiter jetzt über noch weitreichendere Kostensparprogramme informiert hat.
Noch kaum Details bekannt
„In enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat haben wir ein Interessenausgleichsprogramm entwickelt, das ausschließlich auf Freiwilligkeit basiert“, nimmt Daniel Kittner, Vorstandssprecher Sedus Stoll AG, auf Nachfrage Stellung. Das Programm umfasse mehrere Optionen, wie beispielsweise „ein rentennahes Programm, eine temporäre Reduzierung der Arbeitszeit sowie die Möglichkeit einer Umorientierung im gegenseitigen Einvernehmen.“ Weitere Details könne der Vorstandssprecher derzeit nicht kommentieren.
Doch müssen sich die rund 1000 Mitarbeiter diese Optionen der Geschäftsführung wirklich gefallen lassen? Schließlich einigen sich deutschlandweit in solchen Fällen immer wieder Arbeitnehmer, vertreten durch eine Gewerkschaft, mit ihren Arbeitgebern. Zwar gibt es nach Angaben von Norbert Göbelsmann, Geschäftsführer IG Metall Lörrach, Mitglieder der IG Metall bei Sedus Stoll am Standort Dogern, „doch haben wir bisher keine echte Zusammenarbeit.“ Die Zahl sei zu gering, um „eine starke Interessensvertretung zu machen.“
Der Experte spricht über die Optionen
Bisher hat der Gewerkschafter eher den Eindruck bekommen, dass viele Beschäftigte bei Sedus denken, „das läuft schon so mit der Eigentümerfamilie.“ Dennoch sei die IG Metall bereit, mit den Beschäftigten und dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten – vorausgesetzt sie wollen.
Zu den einzelnen Optionen, die die Geschäftsführung am Standort Dogern ihren Mitarbeitern angeboten hat, hat der Experte Referenzen. So könne bei einem rentennahen Programm seiner Erfahrung das frühere Eintreten in den Ruhestand problematisch sein. Denn dieser sei immer mit Abschlägen verbunden.
Unternehmen, wie in diesem Fall Sedus, können diese Abschläge aber durch eine Abfindung mildern. Dabei sollten die Arbeitnehmer vor allem auf den angebotenen Faktor achten, denn dieser bestimmt die Höhe des Abfindungsbetrags mit. „Faktor eins ist schon gut“, so die Einschätzung Göbelmanns. Oft würden Unternehmen allerdings den Faktor 0,5 anbieten.
Ein Beispiel: Arbeitet ein Mitarbeiter seit zehn Jahren in einem Unternehmen und bekommt im Monat ein Bruttogehalt von 5000 Euro, beträgt die Abfindung bei einem 0,5er-Faktor 25.000 Euro. Bei Faktor eins hingegen das Doppelte.
Mitarbeiter sollten zusammenhalten
Bei der temporären Reduzierung der Arbeitszeit sollte das Unternehmen einen Teillohnausgleich in Betracht ziehen, damit die Option für Beschäftigte vertretbar sei. Ansonsten bleibe bei einer Reduzierung der Arbeitszeit von beispielsweise 50 Prozent auch nur 50 Prozent des Lohns.
Vorsicht sei bei der sogenannten „Umorientierung im gegenseitigen Einvernehmen“ geboten. Göbelsmann: „Das ist oft eine günstige Möglichkeit der Geschäftsführung, Mitarbeiter loszuwerden.“ Aber der Experte macht auch Hoffnung. Solange die Mitarbeiter zusammenhalten würden, könne deren Einfluss beträchtlich sein.
Betriebsrat verhandelt mit Geschäftsführung
Der Betriebsrat hat sein Verhandlungspotenzial, das Interessenausgleichsprogramm betreffend, nach eigener Stellungnahme bereits genutzt. Herbert Ebner, Betriebsratsvorsitzender: „Wir haben in konstruktiven Gesprächen mit der Geschäftsleitung einen Interessenausgleich ‚Freiwilligenprogramme‘ abgeschlossen, bei dem wir eine deutliche Verbesserung bei der Ausgestaltung erzielen konnten.“
So sei es dem Betriebsrat gelungen, eine temporäre Reduzierung der Arbeitszeit mit einem entsprechenden Entgeltausgleich auszuhandeln. „Die Kollegen haben die Möglichkeit zu prüfen und zu entscheiden, ob eines der Angebote zu Ihren persönlichen Lebenssituationen passt.“ Noch bis in das kommende Jahr hinein könnten sich die Mitarbeiter für eine der Optionen entscheiden. Was passiert, wenn nicht genügend Mitarbeiter auf eine der drei Optionen zurückgreifen, steht in den Sternen.