Grenzach-Wyhlen – Elf Steine aus Messing könnten im kommenden Frühjahr an der Basler Straße in Grenzach verlegt werden. Das Besondere: Die Namen und Daten jüdischer Grenzacher werden auf ihnen vermerkt sein. Wie sie wurden schätzungsweise rund 70¦Grenzacher durch Vertreibung und Deportation Opfer des NS-Regimes. Sandra Grether und Alex Huettner haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten dieser Menschen in Archiven zu recherchieren und damit Geschichte in die Gegenwart zu holen. Der Antrag für die Installation der Stolpersteine ist bei der Initiative um den Künstler Gunter Demnig eingereicht, wie die Historikerin Sandra Grether im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt.
Bei den ersten in Grenzach verlegten Stolpersteinen soll an die Mitglieder der beiden verschwägerten Familien Bloch und Stein erinnert werden. Günther Stein besuchte noch 2015 Grenzach zu einer Vorführung eines Dokumentarfilms, der seine Lebensgeschichte wiedergab. Der 2016 in Israel verstorbene Günther Stein erlebte mit seiner Familie die Repressalien der Nazis in Grenzach und am Gymnasium in Lörrach, wo er und sein Bruder 1936 als jüdische Kinder die Schule nicht mehr besuchen durften. Mit Hilfe der jüdischen Gemeinde in Basel gelang der Familie die Flucht nach Palästina. Elf Steine, das ist eine recht große Anzahl, die aufs Mal beantragt wurde. Denn: Die Initiative um Gunter Demnig verlegt und produziert pro Monat rund 600 Steine. Pro NS-Opfer wird ein Stein verlegt. Das Projekt will erreichen, dass verfolgte Menschen als Individuen wahrgenommen werden und nicht in der Masse verschwinden.
Nach bisherigem Kenntnisstand vermutet Sandra Grether, dass in Grenzach-Wyhlen wahrscheinlich drei jüdische Familien verfolgt wurden. Ein Großteil der NS-Opfer in der heutigen Doppelgemeinde waren wohl politische Verfolgte. Auch Opfer der Euthanasie gab es in Grenzach und Wyhlen. Von den Nazis wurde der Begriff euphemistisch genutzt und umschrieb die Ermordung von körperlich und geistig behinderten Menschen sowie Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sandra Grether schätzt die Zahl der Euthanasie-Opfer vor Ort auf rund 20.
120 Euro kostet ein Stolperstein von Gunter Demnig. Deshalb sammeln Sandra Grether und Alex Huettner Spenden für die Realisierung. Das Geld wird durch die kommunale Finanzverwaltung eingenommen und ausbezahlt. Grether und Huettner kümmern sich um Recherche, Identifikation der NS-Opfer und das Erarbeiten von Biografien, dazu gehören der Verfolgungsgrund, Adressen der Opfer sowie das Leid, das ihnen angetan wurde. Von einer finalen Anzahl der NS-Opfer in Grenzach-Wyhlen geht Sandra Grether derzeit noch nicht aus. Sie hofft, dass alle Opfer durch die Stolperstein-Initiative Sichtbarkeit erlangen.