Lange ist unklar gewesen, was mit der baufälligen evangelischen Kirche in Klettgau-Grießen passieren soll. Zu hoch seien die Kosten dringend benötigte Renovation gewesen. Seit diesem Sommer ist das Gebäude nun in privatem Besitz.

Thomas Kaiser, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Klettgau sagt: „Nachdem klar war, dass wir die Kirche nicht mehr halten können, haben wir alle Möglichkeiten ausgelotet, wie es für das Gebäude weitergehen könnte.“

Pfarrer Thomas Otto Hermann Kaiser.
Pfarrer Thomas Otto Hermann Kaiser. | Bild: Nico Talenta

Bieterverfahren als letzte Option

„Wir haben über eine Jugendkirche, ein Theater, ein Flüchtlingsheim und vieles Weitere nachgedacht“, fügt seine Frau, Andrea Kaiser, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Kadelburg, an. Letzten Endes habe auch die Gemeinde kein Interesse an dem Gebäude gehabt. So sei es schließlich zu einem Bieterverfahren über ein Maklerbüro gekommen.

Pfarrerin Andrea Kaiser.
Pfarrerin Andrea Kaiser. | Bild: Nico Talenta

Vor dem Besitzerwechsel sind die Kirche entweiht, die Orgel nach Litauen verkauft und die Glocken nach Gran Canaria verschifft worden. „Letztlich sind wir froh, dass der Käufer das Gebäude nicht komplett abgerissen hat“, sagt Thomas Kaiser. Aber warum kauft jemand ein altes Kirchengebäude?

Von Anfang an genaue Vorstellungen

„Wir konnten uns schon bei der ersten Besichtigung im Dezember des vergangenen Jahres genau vorstellen, wie es hier in Zukunft mal aussehen soll, als wir die Räume betreten haben“, schildert der 34-jährige Metallbaumeister den Eindruck seiner Familie nach dem Kauf.

Im Inneren befindet sich derzeit alles im Rohbau. Den Abriss für die Kernsanierung hat er mit Freunden weitgehend selbst gemacht. Und tatsächlich lassen die hohen Decken, die Empore und der große ehemalige Gottesdienstraum in diesem Zustand einiges an kreativen Ideen zu.

Die Strategie der evangelischen Landeskirche

„Bedingt durch sinkende Mitgliederzahlen, zurückgehende Kirchensteuereinnahmen und die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geht die evangelische Landeskirche Baden mit den Kirchengemeinden einen konsequenten Weg der nachhaltigen Sanierung der Finanzen und Gebäudestruktur“, teilt Stefan Herholz, Pressesprecher evangelische Landeskirche Baden, mit.

Für die evangelische Kirche in Erzingen ist ein soziales Projekt in Planung.
Für die evangelische Kirche in Erzingen ist ein soziales Projekt in Planung. | Bild: Talenta, Nico

Im Jahr 1961 habe es in der evangelischen Landeskirche in Baden rund 1300 Gebäude für etwa 1,4 Millionen Gemeindemitglieder gegeben. Heute seien es rund 2200 Gebäude für etwas mehr als eine Million Mitglieder. „Diese Zahl zeigt eindrücklich, dass hier Handlungsbedarf besteht.“

Nicht nur die evangelische Kirche in Klettgau-Grießen ist von diesen Maßnahmen betroffen. Im Kirchenbezirk Hochrhein wurden in den vergangenen Jahren unter anderem die Kirche in St. Blasien (2013) und die Kirche in Wehr-Öflingen (2022) verkauft. Ziel sei es, die Räume möglichst für kulturelle oder soziale Zwecke weiterverwenden zu können.

Ein Haus für Kultur und Vereine

So geschehen in der Gemeinde Wehr. Bürgermeister Michael Thater: „Die Stadt hat 2022 die evangelische Christus-Kirche in Öflingen erworben. Es ist die Kirche, die um unseren Ehrenbürger Paul Gräb gebaut wurde und in der er sein Projekt ‚Kunst und Diakonie‘ gestartet hat.“

Zudem sei auch die Ehrenbürgerin Anne-Sophie Mutter in der Kirche getauft und konfirmiert worden. Die Stadt hat das Gotteshaus mittlerweile in eine Kulturstätte namens „KulTurm“ umgebaut, in der regelmäßig Kulturveranstaltungen stattfinden. Und: „Teile des Gebäudes werden auch Vereinen zur Verfügung gestellt“, so Thater.

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