Heidrun Glaser

Seit knapp acht Jahren sitzt am Lottstetter Ratstisch keine einzige Frau, egal ob bei den Freien Wählern, der CDU, der SPD oder auch bei den Grünen konnte keine Kandidatin die Bürger überzeugen, ihre politischen Anliegen von einer Frau im Gemeinderat vertreten zu lassen. Laut Bürgermeister-Stellvertreter Martin Russ, der seit 20 Jahren Gemeinderat ist, war das aber nicht immer so: „Außer bei der letzten Gemeinderatswahl wurden immer eine oder zwei Frauen in das Gremium gewählt.“

Blick auf die letzten Gemeinderätinnen

Zuletzt war Ursel Handloser als Vertreterin der SPD-Fraktion dabei, aber bei der letzten Wahl erhielt sie weniger Stimmen als ein männlicher Vertreter und schied deshalb aus. Regina Czech war vor 15 Jahren Gemeinderatsmitglied und Raymonde Holzscheiter von 1980 bis 2000. Auch Walburga Zwerenz, Resi Hauser und Edeltraut Lockwald vertraten die Bürger im Lottstetter Gemeinderat. Ursula Blessing steht auf einem Nachrückerplatz bei der SPD.

Suche nach Gründen

Von 31 Kandidatinnen und Kandidaten waren bei der letzten Wahl sieben weiblich. „Würden die Lottstetter Bürgerinnen Frauen wählen, wären die Frauen auch am Ratstisch vertreten“, sagt Raymonde Holzscheiter und ergänzt: Leider stellen sich aber auch nur sehr wenige Frauen zur Wahl. Warum das so ist, lässt sich schwer orakeln. Bürgermeister Jürgen Link hat keine Erklärung dafür. Er hofft, dass bei der nächsten Gemeinderatswahl mehr Frauen bereit sind, für dieses wichtige Ehrenamt zu kandidieren.

„Vielleicht ist in einem ländlich geprägten Raum bei einigen Wählern, aber auch Wählerinnen, immer noch die Meinung vertreten, dass Männer für ein politisches Amt besser geeignet sind“, überlegt Link und fügt an: „Und viele Frauen denken wohl auch, dass sie für ein solches Amt nicht geeignet sind.“ Dem möchte der Bürgermeister aber vehement widersprechen, denn der Gemeinderat soll ja die gesamte Bevölkerung vertreten, und dazu gehören mindestens zur Hälfte auch die Frauen.

Auch die ehemaligen Gemeinderätinnen glauben, dass viele Frauen es sich einfach nicht zutrauen, politische Verantwortung zu übernehmen. „Die, die bereit für so ein Amt wären, sind bereits in Vereinen sehr aktiv und sitzen dort im Vorstand; ein weiteres zeitaufwendiges Ehrenamt ist dann einfach zu viel“, so der allgemeinde Tonus. Auch Martin Russ und Bürgermeister Link beziehen sich auf die Tatsache, dass Frauen oft einfach keine weiteren Kapazitäten mehr frei haben, um neben Haushalt, Familie, Kinder und Beruf auch noch innerhalb des Gemeinderates aktiv zu sein.

Mehrbelastung für Frauen

Hauke Schneider von den Freien Wählern kennt als allein erziehender Vater das Dilemma. „Es ist wohl die große Herausforderung der gefühlten Mehrbelastung, die selbst Power-Frauen abschreckt, ein solches Amt auszuüben.“ Bürgermeister Link verweist auch auf die Landes- und Bundespolitik, wo der Quotenanteil der Frauen deutlich unter 50 Prozent liegt.

Hauke Schneider verweist darauf, dass die Situation bei Kinderbetreuung, Schule und Sozialwesen in Lottstetten im grünen Bereich ist; „es gibt es wenig Notwendigkeit für ein weibliches Votum.“ Aber beschränkt sich weibliche Entscheidungskraft wirklich nur auf soziale Belange?

Die Antwort liegt in der Hand der Bürger, die bei der Kommunalwahl 2019 an die Urne gehen. Thomas Güntert von den Grünen hofft jedenfalls sehr, dass dann wieder Frauen am atstisch sitzen: „Viele Themen würden dann möglicherweise auch aus anderen Blickwinkeln heraus anders diskutiert als bisher.“