Kreis Waldshut (pm/gan) Wer als weibliche Person im Landkreis wohnt, hat unter Umständen ein Problem. Denn die gynäkologische Versorgung ist auf einem Tiefstand. Daher haben sich Vertreter verschiedenster Interessengruppen im Klinikum Hochrhein getroffen, um sich auszutauschen, informiert das Klinikum in einer Mitteilung. 50 Prozent der Gynäkologen im Landkreis seien 60 Jahre und älter. Für Corinna Große, Kreisvorsitzende der Frauen Union, ein alarmierendes Zeichen, das sie und die CDU‐Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann‐Müller dazu bewegt habe, zu einem Gesprächskreis ins Klinikum einzuladen. Neben Vertretern der Ärzte seien auch die Kassenärztliche Vereinigung, Klinikgeschäftsführer Hans‐Peter Schlaudt sowie Vertreterinnen von Interessengruppen geladen gewesen. Dabei verdeutlichte sich laut Mitteilung: Die Situation ist alarmierend. Denn weitere Praxen werden in Bälde schließen, ohne eine Chance auf einen Nachfolger. Von 14,5 möglichen Kassensitzen seien derzeit lediglich zehn besetzt.
Dies habe zur Folge, dass viele Frauen keinen Gynäkologen mehr finden. In ihrer Not suchen diese dann die gynäkologische Ambulanz des Klinikums auf, berichtete Eleonore Gisy, Chefärztin der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Allein 2023 seien es 4300 Untersuchungen gewesen. „80 Prozent dieser Patientinnen wären durch eine gute Praxisabdeckung versorgt gewesen“, so Gisy. Sie führte aus, dass der Andrang in der Ambulanz zur Folge habe, dass die stationären Patientinnen untergingen. Im ambulanten Sektor spiele ein weiteres Problem in die Thematik hinein: Gynäkologin Birgit Steiner berichtete, dass auch die Suche nach Medizinischen Fachangestellten zunehmend schwieriger werde. Doch auch die Patientinnen selbst tragen mit Sorge dafür, dass sich die Versorgung verschlechtert, weil sie zunehmend Termine nicht absagen, heißt es weiter.
Kai Sonntag, Leiter der Stabsstelle Presse‐ und Öffentlichkeitsarbeit der KV Baden‐Württemberg, verwies diesbezüglich auf die Rufnummer 116 117. Aus dem Kreis der Anwesenden wurde ihm entgegengehalten, dass hier eine zuverlässige Erreichbarkeit nicht gegeben sei. Prof. Dr. med. Michael Faist, Berater der Kassenärztlichen Vereinigung, betonte indes, dass in Deutschland nicht zwingend ein Arztproblem – sondern ein Arztzeitproblem bestehe. „Es gibt kein anderes System, bei dem man sich kostenlos 24/7 rundum versorgen lassen kann. 4,5 Milliarden Euro stehen in Baden‐Württemberg zur Verfügung, um diese Kosten zu decken. Wir haben ein Ressourcen‐ Allokationsproblem und betreiben Mangelverwaltung in der Daseinsfürsorge. Mein Appell an die Politik: Eine kostenlose Rundumversorgung ist nicht mehr möglich mit diesen Budgets.“ Faist bezog sich dabei auf eine sehr komplexe Thematik im ambulanten Sektor. Denn das Geld, das Ärzte für die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten erhalten, sei nach oben hin begrenzt. Der Hausarzt erhalte pro Patient und Quartal einen Pauschalbetrag, unabhängig vom Umfang der Behandlung. Hartmann‐Müller versprach, die Themen mit nach Stuttgart zu nehmen.