Höchenschwand – Zwei Meter Durchmesser und ein Umfang des Gebindes von 60 Zentimetern – jeder der von Raimund Grass seit 47¦Jahren gebundenen Adventskränze in der Kirche St.¦Michael war ein prachtvolles Unikat. Jetzt geht der Macher dieser Stücke in den Ruhestand. Die Kränze erfreuten drei Pfarrergenerationen: Pfarrer Winfried Grünling, Pater Hermann-Josef Zoche und Pfarrer Ivan Hoyanic.

Flink fliegen die Hände von Raimund Grass beim Binden des Adventskranzes über den Reifen aus Eisen. Neben sich hat der Bauhofmitarbeiter und gelernte Gärtner einen Turm mit Tannenzweigen aufgeschichtet. „Am besten eignet sich das Reisig der Weißtanne: Es nadelt nicht so schnell.“ Der 65-Jährige ist ein alteingesessener Höchenschwander. Ob langjähriger Feriengast oder Einheimischer – jeder kennt ihn unter seinem Spitznamen Röbi, lange Zeit sah man ihn regelmäßig im gemeindeeigenen Schmalspurfahrzeug.

Seit er im Oktober 2023 das Rentenalter erreichte, ist er in Teilzeit im Bauhof tätig. Sobald der Schnee geschmolzen ist, bis in den Herbst hinein, entdecken ihn Vorbeigehende, wenn er im Auftrag der Gemeinde unter anderem die Blumenanlagen betreut. Von 1986 bis 2023 gehörte im Winter das Walzen des Skihanges zu seinen Arbeitsaufgaben. Auch die Langlaufloipen wurden von ihm gespurt. Eckpfeiler in Raimund Grass‘ privater Welt sind die Mitgliedschaften bei der örtlichen Feuerwehr und der Narrenzunft.

Viele Jahre, erzählt er, band er den Adventskranz im alten Gemeindesaal, dann im neuen Bauhof. „Dort konnte ich den Kranz bis zur Fertigstellung liegen lassen, ohne dass er störte.“ Schuppenartig überdecken die zuvor auf etwa 20¦Zentimeter geschnittenen Stücke des Tannengrüns die vorherigen Lagen, den Halt finden diese durch sieben Rollen Bindedraht. Indes kontrolliert Röbis fachmännischer Blick immer wieder, ob das Eisengestell durchscheint. Nach sechs Stunden Arbeit hat Raimund Grass sein Werk vollendet. Mit der Hilfe der Mesner Gerold Schmidt und Bernhard Frommherz thront das Gebinde an seinem Platz hoch über dem Altar.

Ein paar Schritte entfernt, am Seiten- und Wallfahrtsaltar zu Ehren der Pieta, Schmerzensmutter Gottes, ist es eine gebogene acht Meter lange Girlande aus Weißtanne, die den Ort der Andacht umrahmt. Diese hat Grass auf Wunsch von Pfarrer Ivan Hoyanic zusätzlich jährlich gefertigt. Seit 1495 wird freitags eine Wallfahrtsmesse zu Ehren der Schmerzensmutter mit Segen gefeiert. Raimund Grass: „Ich selbst halte an der Tradition fest und stelle zu Hause einen von mir selbst gebundenen kleinen Adventskranz auf.“ Den großen Kranz in der Kirche muss in Zukunft indes eine Gärtnerei binden.