Willi Adam

Selbst ein harter Brexit würde für die Wirtschaft im Dreiländereck keine übermäßigen Folgen haben. Zu dieser Einschätzung kommen Rainer Liebenow, Vorstand der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden, und Andreas Scheuerle, Analyst bei der DekaBank, dem Wertpapierhaus der Sparkassengruppe. Es werde Belastungen und Mehraufwand geben, doch die Unternehmen würden sich auf den Austritt Großbritanniens einstellen oder hätten dies bereits getan. Ohnehin sei die Wahrscheinlichkeit, dass der Austritt zunächst aufgeschoben werde, größer als die eines ungeordneten Brexits, meinte Andreas Scheuerle.

Der promovierte Volkswirt, der bei der DekaBank die Industrieländerkonjunktur beobachtet und die Branchenanalysen leitet, war in Lörrach, um Mitarbeitern der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden Informationen zu geben. Bei einem Mediengespräch sagte er, für die Unternehmen sei es nichts Ungewöhnliches, mit Zollabgaben umzugehen. Sollte es zu einem harten Brexit kommen – diese Wahrscheinlichkeit bezifferte Scheuerle in seiner Prognose mit etwa 20 Prozent – dann werde der plötzliche Übergang spürbar werden. Allerdings würden sich die Folgen wieder einpendeln. Auch sei die deutsche Wirtschaft trotz gesenkter Wachstumsprognose auf 1,3 Prozent stabiler als noch vor wenigen Jahren, weil zwischenzeitlich die Binnennachfrage ein tragender Pfeiler geworden sei. Scheuerle sieht die Brexit-Folgen vor allem in einem Zusammenhang mit anderen Risikofaktoren. Die allgemeine Unsicherheit, die das weltweite Wirtschaftswachstum auf etwas mehr als drei Prozent abkühlen werde, könne durch den EU-Austritt verstärkt werden. Entscheidender für die wirtschaftliche Lage in Europa seien die Auswirkungen des Handelsstreits, bei dem Scheuerle das Ringen um die Vormachtstellung zwischen den USA und China trotz der Annäherungen als nicht beendet ansieht, und die Risiken, die durch die Haushaltspolitik Italiens entstünden.

Zu einer ganz ähnlichen Einschätzung kommt Rainer Liebenow. Der Sparkassenvorstand sieht für die regionale Wirtschaft den Brexit nicht als einen der entscheidenden Faktoren. Für die Region Dreiländereck sei die anhaltende Nullzinsphase ein größerer Unsicherheitsfaktor, ebenso die globalen Handelskonflikte und der Fachkräftemangel vor Ort. Im Kreis Lörrach liege die Exportquote zwar bei 60,8 Prozent (im Vergleich zu 50 Prozent in Deutschland). Großbritannien sei zwar für die Wirtschaft im Kreis die Exportnation Nummer fünf, doch weil die Unternehmen etwa bei Zulassungen sowie bei Zoll- und Logistikfragen bereits reagiert hätten, sei kaum mit einschneidenden Problemen zu rechnen.