„Das schnelle Internet ist in Zukunft so wichtig wie Wasser!“ Das sagte der damals frisch gewählte Landrat Martin Kistler vor vier Jahren auf seiner Tour durch den Landkreis Waldshut. Seither hat sich vieles getan. Der Spatenstich für den Backbone mit Landesinnenminister Thomas Strobl ist erfolgt, doch Bagger und Baumaschinen sind eben nicht so schnell wie Verbindungen auf der Datenautobahn.
Wer genauer hinschaut stellt aber fest, dass Landkreis und Kommunen beim Bau des Netzes kräftig aufs Gaspedal drücken. Denn eines ist vielen Bürgermeistern und Gemeinderäten gerade in den ländlichen Regionen längst klar: Kommt kein schnelles Internet, hat das fatale Auswirkungen auf Betriebe und Bevölkerungsentwicklung. Nach den Fragen zu Kinderbetreuung, Schulstandort und medizinischer Versorgung, kommt von jungen Familien bei der Wahl des Wohnorts gleich die Frage: „Gibt es hier schnelles Internet?“ Regierungsdirektor Walter Scheifele, zuständig für den Breitbandausbau beim Landratsamt Waldshut, hat die Fragen beantwortet.
- Was hat sich seit der Breitbandinitiative von Landrat Martin Kistler nach seinem Amtsantritt im Landkreis Waldshut getan? Die Planungen wurden fertiggestellt. Zuschüsse beim Land im Umfang von etwa 26,6 Millionen Euro für den Backbone als künftige Datenautobahn wurden bewilligt. Ein Zweckverband Breitband Landkreis Waldshut wurde gegründet, der die Träger der kommunalen Netze vereint. Die Baumaschinen rollen, Glasfaserkabel werden verlegt. Stühlingen hat das erste Testsignal. Die Betreiberausschreibung läuft, Ende des Jahres wird der Betreiber für das Netz feststehen, heißt es aus dem Landratsamt. Danach gehen ein „Teilbackbone“ und die ersten Ortsteile voraussichtlich ans Netz. Dann soll Stück für Stück die Breitbandversorgung im Landkreis aufgebaut werden. „Es läuft viel und auf allen Ebenen. Wir sind gut unterwegs“, sagt Scheifele.
- Welche Aufgabe hat der Zweckverband Breitband Landkreis Waldshut? „Wir haben uns entschieden, den Backbone beim Landkreis, die Gemeindenetze bei den Städten und Gemeinden in deren Zuständigkeit zu belassen und zu bauen, die dann auch den Betreiberauftrag an den gemeinschaftlichen Betreiber der kommunalen Netze vergeben.“ Der Zweckverband hat im Auftrag aller Kommunen den Betrieb ausgeschrieben, unterstützt, koordiniert und berät. Scheifele: „Wir haben uns bewusst für die schlanke Zweckverbandlösung entschieden und den Bau bei den Kommunen gelassen. Der Betreiberauftrag muss aus steuerlichen Gründen von dort erteilt werden.“
- Wann gibt es ein flächendeckendes Glasfasernetz im Landkreis Waldshut? Als Ziel haben Kreis und Kommunen sich für den Backbone den Zeitrahmen von vier Jahren gesetzt – also im Jahr 2021/22. Der Backbone sei aber nur der Zubringer, die Städte und Gemeinden müssen ihre Ortsnetze und das Signal zum Bürger bringen. Das Engagement der Städte und Gemeinden sei groß, aber unterschiedlich, je nachdem wie groß der Wunsch der Menschen nach schnellem Internet vor Ort sei, welche Art der Versorgung bestehe und wie sich die private Konkurrenz mit Angeboten oder Initiativen verhalte. „Hier wird jede Kommune ihren Weg finden müssen und auch finden“, erklärt Scheifele.
- Gibt es technische Probleme und wenn ja, welche? Alles könne nicht vorhergesehen werden. Teilweise gäbe es mehr Fels als vorhersehbar war, was die Verlegung der Kabel erschwere. Auch Materialprobleme und Lieferengpässe müssen berücksichtigt werden, sodass ein Ersatzplan herangezogen oder neue Umsetzungsstrategien entwickelt werden müssen.
- Welche Projekte sind schon abgeschlossen? Zum 1. August 2018 wurde der Zulauf über Hohentengen nach Stühlingen wie vereinbart vorgenommen. Teilweise müsse noch nachgearbeitet werden, aber das Signal stehe als Testversion, die Bürger könnten den Erfolg der Bautätigkeit schon sehen.
- Welche Rolle spielen die Kommunen beim Ausbau? „Keine Kommune hat sich um die Zuständigkeit zum Bau aufgedrängt. Uns wäre es lieber gewesen, der private Markt hätte es selbst gerichtet, zumal immer mehr Themen die Kommunen betreffen, sodass ihr viele weitere Aufgaben zufallen“, ärgert sich Walter Scheifele.
- Wie groß ist die gesamte Summe der Zuschüsse von Bund/Land für Kreis und Kommunen? Für den Kreisbackbone sind es etwa 26,6 Millionen Euro. Hinzu komme der Backbone-Anteil für Stühlingen und Bonndorf (mehrere Millionen Euro mit Ortsnetz zusammengefasst), die für den Landkreis den Backbone-Anteil auf dem dortigen Gemeindegebiet mit ihrem Ortsnetz zusammenbauen, da der Graben nur einmal gefördert wird und hier zeitgleich gebaut werden kann. Der genehmigte Umfang bei den Städten und Gemeinden könne nicht detailliert beziffert werden, er werde täglich größer, je mehr Kommunen Bewilligungsbescheide bekommen.
- Was müssen Kreis und Kommunen zuschießen? Diese Gesamtsumme könne nicht beziffert werden, sagt der Regierungsdirektor. Für den Backbone des Landkreises rechnet er mit etwa vier bis sechs Millionen. Wenn die Abrechnung da sei, könne der Kassensturz erfolgen.
- Mit welchen Kosten müssen Kunden/Bürger rechnen? Da die Betreiberausschreibung noch nicht abgeschlossen sei, könne auch zu den Preisen nichts gesagt werden. „Wir versuchen durch einen Gesamtbetreiber und eine vernünftige Größe (Kundenpotenzial) akzeptable Preise zu bekommen“, betont Scheifele. Letztendlich müsse der Kunde vergleichen, was er vom Landkreis und was er von Drittanbietern bekomme.
- Andere Anbieter sind aufgewacht, wollen jetzt ihr Netz mit neuer Technik ausbauen. Wie sieht der Kreis diese „Konkurrenz“? „Wir werden uns der Konkurrenz stellen“, sagt Walter Scheifele. Der Markt engagiere sich in erster Linie dort, wo es am lukrativsten sei, so seine Kritik. Er hätte aber bevorzugt, wenn die privaten Betreiber die Flächenabdeckung sichergestellt hätten, da der ländliche Raum auf eine Breitbandverkabelung angewiesen sei: „Ich sage es deutlich: noch mehr darauf angewiesen ist, als die Ballungszentren, da es um die digitale Lebensversicherung für den ländlichen Raum geht. Nun haben wir es begonnen, dann bringen wir es auch zu Ende. Landkreis und Städte und Gemeinden müssen hier an einem Strang ziehen, was auch erfolgt.“ Wichtig sei die Versorgung der gesamten Bevölkerung. Sollten aber großzügige Doppelnetze entstehen, hält Scheifele einen Bestandsschutz für die Kommunen für fair und angebracht und sollte gesetzlich besser verankert werden. „Denn wir sind in eine Lücke gesprungen, die die Privatwirtschaft in einem ersten Aufschlag nicht geschlossen und nicht bedient hat.“