Die Themen Windkraft und Photovoltaik bewegen die Region. 1,8 Prozent der Fläche des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee sollen für die Windkraft zur Verfügung stehen. Mindestens 0,2 Prozent der Verbandsfläche, welche die Landkreise Lörrach, Waldshut und Konstanz umfasst, sollen es für Freiflächen-Photovoltaikanlagen werden – Tendenz eher mehr.
Das Ziel planungsrechtlich auf den Weg gebracht, hat der hiesige Regionalverband im Frühjahr – im März für die Teilfortschreibung Windenergie, im Mai für die Teilfortschreibung bei der Freiflächen-Photovoltaik. Öffentliche Stellen wie auch Bürgerinnen und Bürger waren aufgefordert, zu den Plänen Stellungnahmen abzugeben. Und davon wurde rege Gebrauch gemacht, wie jetzt der Planungsausschuss der Verbandsversammlung Hochrhein-Bodensee in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung in Waldshut Kenntnis nahm.
Insgesamt gingen allein für den Bereich Windkraft etwa 8750 Stellungnahmen ein. Darunter stammten rund 8550 von Privatpersonen. Der kleinere Rest kam von öffentlicher Seite wie Verbänden, Behörden und Landkreisen. Bei der Freiflächen-Photovoltaik waren es nur 135 Stellungnahmen. Davon stammten etwa 20 von Privatpersonen.
1,8 Prozent heißt 4960 Hektar Fläche
Ziel ist es, sowohl für die Windkraft wie auch für die Freiflächen-Photovoltaikanlagen Vorranggebiete auszuweisen. Bei 1,8 Prozent für die Windkraft vorgesehenen Flächen würde das total ein Gebiet von 4960 Hektar umfassen. Bei 0,2 Prozent für die Photovoltaik wären es 550 Hektar, bei 0,5 Prozent 1380 Hektar. Das rechnete in der Sitzung Verbandsdirektor Sebastian Wilske vor.
Der Plan sei, mindestens drei Windräder pro Vorranggebiet zu bündeln und für die Solarflächen eine Mindestgröße von drei Hektar vorzusehen. De facto ist der Regionalverband jetzt erst einmal mit deutlich mehr als den anvisierten 1,8 Prozent in die Fortschreibung gegangen: 2,7 Prozent oder 7375 Hektar umfassen derzeit die Windenergie-Vorranggebiete. Hotspots im Kreis Waldshut dürften Herrischried und Todtmoos sein. Knapp 0,8 Prozent sind es bei der Photovoltaik.
Mit Einwendungen nur noch 0,5 Prozent übrig
Aber auch klar: Würde man die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden ungeprüft übernehmen, wären nicht einmal mehr die 1,8 Prozent übrig. Gerade mal 0,6 bis 1,5 Prozent Fläche oder 1810 bis 4270 Hektar blieben noch. Würde man die Stellungnahmen der Kommunen ungeprüft übernehmen, würde die Fläche auf 1,1 bis 1,6 Prozent oder 3100 bis 4420 Hektar zusammenschrumpfen. Mit nur 0,5 bis 1,2 Prozent oder 1300 bis 3430 Hektar noch weniger wären es, wenn die Träger öffentlicher Belange mit ihren Einwänden vollends durchkämen.
Mit einem so geringen Prozentsatz, so Wilske, würde das Vorhaben die Steuerungswirkung verlieren. Wilske sagte, dass der Verband mit der großen Zahl an Stellungnahmen seitens Privaten gerechnet habe. Aus der Öffentlichkeit seien aber hauptsächlich nur allgemeine Stellungnahmen eingegangen hinsichtlich Energiewende, Energiesysteme oder Windenergienutzung generell.
Konkreten Themen bei den Stellungnahmen waren die Frage, wie stark der Wind an einem Standort weht, die so genannte Windleistungsdichte. Weiter ginge es um Abstände zu Vogel- und Wasserschutzgebieten. Angeblich sensible Bodenverhältnisse und für die Trinkwasserversorgung wichtige Quellen seien von vielen Kommunen im Zusammenhang mit Windkraft thematisiert worden, hieß es. Bedenken hinsichtlich negativer Auswirkungen auf Tier-, Arten- und Landschaftsschutz, Segelflug, Erholung und Tourismus wurden ebenso laut.

Die Teilfortschreibung zur Freiflächen-Photovoltaik – das nahmen die Ausschussmitglieder mit – ist wohl weniger umstritten. Themen der Stellungnahmen hier waren Abstände zu Waldrändern sowie Fragen zum Einbezug von Solarwärmeanlagen. Zur Entspannung der Lage trägt wohl auch bei, dass die Landwirtschaft Interesse daran hat, mittels so genannter Agri-Photovoltaik auf Äckern auch Solarstrom zu erzeugen.
Die Debatte im Ausschuss
In der Debatte nannte CDU-Fraktionsvorsitzender Andreas Schmid, Bürgermeister von Öhningen im Kreis Konstanz, das Ziel von 1,8 Prozent „recht spannend“ und fragte Wilske: „Bekommen wir das hin?“ Der nannte es eine „Herausforderung“ und äußerte Zuversicht, dass es klappt.
Marion Dammann, Vorsitzende der Freie Wähler-Fraktion und Lörracher Landrätin sagte: „Wir brauchen in der Zukunft viel Strom, auch um grünen Wasserstoff herzustellen.“ Sie warb dafür, die Steuerung des Prozesses zu mehr Solar- und Windenergie nicht aus der Hand zu geben und die Städte und Gemeinden auf dem Weg dorthin zu begleiten.
Johannes Foege aus Weil am Rhein machte für die SPD-Fraktion dem Regionalverband ein „großes Kompliment“. Dieser habe nun ein „Riesenberg Arbeit“ vor sich. Aber es müsse gelingen. Die rege Beteiligung am Verfahren sei für die Region einmalig und beispielhaft, lobte Foege und unterstrich: „Wir alle wollen das Klima schützen.“
„Wir sind Windkraftgegner“, aber sagte Matthias Jehle, Vorsitzender der AfD-Fraktion in der Verbandsversammlung, Co-Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Waldshut und Gemeinderat in Wehr. Man werde zu den Plänen aber dennoch Ja sagen, auch um „Wildwuchs“ bei der Windkraft zu vermeiden. Zudem wolle man auch wissen, wo Vorranggebiete ausgewiesen werden, um dann, im Falle konkreter Bauvorhaben, den örtlichen Widerstand dagegen zu unterstützen. Auf die Wortmeldung Jehles reagierte Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl (SPD): Wer gegenüber Ökostrom lieber auf Atomkraft setze wie Jehle, müsse auch eine Antwort auf die Frage haben, wohin mit dem Atommüll, so Guhl.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Anhörungsverfahren sind jetzt abgeschlossen und die Verwaltung des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee hat mit der Bearbeitung der Stellungnahmen begonnen. Diese werden zu einer Synopse zusammengestellt, die alle eingegangenen Argumente sowie jeweils einen Beschlussvorschlag zur Abwägung erhält. Ziel ist es, die Planungen bis 30. September 2025 als Satzung zu beschließen, so Wilske.