Die Idee eines stationären Hospizes für den Landkreis Waldshut wurde im Jahr 2016 erstmals öffentlich. Seit knapp zwei Jahren gibt es einen Förderverein und im Sommer des kommenden Jahres soll der Spatenstich an der Bahnhofstraße in Tiengen erfolgen. Laufe alles weiter nach Plan, soll die Einrichtung Ende 2023/Anfang 2024 in Betrieb gehen. Bei einer Pressekonferenz im Waldshuter Rathaus, und später im Gemeinderat der Doppelstadt, stellte Holger Karg für den Investor, das Evangelische Sozialwerk Müllheim, die ersten Entwürfe für den Neubau vor.

Versorgungslücke soll geschlossen werden

Das Hospiz soll mit zehn Plätzen und einem Gästezimmer, das bei Bedarf umgenutzt werden kann, die bestehende Versorgungslücke im Landkreis Waldshut schließen. Bislang gibt es stationäre Hospize in Lörrach und in Singen, beide noch mit acht, künftig mit zehn Zimmern. Das Haus in Tiengen soll durch eine Tagespflegeeinrichtung mit zwölf Plätzen sowie eine auf Palliativmedizin ausgerichtete Arztpraxis ergänzt werden. Außerdem sind in dem dreigeschossigen Gebäude mit Tiefgarage auch Mitarbeiterwohnungen vorgesehen. Diese sollen in der obersten Etage, im sogenannten Attikageschoss, entstehen. So sehen es die Pläne das Singener Archtikturbüros Riede vor. Das Herzstück des Gebäudes werde das Hospiz sein, stellte Holger Karg klar.

Landrat Martin Kistler erinnerte an die Anfänge des Projekts: „Um die Versorgungslücke in diesem Bereich zu schließen, hatte ich vor fünf Jahren die Projektgruppe Hospiz ins Leben gerufen.“ Inzwischen sei aus der Idee ein konkretes Vorhaben geworden. Kistler: „Ich freue mich, dass das Hospiz immer mehr Gestalt annimmt.“ Für den Waldshut-Tiengener Oberbürgermeister Philipp Frank ist das Hospiz „eine wertvolle infrastrukturelle Bereicherung nicht nur für die Große Kreisstadt Waldshut-Tiengen, sondern gleichsam für die sich bis zum Ende des Jahrzehnts – mit dem Bau des neuen Kreisklinikums – völlig neu ordnende stationäre Gesundheitslandschaft.“ Am Ende stehe eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Das heißt, aus Sicht des OB gibt es am Ende nur Gewinner.

Die eigentlichen Gewinner werden in zwei bis drei Jahres aber vor allem jene Menschen zwischen Wehr und Jestetten und deren Angehörige sein, die gut begleitet den letzten Weg ihres Leben antreten. Im Hospiz würden Gäste, wie Holger Karg die künftigen Nutzer nennt, im fortgeschrittenen Krankheitsstadium, für die eine kurative Krankenhausbehandlung nicht möglich beziehungsweise eine Heilung ausgeschlossen und eine palliative Versorgung erforderlich ist.

Betrieben wird das künftige Hospiz von der Diakonische Dienste gGmbH, einer 100-prozentigen Tochter des Evangelischen Sozialwerks Müllheim, die seit fünf Jahren das Pflegeheim „Haus am Vitibuck“ in Tiengen betreibt. Von den etwa 90 Mitarbeitern des Heims befänden sich zwölf bereits in Weiterbildung, um sich so für die Arbeit im Hospiz vorzubereiten. Der Neubau ist ein weiterer Mosaikstein in der Betreuung Sterbender. Holger Karg, Vorsitzender des Evangelischen Sozialwerks Müllheim: „Die Vernetzung bestehender palliativer Angebote, wie der speziellen ambulanten Palliativversorgung (SAPV), Hospizgruppen, ehrenamtlich Engagierten, Kirchengemeinden und weiteren Akteuren ist mir ein wichtiges Anliegen.“

Die Finanzierung

Dass das Haus nach Fertigstellung auch wirtschaftlich funktionieren kann, hat sich der Förderverein Hospiez Hochrhein zur Aufgabe gestellt. Dietmar Wieland, Vorsitzender des Vereins: „Jedes Hospiz hat das Problem, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Finanzierung durch die Kranken- und Pflegekassen nur 95 Prozent der laufenden Betriebskosten deckt.“ Damit solle verhindert werden, dass sich aus der Sterbebegleitung ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Mitglied im Förderverein können neben Bürgern auch Unternehmen werden. Die 32 Kommunen im Landkreis Waldshut und der Kreis selbst sind bereits zahlende Mitglieder.

Der Förderverein laut Dietmar Wieland aktuell etwa 170 Unterstützer. Bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Hospizes sollen es im Idealfall 500 sein. Damit, so rechnete Wieland vor, könnte das Betriebskostendefizit auf Dauer gedeckt werden. Zum Ist-Zustand sagte der Vorsitzende: „Ich bin froh und dankbar für das große Spendenaufkommen der Menschen und Institutionen bei uns in der Region.“

So soll es weitergehen

Bis Ende des Jahres sollen nun alle Hürden für das Bauvorhaben aus dem Weg geräumt sein. Ein kurzfristig aufgetretenes Problem indes scheint schon gelöst. Im Zuge der geplanten Elektrifizierung der Hochrheinbahn hätte das potenzielle Baugrundstück als Vorhaltefläche für die Bahn dienen können. Laut Oberbürgermeister Philipp Frank liege inzwischen aber die Zusage des Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für Baden-Württemberg, Thorsten Krenz, vor, dass die Bahn das Gelände nicht benötige und die Planungen weiter vorangetrieben werden könnten. Diese sollen noch in diesem Jahr in einen beschlussfähigen Vorhaben bezogenen Bebauungsplan und bis spätestens Ende März 2022 in einem Bauantrag münden.

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