Markus Rothmund leitet den Forstbezirk West des Kreisforstamtes. Hier beantwortet er alle wichtigen Fragen rund um die aktuelle Borkenkäfer-Plage.

Markus Rothmund vom Forstamt des Kreises hält die Rinde einer gefällten Fichte in den Händen. Die Löcher in der Rinde zeigen, dass der ...
Markus Rothmund vom Forstamt des Kreises hält die Rinde einer gefällten Fichte in den Händen. Die Löcher in der Rinde zeigen, dass der Baum von Borkenkäfern befallen war. | Bild: Marcel Jud

Warum ist der Borkenkäfer jetzt so aggressiv?

„Der Auslöser war das vergangene, trockene Jahr mit relativ hohen Temperaturen. Das hat dem Wald erheblich geschadet und die Fichten für Borkenkäfer anfällig gemacht. Wir haben dann Käferholz großflächig geerntet, aber aufgrund des milden Winters haben 85 bis 90 Prozent der Käfer überlebt. Im Frühjahr, als die Temperaturen auf über 15 Grad stiegen, erwachten die Käfer dann aus ihrem Winterschlaf und konnten die ersten Fichten besiedeln. Stand jetzt sind in unserem Landkreis bereits 160 000 Kubikmeter Holz den Käfern zum Opfer gefallen. Aber wir sind noch nicht an der Spitze angelangt: Wir rechnen damit, dass dieses Jahr mehr als 200 000 Käferholz verschwinden wird.“

Horror-Invasion des Borkenkäfers: Dieses Video hat ein Waldsbesitzer gedreht

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Warum sind Fichten besonders anfällig?

„Wenn die Fichte genügend Wasser zur Verfügung hat, wehrt sie sich gegen die Borkenkäfer, indem sie Harz bildet und die Insekten darin ertränkt. Ohne ausreichend Regen ist das kaum möglich. Trockenheit setzt auch anderen Bäumen zu, aber Fichten sind viel empfindlicher, da sie ein Flachwurzelsystem haben, das nicht tief in den Boden vordringt. Dadurch haben die Bäume in Trockenjahren weniger Wasser.“

Flächiger Borkenkäferbefall bei Bergalingen und Jungholz

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Waldschäden bei Bergalingen und Jungholz Video: MGS Südschwarzwald

Wie hat der Forstbezirk West auf den diesjährigen Befall reagiert?

„Auf Kreisebene haben wir eine Borkenkäfer-Managerin eingestellt, die Monitoring-Kräfte koordiniert. Diese markieren die von Borkenkäfern befallenen Bäume der Privat- und Gemeindewälder, damit sie geerntet werden. Ohne das Monitoring wäre die Situation noch viel schlimmer. Aber nachhaltig reduzieren können wir den Borkenkäfer-Bestand derzeit nicht mehr, dafür sind es bereits zu viele. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung.“

Brachfläche im Beugenwald.
Brachfläche im Beugenwald. | Bild: Marcel Jud

Wie viele Borkenkäfer sind denn derzeit unterwegs?

„Jetzt ist bereits die zweite Borkenkäfer-Generation ausgeflogen und hat die Bäume leider erfolgreich besiedelt. Wir gehen daher nicht mehr von einigen hunderttausend Borkenkäfern, sondern von Millionen Käfern, die in unserer Region unterwegs sind.“

Innenseite einer Rinde mit den Gängen und Kammern der Borkenkäfer.
Innenseite einer Rinde mit den Gängen und Kammern der Borkenkäfer. | Bild: Marcel Jud

Warum sind es so viele Käfer?

„Borkenkäfer vermehren sich exponentiell: Ein Käferweibchen kann bis zu 100 000 Nachkommen erzeugen. Durch den milden Winter haben circa 90 Prozent der Käfer überlebt und eine große Anfangspopulation gebildet. Wenn die äußeren Faktoren wie hohe Temperaturen und anhaltende Trockenheit stimmen, kommt der Borkenkäfer mit aller Macht und ist dann kaum mehr aufzuhalten.“

Flächen von abgestorbenen, braunen Fichten oberhalb von Wehr, Höhe Gasthaus Waldstüble

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Waldschäden bei Wehr Video: MGS

Wie vermehren sich die Borkenkäfer und wie breiten sie sich aus?

„Der Borkenkäfer bohrt sich in die Rinde eines Baumes und bildet dort eine sogenannten Rammelkammer, wo er sich paart. Danach frisst sich das Weibchen von der Rammelkammer aus nach oben und unten vor und bildet den sogenannten Muttergang. Links und rechts des Ganges legt sie in Nischen ihre Eier ab. Daraus schlüpfen dann Larven, die sich weiter vorfressen, um sich schließlich zu verpuppen. Nach sechs Wochen schlüpfen dann die Käfer und fliegen aus, um weitere Bäume zu befallen. Von Trockenheit und Hitze geschwächte Fichten erkennen sie dabei auch an deren Duftsignalen.“

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Gibt es keine Möglichkeit, den Borkenkäfer effizienter zu bekämpfen?

„Wir können die befallenen Fichten nur fällen, aufarbeiten und die Stämme zügig aus dem Wald abfahren. Das Holz wird idealerweise direkt ins Sägewerk transportiert oder auf einem Holzlagerplatz außerhalb des Waldes zwischengelagert. Ist der Baum tot und die Rinde abgefallen, verschwindet auch der Käfer. Zu Beginn der Flugzeit des Käfers haben wir auch Holzpolter im Wald mit Pflanzenschutzmittel behandelt, um die Bäume in der Nähe zu schützen. Aber dieses Vorgehen priorisieren wir jetzt nicht mehr.“

Beugenwald mit Polter und Rinden von geschlagenem Käferholz.
Beugenwald mit Polter und Rinden von geschlagenem Käferholz. | Bild: Marcel Jud

Gibt es keine natürlichen Gegenspieler, die den Borkenkäfer bekämpfen?

„Es gibt natürliche Gegenspieler, etwa Insekten wie die Ameisenbuntkäfer, Jagdkäfer und Schlupfwespen oder Vögel wie den Specht. Allerdings können die sich gar nicht so schnell vermehren, als dass sie den Borkenkäfer aufhalten könnten.“

Welche Folgen hat der Borkenkäfer-Befall für den Holzmarkt?

„Derzeit strömt eine enorme Masse an Fichtenholz auf den Markt. Die Einschnittkapazitäten der Sägewerke sind allerdings zu gering, um all das Käferholz abnehmen zu können. Vor allem beim Käferholz, das bei einem Borkenkäfer-Befall geschlagen wird, deckt der Preis die Kosten für den Holzschlag fast nicht mehr. Derzeit kostet ein Kubikmeter Käferholz meist zwischen 30 und 40 Euro, fällt er unter 30 Euro, ist er nicht mehr kostendeckend. Auch der Preis für gesundes Fichtenholz ist im Vergleich zum vorigen Jahr von 90 auf bis zu 70 Euro gesunken.“

Welche Folgen hat der Befall für den Wald?

„Dass der Fichtenwald verschwindet, stellt für viele Waldbesitzer eine Katastrophe dar. Die Zeit der Fichtenreinbestände ist nun vorbei. Jetzt müssen wir den Wald so formen, dass er langfristig stabil bleibt. Die Fichte kann besonders in höheren Lagen noch ein wichtiger Teil des Waldes sein. In unteren Lagen müssen wir aber auf klimastabilere Baumarten setzen wie Eichenarten oder die aus Nordamerika stammende Douglasie. Über diese wird oft gesagt, sie verdränge andere Baumarten. Das konnte nicht bestätigt werden. Die Douglasie überlebt und wächst auch dann noch, wenn die Durchschnittstemperatur in unserer Region bis 2050 auf maximal 4,5 Grad steigt. Wichtig ist, dass der Wald der Zukunft von vielen verschiedenen Baumarten aufgebaut wird, die den örtlichen Bedingungen angepasst sind. Ansonsten haben wir in einigen Jahrzehnten wieder dieselben Problemen wie heute.“