Die Stadt Wehr begrüßt die geplante Ausweisung der Windenenergieflächen in der Region, sieht in direkter Nachbarschaft aber ein hohes Konfliktpotenzial. Durch den Bau eines Windparks im Gebiet Klingenfelsen wäre der Segelflugplatz in Hütten bedroht, befürchtet die Stadt. „Wehr ist zwar daran interessiert, diese Art der erneuerbaren Energiegewinnung zu fördern und zu nutzen, aber nur, wenn sie ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist“, so Michael Thater im Gemeinderat am Dienstag.
Was ist geplant?
Vier mögliche Flächen für Windparks hat der Regionalverband Hochrhein-Bodensee in der Region um Wehr ermittelt. Das Gebiet Hau mit einer Fläche von etwa 84 Hektar zwischen Hasel und Gersbach, das Gebiet Höhberg-Wiedenbach mit etwa 519 Hektar nordwestlich der Gemeinde Herrischried, Abhau-Grabenwald mit etwa 92 Hektar südlich des Hornbergbeckens sowie das Hanggebiet Klingenfelsen zwischen Wehr und Hütten mit etwa 130 Hektar.
Somit ist weit mehr Fläche für Windkraft geschaffen, als die 1,8 Prozent der vom Land Baden-Württemberg vorgeschriebenen regionalen Fläche. So wäre theoretisch das Flächenziel bis September 2025 erreicht. Kommunen können dann über Standorte und Höhe von Windkrafträdern im Detail diskutieren.
Windgeschwindigkeiten wie an der Küste
An der Hangkante Klingenfelsen und im Gebiet um das Hornbergbecken werden Windleistungen von bis zu 310 Megawatt pro Quadratmeter erreicht. „Das sind Standorte mit Küstenqualität“, sagt Sebastian Wilske. Trotzdem stuft der Regionalverband Hochrhein-Bodensee aufgrund von Natur- und Artenschutz beide Gebiete unter Umweltgesichtspunkten als „sehr konfliktbehaftet“ ein.
Windräder würden Flugbetrieb stören
Wehrs Bürgermeister machte im Gemeinderat darauf aufmerksam, dass die Errichtung von Windkrafträdern am Klingenfelsen nicht nur aus ökologischer Sicht hochproblematisch sei. Sondern auch, weil der seit 1974 dort ansässige Segelflugplatz Hütten, der von vielen Wehrern genutzt wird, existenziell bedroht wäre. Windkrafträder würden den Flugbetrieb dort erheblich einschränken, sagte Thater. Außerdem sei der Gleitschirmstartplatz Heue direkt betroffen.
Eine Gefahr für Segel- und Gleitschirmflieger
Eine angenommene Höhe von bis zu 280 Metern (1150 Meter über Meereshöhe), sowie der Radius von Windkrafträdern, würde die „gesetzlich vorgeschriebenen Flugmindestabstände“ unmöglich machen. Da nach Angaben der Luftsportgemeinschaft Hotzenwald e.V. (LGH) die Motorflugzeuge auf 1200 Meter über Meereshöhe und Segelflugzeuge auf 1100 Meter ü.M. ihre Platzrunden drehen. „Das führe zu unlösbaren Konflikten“, so Thater. Nüchtern sagte er „Windräder sind Segelfliegerhäckselmaschinen“.
Das sagen die Räte
Stadträtin Claudia Arnold machte klar, dass sie den Segelflug- und Gleitschirmplatz erhalten möchte. Martina Meyer unterstützte die Stellungnahme der Stadt, wollte aber etwaige Kulturdenkmäler berücksichtigt wissen. Stefan Tussing ärgerte sich über den ganzen Vorgang und plädierte für eine Innenraumverdichtung, „bevor die Freiflächen zugepflastert werden“. Davon war ebenfalls Björn Griener überzeugt, der sich für die landwirtschaftlichen Betriebe einsetzte. Aus Paul Erharts Sicht gebe es „andere auserwählte Gebiete ohne Konfliktpotenzial“. Der Vorschlag der Stadt, auf einen Windpark am Klingenfelsen zu verzichten, stieß im Gemeinderat mehrheitlich auf Zustimmung, wobei es drei Enthaltungen gab.
Über eine Stunde war die Windenergie Thema im alten Schloss. Im Ratssaal anwesend war auch der Bürgermeister Rickenbachs, Dietmar Zäpernick. Sein Interesse galt der Abstimmung. Das Klingenfelsengebiet liegt schließlich zu 80 Prozent in seiner Gemeinde. Zäpernick gab ohne klare Stellungnahme zu erkennen, dass er es ähnlich wie die Stadt Wehr sehe.
Bis 20. September hat der Regionalverband Hochrhein-Bodensee die Frist gesetzt, Vorbehalte zu den vier ausgewiesenen Flächen einzureichen. So passte es zeitlich gut, dass das Thema noch vor der Sommerpause und vor der Konstituierung des neuen Gemeinderates in Wehr auf den Tisch kam.