Seit Jahren klagen deutsche Handwerker über Schikanen in der Schweiz. Denn das dortige Handwerk hat es gar nicht gerne, wenn ihre Kollegen aus dem Ausland mit günstigeren Angeboten auf ihren Markt drängen. Deshalb haben sich die Eidgenossen viele Auflagen einfallen lassen: Anmeldepflichten, Kautionen, ständige Kontrollen, neuerlich ist auch die Umsatzsteuerpflicht verschärft worden. Manch ein selbständiger Handwerker vom rechtsrheinischen Hochrhein hat deshalb in der Schweiz kurzerhand eine eigene Firma gegründet. Doch die Frage ist: Geht das so einfach und bringt das wirklich Vorteile? Wir haben mit zwei deutschen Handwerksmeistern aus verschiedenen Gewerken gesprochen. Soviel vorab: Es hört sich einfacher an, als es ist.
Warum eine Schweizer Firma gründen?
Michael Ebner ist Inhaber eines Gartenbaubetriebes in Obersäckingen, Matthias Vogt führt einen Fliesenlegergeschäft in Rickenbach. Beide haben eine Niederlassung in der Schweiz gegründet. Die wichtigsten Gründe hierfür: Es muss nicht jeder Auftrag einzeln angemeldet werden, es entfallen dauernde Kontrollen auf der Baustelle und die Einsatzdauer der Firma ist nicht mehr auf 90 Tage im Jahr beschränkt. Doch was sich beim Gespräch mit den beiden herausstellt: Bei der Firmengründung eines Deutschen in der Schweiz gibt es jede Menge Fußangeln.

Michael Ebner bringt es so auf den Punkt: „Man kann vieles vorher abklären, aber irgendwann muss Du springen.“ Viele Handwerkskollegen ließen sich von der Bürokratie bei einer Firmengründung in der Schweiz abschrecken, „aber ich nicht“, fügt er hinzu. 2005 hat er seine Niederlassung in Frick gegründet, heute machen die Schweizer Kunden je nach Jahr gut und gerne 50 Prozent seines Umsatzes aus. Matthias Vogt hat seinen Schweizer Sitz in Eiken vor vier Jahren eröffnet und auch zeitweise schon bis zu 40 Prozent des Umsatzes im Nachbarland gemacht. Im Moment fährt er die Aufträge in der Schweiz jedoch wegen des enormen Baubooms auf deutscher Seite zurück.
Ohne Fachmann geht es nicht
Sowohl Vogt wie auch Ebner raten jedem Neugründer übereinstimmend: Ohne einen wirklich kompetenten Steuerfachmann funktioniert es nicht. Beide beschäftigen jeweils einen Steuerberater in Deutschland und der Schweiz. „Die Schweiz schreibt bei der Firmengründer ohnehin einen Treuhänder vor“, gibt Matthias Vogt zu bedenken, und das sei eben am besten ein guter Steuerberater.
Einige Büros, so Vogt, bieten sogar Service speziell für deutsche Firmengründer in der Schweiz an. Denn es gebe soviel Fehler, die man machen könne: „Angefangen bei Lohnabrechnungen, Mindestlohn über Stundenaufzeichnungen, Sozialabgaben, Auslösung, Kindergeld, Pauschalspesen bis hin zur Quellensteuer und und und.“
So hat es die Firma Vogt gemacht
Allerdings hat jeder der beiden bei seiner Firmengründung ein etwas anderes Modell gewählt: Matthias Vogt ist Geschäftsführer von zwei Firmen mit insgesamt rund 20 Leuten – getrennte Buchhaltungen, getrennte Belegschaft, getrennter Autopark – alles getrennt. Sogar der in der Schweiz verwendete Anhänger müsse dort gemeldet sein, berichtet Vogt: „Aber sowas sagt Dir zum Beispiel keiner, dass musst Du selber rausfinden.“ Und in der Schweiz winken dann auch gleich Strafen, weiß Vogt da aus eigener Erfahrung.
War die Handwerkskammer eine Hilfe? Bei dieser Frage verziehen beide etwas das Gesicht. Nicht so richtig, meinen Sie beide. „Das meiste musst Du schon selber rausfinden“, sagt Michael Ebner.
So hat es die Firma Ebner gemacht
Ebner suchte sich bei seiner Gründung denn auch viele Informationen beim Steueramt in Bern und der Oberfinanzdirektion in Freiburg zusammen. Im Rückblick findet er es heute noch „ziemlich kompliziert“. Michael Ebner hat bei seiner Gründung folgende Variante gewählt: Er beschäftigt alle seine zwölf Mitarbeiter in der Schweiz. Das heißt, seine komplette Belegschaft sind Grenzgänger, die den schweizerischen Mindestlohn erhalten – „auch wenn sie Aufträge bei uns abwickeln,“ sagt Ebner. Es sei ihm bewusst, dass er deshalb meist nicht der „der günstigste Anbieter sei“, aber er habe dennoch kein Problem, Kunden zu finden und schon gar keines bei der Such nach Facharbeiter.
Fazit von beiden
Die Gründung einer Schweizer Firma lohnt ab einer gewissen Auftragsmenge, besonders dann, wenn man an die 90-Tagesgrenze kommt. Wichtig sei, soviel wie möglich im Vorfeld klären. 100-prozentige Klarheit sei jedoch kaum möglich. Ein bisschen sei es bei aller Vorbereitung dann doch wie der Sprung ins kalte Wasser. Vieles, von dem man nichts geahnt hat, trete erst später zu Tage, sagt Michael Ebner – zum Beispiel, dass auch der Geschäftsführer selber eine Grenzgängerbewilligung braucht. Und da weiß auch Ebner aus eigener Erfahrung: Auch hier sind die Eidgenoosen gleich mit einer Buße bei der Hand.
Das muss ein deutscher Handwerksbetrieb bei der Gründung einer Zweigniederlassung in der Schweiz beachten
Für den Eintrag einer Zweigniederlassung in der Schweiz muss immer einer in der Schweiz wohnhaften Person Prokura erteilt werden. Diese Funktion kann zum Beispiel ein Steuerberater gegen Entgelt übernehmen, der in der Schweiz ansässig ist.
Darüber hinaus müssen Betriebsräume in der Schweiz nachgewiesen werden, zum Beispiel ein gekauftes oder gemietetes Büro oder eine Werkstatt.
Das Firmenfahrzeug muss in der Schweiz angemeldet werden, da so genannte „innerschweizer Transporte“, also Fahrten, die nicht über die Landesgrenze gehen, nicht mit dem in Deutschland angemeldeten Firmenfahrzeug durchgeführt werden dürfen.
In der Zweigstelle oder Niederlassung angestelltes Personal muss zwingend die Schweizer Mindestlöhne der jeweiligen Branche bekommen. Probleme macht dies dann, wenn das Personal dort nicht voll ausgelastet ist und zeitweise in der Hauptniederlassung in Deutschland arbeiten soll.
Durch die Steuerpflicht des Unternehmens in der Schweiz und in Deutschland ergeben sich in der Regel keine Steuervorteile. Das Doppelbesteuerungsabkommen lässt es nur zu, dass man die Schweizer Unternehmenssteuern auf die in Deutschland anfallenden Steuern anrechnen darf.
Die Gründung ist darüber hinaus nicht ganz billig. Bei einem Einzelunternehmen schlagen die Kosten für Beratung, Gründung, Notar, HR-Eintrag mit bis zu 2500 Franken zu Buche, bei einer GmbH werden mindestens 3000 Franken fällig. (Quelle: Handwerkskammer Konstanz)