Wenn eine örtliche katholische Jugendorganisation ihren Mitgliedern ohne Unterbrechung 60 Jahre lang nachhaltige Gemeinschaftserlebnisse bietet, ist das heutzutage bemerkenswert. Der in Dogern ansässige Stamm St. Clemens der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) kann sich eines solchen Zeitraumes rühmen. Ein derartiges Ereignis gibt Anlass, in seine Anfangszeit zurückzublicken.

Ehemalige Dogerner Pfadfinder, die sich in die 1960er-Jahre zurückversetzen können, wissen vielleicht noch, dass die von der DPSG-Bundesleitung ausgestellte Stammesurkunde das Datum vom 1. April 1965 trägt; und dass die eigentliche Gründung der Dogerner Pfadfinderbewegung bereits dreieinhalb Jahre zuvor, genauer am 23. September 1961, erfolgt war. An jenem Samstagnachmittag trafen sich sieben 14- bis 15-jährige aufgeweckte Buben zur ersten Zusammenkunft in der alten Sakristei der Pfarrkirche. Der Ortsgeistliche, Pfarrer Albin Bächle, und der damalige Bezirksvorsitzende der DPSG, der Waldshuter Otmar Gamp, gesellten sich hinzu und gaben der kleinen Versammlung den offiziellen Charakter. Der 16 Jahre alte Gründungsinitiator Peter Baldischwieler wurde zum Gruppenleiter ernannt und fortan traf sich die Gruppe Fledermaus jeden Freitagabend zur Sippenstunde. Nach alter Pfadfindermanier war die kleinste Pfadfindereinheit eine Sippe, und diese hatte stets eine Tiernamen-Bezeichnung, die sie selbst wählen konnte.

Das Pfingstlager 1964 war ein dreitägiger Zeltaufenthalt am Samlischbuck nahe dem Gupfen bei Bannholz. Die drei Sippen Elefant, Hirsch ...
Das Pfingstlager 1964 war ein dreitägiger Zeltaufenthalt am Samlischbuck nahe dem Gupfen bei Bannholz. Die drei Sippen Elefant, Hirsch und Löwe waren im Jungpfadfindertrupp Barbarossa vereint. | Bild: Richard Kaiser

War die DPSG Dogern anfangs eine Siedlung des Stammes Waldshut, war es selbstverständlich, mit ihm das Sommerlager 1962 auf der 674 Meter hohen Alpe di Brusino, hoch über dem Luganer See, zu verbringen. Von Abenteuerlust und Fernweh inspiriert, machte man sich ein Jahr später mit den Fahrrädern zu einer 20-tägigen, 1800 Kilometer langen Großfahrt über Frankreich, Luxemburg, Belgien, nach Holland bis Scheveningen an die Nordsee auf.

Zum ersten Mal am Meer, und dazu aus eigener Kraft, war eine einprägsame Erfahrung. Die Rückfahrt verlief über Bonn und alsdann am Rhein entlang. Zeltplanen und Kochgeschirr mussten neben Proviant und persönlicher Ausrüstung auf den Fahrrädern noch Platz haben. So blieb es nicht aus, dass beinahe jeden Tag einer der vier Teilnehmer von einem platten Reifen betroffen war. Das täglich über offenem Feuer zubereitete Essen war sparsam und einfach. Spaghetti mit Tomatensoße waren dabei der Renner.

Spartanisch, aber unterhaltsam ging es im Dezember 1962 bei der Sippe Fledermaus an ihrer Weihnachtsfeier zu (von links): Alfons Widmer, ...
Spartanisch, aber unterhaltsam ging es im Dezember 1962 bei der Sippe Fledermaus an ihrer Weihnachtsfeier zu (von links): Alfons Widmer, Markus Welte, Heinz Eckert, Walter Kaiser, Bernhard Matt und Karl-Heinz Wehrle. Es fehlen Peter Baldischwieler und Richard Kaiser. | Bild: Richard Kaiser

Ein anhaltendes Erlebnis war der eintägige Aufenthalt in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn mit Besuch im Bundeshaus, wo Bundestag und Bundesrat untergebracht waren. Vom dortigen Personal als Radfahrer erkannt, wurden letztere mit je einem kleinen Fahrradwimpel ausgestattet. War ursprünglich geplant, die aus vier Planen bestehende Kohte für eine Nacht am Rhein aufzuschlagen, wurden die Pfadfinder von disziplinierten Polizisten des Platzes verwiesen. Noch am selben Frühabend lockerte sich die Stimmung jedoch wieder auf. Der damalige amerikanische Außenminister, Dean Rusk, weilte gerade in Bonn und wurde von Bundespräsident Heinrich Lübke empfangen. Eingeladen war auch das Bundeskabinett. Die vier Georgspfadfinder stellten sich artig zur wartenden kleinen Menschenmenge vor der Villa Hammerschmidt und waren vor allem vom vorbeifahrenden Wirtschaftsminister Ludwig Erhard beeindruckt, der mit einer brennenden Zigarre in der Hand den Zuschauern freundlich zuwinkte.

Nacht unter freiem Himmel

Die Nacht verbrachte man, wie vorgesehen, dennoch am Rhein; allerdings unter freiem Himmel, wie auch manchmal zuvor, wenn man nach einer bis zu 140 Kilometer langen Tagesfahrt keine Lust mehr hatte, das Zelt aufzuschlagen. So geschehen zehn Tage zuvor in Frankreich, als die Pfadis frühmorgens von weidenden Kühen unsanft geweckt wurden.

Die Attraktivität des Dogerner Pfadfinderbestehens brachte es mit sich, dass im Laufe des Jahres 1963 die Jungpfadfindersippen Löwe, Elefant und Hirsch gegründet werden konnten, und auch die Pfadfindersippe Falke entstand. 1964 erlebten die Dogerner Jungpfadfinder ihr Sommerlager mit jenen aus Waldshut und Oberlauchringen im Luchle bei Wittenschwand, und die Sippe Falke schloss sich den Waldshuter Pfadfinderbrüdern beim Lageraufenthalt in der französischen Partnerstadt Blois an.

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Aufgrund der Expansion sowie der aktiven Jugendarbeit und umsichtigen Leitertätigkeit kam es zur Stammes-Verleihung zum 1. April 1965 und somit zur Eigenständigkeit. Das erste Stammeslager war im August 1965 auf der großen Wiese des Erzinger Schlattwaldes. Die weiteren Sommerzeltlager, heute noch Höhepunkte der Pfadfinder in ihrem Jahresprogramm, waren 1966 bei Mellau/Bregenzer Wald, 1967 bei Villingen (Jungpfadfinder) und Mühlheim/Donau (Pfadfinder), 1968 Bauen/Schweiz und 1969 Seelisberg/Schweiz, an die sich die meisten Beteiligten, heute überwiegend gestandene Väter und Großväter, gerne erinnern.