Durch eine Anzeige der US-amerikanischen Organisation NCMEC sind deutsche Ermittler auf einen heute 39-jährigen Mann aufmerksam geworden, bei dem die Polizei während einer Hausdurchsuchung im Januar 2024 mehr als 4700 kinder- und jugendpornografische Dateien sicherstellte. Teils zeigen diese, wie Kinder und Jugendliche untereinander sexuelle Handlungen vornehmen, teils auch brutale Vergewaltigungen.
Doch mit dem Besitz von kinder- und jugendpornografischen Inhalten nicht genug: Der 39-Jährige hat drei Jungen im östlichen Teil des Landkreises teils beim Masturbieren überrascht und sie dabei ohne ihr Wissen auch gefilmt. Folgend hat er an den Jungen selbst immer wieder sexuelle Handlungen vorgenommen. Seit dem 20. September befindet sich der Mann in Untersuchungshaft.
Angeklagter legt Berufung ein
Behaupten muss sich der bereits verurteilte Missbrauchstäter nun in einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen. Das Amtsgericht hatte in erster Instanz am 13. März eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verkündet. Der Schuldspruch ist rechtskräftig, der Angeklagte legte Berufung ein.
Doch das Ziel der Berufung blieb den meisten Verfahrensbeteiligten während des ersten Verhandlungstags schleierhaft. Als Staatsanwalt Pascal Attrodt den Angeklagten direkt ansprach und fragte, ob er die Haftstrafe für zu hoch empfinde, bejahte dieser die Frage. Woran er das festmache oder wie er darauf komme, wisse er selbst nicht. Nach Ansicht Attrodts ist der 39-Jährige „erstinstanzlich verdammt gut weggekommen.“ Ihm jedenfalls fehle jegliches Verständnis für die Berufung in dieser Sache.
Über das Leben des Angeklagten
Die Vorsitzende Richterin Christine Faust nutzte den ersten Verhandlungstag indes, um mehr über das Leben des Angeklagten zu erfahren. Dieses sei nach Aussage des Angeklagten durch einen alkoholkranken und aggressiven Vater geprägt gewesen, zu dem der Kontakt letztlich abgebrochen sei.
Aufgeklärt habe den heute 39-Jährigen nie jemand. Auch habe er nie sexuellen Kontakt mit anderen Erwachsenen gehabt, obwohl er sich sowohl von Frauen als auch von Männern sexuell angezogen fühle. Auf die Frage, ob er sich von Kindern sexuell angezogen fühle, antwortete der Angeklagte mit „nein.“ Er frage sich selbst jeden Tag, warum er all das gemacht habe.
Ein Urteil soll Ende Juli fallen
Schwer vorstellbar war für die Richterin hingegen, dass jemand ohne jegliches Interesse über Jahre hinweg tausende kinder- und jugendpornografische Inhalte „hortet“ und weiterversendet. „Offensichtlich hat nicht mal die Hausdurchsuchung Eindruck auf Sie gemacht“, fasste sie ihren Eindruck zusammen. „Danach ging es ja direkt weiter.“
Als Christine Faust immer weiter nachfragte, kamen dem Angeklagten die Tränen. Die Sitzung wurde unterbrochen. Später sagte der mit dem Fall beauftragte Kriminalhauptkommissar vor Gericht aus. Er konnte jedoch für das laufende Berufungsverfahren wenig Neues beitragen. Ein Urteil im Berufungsverfahren soll am 31. Juli fallen.