Frau Kobler, was für einen ersten Eindruck hatten Sie von Klettgau, insbesondere von der Realschule?

Da ich hier aus der Region komme, kannte ich die schöne Gegend um Erzingen von Radtouren, aber die Schule hatte ich noch nie besucht und war beeindruckt. Anfang Januar führte mich die damalige Schulleiterin, Frau Trumpf, herum und überraschte mich mit Details zur technischen Ausstattung – vorbildlich gefördert von der Gemeinde – und dem Medienkonzept. Mir fielen außerdem die großen Klassenzimmer auf, für Klassen mit einer Klassengröße, von der man als Lehrerin nur träumen kann. Und natürlich die Baustelle gegenüber, die mich schon damals faszinierte: ein Schulneubau, den man begleiten darf, wo man eigene Ideen noch einbringen kann – spannend.

Sie wissen sicherlich um die Vorgeschichte der Schule. Die weiterführende Schule stand kurz vor der Schließung. Was hat Sie angesichts dessen bewogen, sich hier als Rektorin zu bewerben?

Die Vorgeschichte interessierte mich überhaupt nicht. Ich bin da eher zukunftsorientiert. Ich schaute mir die Schule an. Danach gab es eigentlich nur noch Pluspunkte: überschaubare Schülerzahlen und die daraus resultierende familiäre Atmosphäre, ein sehr engagiertes Kollegium, das sich offensichtlich sehr wohl an der Schule fühlt. Ein ausgezeichnetes Konzept der Berufswahlorientierung durch alle Klassenstufen, Klettgauer Betriebe als verlässliche Partner, unglaublich motivierte Eltern mit tollen Ideen, ein Bürgermeister, der sein ganzes Herzblut in diese Schule gesteckt hat, ein Neubau, bei dessen Planung man sich einbringen darf. Eine langjährige Konrektorin, die die Schule sicher durch die Umwandlung gelotst hatte und mir weiterhin zur Seite stehen würde. Was sollte da noch schiefgehen?

Wie wollen Sie die Schule zukünftig gestalten, was für Vorstellungen, Pläne und Ideen haben Sie für die Klettgauer Realschule?

Viele! Aber da die Gestaltung nicht Chefinnensache ist, sondern Teamwork, werde ich jetzt erst einmal mein neues Kollegium kennenlernen und nachfragen, was an Neuem angegangen und was an Bewährtem gepflegt werden soll. Auch wenn das Thema Medienkompetenz oben auf meiner Liste steht, so muss das Sozialtraining einen mindestens ebenso hohen Stellenwert haben. Sicher kann auch die Musik als verbindendes Element Menschen zusammenbringen – ich bin gespannt! Von den Eltern gibt es bereits viele interessante Impulse: So wurde eine Kooperationsgruppe eingerichtet, die den Zweck hat, Gemeinde und Schule stärker zu vernetzen.

Was für ein pädagogisches Leitbild haben Sie?

Das deckt sich mit dem Schulleitbild: Ich möchte gemeinsam, fair, verantwortlich und zielstrebig das Potenzial von Einzelnen wie auch der Gemeinschaft entwickeln. Dabei sich auf Stärken konzentrieren statt auf Schwächen, mehr über Lösungen reden als über Probleme und Raum für Mitbestimmung und Kreativität schaffen.

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Was wollen Sie den Schülern nebst dem geforderten Wissen und Bildung für das Leben nach der Schule mitgeben?

Einen Sinn für Wertschätzung: Sie sollen sich selbst wertschätzen – damit sind wir beim Schulmotto „Stark im Leben“. Aber sie sollen auch andere wertschätzen und erkennen, dass jede und jeder wertvoll ist, unabhängig von Geschlecht, Alter, Leistungsfähigkeit, Kleidung oder Kontostand. Und zu guter Letzt sollen sie auch die Welt wertschätzen, in der sie leben, und mit Verantwortungsbewusstsein Entscheidungen treffen, durch die sie die Zukunft positiv mitgestalten.

Wenn Schüler und Eltern über die Besetzung der Rektorenstelle entscheiden würden, was würden Sie in dem Bewerbungsgespräch zum Ausdruck bringen?

Was wollen Eltern für ihre Kinder? Was brauchen Kinder wirklich für eine erfolgreiche Zukunft? Natürlich ist unser Kerngeschäft der Unterricht, unsere Hauptaufgabe die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Mittlere Reife. Das versteht sich eigentlich von selbst. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Unsere Schülerinnen und Schüler brauchen gerade in diesen unsicheren Zeiten nämlich noch viel mehr: Zuversicht, Wertschätzung, Respekt, Toleranz, Glück, Freude, Spaß. Auch das muss die Schule in der Gemeinschaft vermitteln und erfahrbar machen. Daher ist mir die Förderung sozialer Fähigkeiten auch sehr wichtig, und das geht nur über Beziehungen. Persönliche Beziehungen müssen unbedingt wieder stärker im Vordergrund stehen, und ich würde im Bewerbungsgespräch ausführen, welche Möglichkeiten ich dafür an der Schule sehe. Wenn uns Corona etwas gezeigt hat, dann die Tatsache, dass kein noch so leistungsstarker Computer, kein noch so gutes Lernprogramm eine gute Lehrkraft ersetzen kann.

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Zu guter Letzt eine persönliche Frage: Wie sehen Sie derzeit unsere Welt?

In den Medien jagt eine Krise die nächste oder es wird uns vorgegaukelt, dass es eine Norm gibt, die wir erfüllen müssten, um unbedingt dazuzugehören. Dazu kommt ein extremes Gefühl der Unsicherheit, das durch die Pandemie noch verstärkt wurde. In diesem Dschungel seinen eigenen Kompass zu finden ist nicht nur für Jugendliche schwer. Ich persönlich versuche, so oft wie möglich positive Gegenpole zu schaffen: Humor ist wichtig, Horizonterweiterung, durch das sich einiges relativiert, dann natürlich Musik, aber ganz oft auch persönliche Begegnungen und Gespräche.