Seit Ende März stehen gewerbliche und private Kunden des Kieswerkes Bechtel & Szilagyi vor einem verschlossenen Tor, sie alle müssen unverrichteter Dinge umkehren. Ein etwas unscheinbares Schild der Gemeinde Klettgau macht alle Kunden darauf aufmerksam, dass der Abtransport von Kies verboten ist. Bei Zuwiderhandlungen erfolgt die Anzeige.

In einer Pressemitteilung informiert die Gemeinde Klettgau über die Hintergründe eines Rechtstreits mit dem Pächter, der nunmehr in der rechtskräftigen Kündigung des Pachtverhältnisses mündete. Die Anfragen des SÜDKURIER beim Pächter und dessen Rechtsvertreter blieben unbeantwortet.
Was ist passiert?
Die Eigentümerin des Abbaugebietes bei Geißlingen, die Gemeinde Klettgau, hat dem Unternehmen Kieswerk Bechtel und Szilaggyi die Abbaufläche gegen eine Pacht überlassen. Vor fünf Jahren sei der Pächter auf Ablagerungen gestoßen, die bereits vor dem Erwerb des Grundstückes durch die Gemeinde dort abgelagert worden waren, dies lässt die Gemeinde Klettgau durch ihre Anwälte mitteilen. Zur Beseitigung dieser Ablagerungen (offensichtlicher Bauschutt) habe der Pächter die Verantwortlichkeit alleine bei der Gemeinde gesehen, da die Ablagerung seiner Ansicht nach einen Mangel des Pachtgegenstandes darstelle. Solange die Gemeinde diesen Mangel nicht beseitige, könne der Abbau nicht ordentlich, beziehungsweise gar nicht weiter betrieben werden.
Was unternimmt die Gemeinde?
Die Lösungsvorschläge der Gemeinde, die Ablagerungen bis zur anschließenden Klärung des Sachverhaltes und zur fachgerechten Entsorgung zunächst beiseite zu räumen ohne dass der Betrieb gestört werde, seien vom Pächter abgelehnt worden. Statt eine einvernehmliche Lösung zu suchen, habe der Pächter der Kiesgrube auf Schadensersatz in Millionenhöhe verklagt und die Pachtzahlungen über einen Zeitraum von sieben Quartalen fast vollständig eingestellt, heißt es in der Pressemitteilung der Gemeinde.

Deshalb habe die Gemeinde das Pachtverhältnis am 12. Januar 2022 gekündigt und Widerklage erhoben. Die Entsorgung des Bauschutts, so der gerichtliche Sachverständige, hätte einen niedrigen sechsstelligen Betrag gekostet.
Wie entschieden die Gerichte?
Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab der Gemeinde Klettgau – wie schon das Landgericht Waldshut-Tiengen in erster Instanz – mit Urteil vom 27. März 2024 in allen wesentlichen Punkten recht: „Die Pächterin war selbst für die Entsorgung des Bauschutts verantwortlich. Die Kündigung war berechtigt.“ Nicht nur, weil der Pächter die Pacht über Jahre zu Unrecht zurückbehalten habe, sondern auch, weil das Vertrauensverhältnis aufgrund des Verhaltens des Pächters während des Gerichtsverfahrens endgültig zerrüttet wurde, so die Urteilsbegründung.
Schließlich steht nach dem Urteil der gesamte vom Pächter abgebaute und nicht vor der Kündigung am 12. Januar 2022 verkaufte Kies im Sicherungseigentum der Gemeinde. Daher bestätigte das Gericht auch, dass es dem Pächter untersagt ist, Kies von dem Gelände zu entfernen. Der Pächter habe seit der Kündigung vorsätzlich gegen das entsprechende von der Gemeinde ausgesprochene Verbot verstoßen. Des Weiteren muss der Pächter nach dem Urteil der Richter das Pachtgelände umgehend räumen. Die sechsstelligen Prozesskosten gehen zu Lasten des Pächters. Immerhin habe der Pächter die ausstehende Pacht mittlerweile bezahlt, informiert die Gemeinde.
Wie geht es weiter?
Im Rahmen der Übergabe wird eine Bestandsaufnahme erfolgen – bislang habe der Pächter, der Gemeinde den Zutritt vertragswidrig verweigert. „Wir werden auch prüfen, welche Ansprüche gegen den Pächter durch das vorzeitige Ende des Pachtvertrags uns zustehen. Um dieses Risiko zu mindern, war bereits im Vertrag Vorsorge getroffen worden“, erklärte Bürgermeister Ozan Topcuogullari. Der Gemeinderat werde schließlich darüber entscheiden, wie die Flächen künftig bewirtschaftet werden.
Wie fällt das Resümee des Bürgermeisters aus?
„Es ist schade, dass eine über 50-jährige Zusammenarbeit auf diese Weise zu Ende gehen muss. Leider wurden unsere Lösungsvorschläge abgelehnt und eine Kündigung des Pachtverhältnisses war unumgänglich. Die Umstände machten dies erforderlich“, teilt Bürgermeister Ozan Topcuogullari auf Anfrage mit.
Der Gemeinderat sei bei allen Entscheidungen beteiligt gewesen und wurde fortlaufend über den jeweiligen Stand informiert. „Es ist beruhigend, dass mit dem jetzigen Urteil die fast fünfjährige Auseinandersetzung zu Ende geht. Sobald die Angelegenheit abgeschlossen ist, wird ein neuer Pächter für die Flächen des Kieswerkes gesucht“, so der Bürgermeister abschließend.