„Schönauer Weltmeistertrainer 2014 Jogi Löw, wir sind stolz auf dich“ steht auf den großen Tafeln am Ortseingang und am Ortsausgang von Schönau im Schwarzwald. Wie viele Menschen hier schon Fotos gemacht haben, ist unklar. Klar ist aber: Es waren sehr viele. Das kleine Städtchen mitten im Wiesental hat Bekanntheit erlangt durch „ihren“ Bundestrainer. Er ist einer von hier und das wird er auch bleiben. Hier besucht er seine Familie, hier kann er sich zurückziehen. Und die Schönauer werden ihn – auch nach dem Ende seiner Bundestrainer-Karriere – weiterhin in Ehren halten.
Es hängt nicht alles am Trainer
„Wir bedauern sehr, dass er nicht mehr Bundestrainer ist, aber ich finde es gut, dass er diese Entscheidung selbst getroffen hat“, sagt Schönaus Bürgermeister Peter Schelshorn im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Ob die Entscheidung zu spät kam, könne man diskutieren. Macht er aber nicht. Schelshorn sei überzeugt gewesen, dass es die deutsche Mannschaft auch in der diesjährigen Europameisterschaft bis ins Finale hätte schaffen können. Im Fußball handle es sich teilweise um Glücksentscheidungen und nicht immer sei der Trainer an allem schuld. Es gebe 80 Millionen Bundestrainer abseits vom Platz, aber nur einer müsse den Kopf herhalten. „Ich würde nicht mit ihm tauschen wollen“, so Schelshorn.
„Es ist sehr viel Stolz da in Schönau.“Bürgermeister Peter Schelshorn
Große Jogi-Tafeln bleiben hängen
Im Umfeld höre er von vielen Bürgern, die immer noch ganz stolz seien auf Jogi Löw. „Er hat unheimlich viel geleistet in den vergangenen 15 Jahren, das darf man nicht vergessen“, betont der Bürgermeister. Löw gehöre zu den erfolgreichsten deutschen Fußball-Bundestrainern. Und die Schönauer werden ihn auch deshalb weiter feiern. Die riesigen Tafeln an den beiden Ortseingängen werden stehen bleiben. „Es wäre touristisch die vollkommen falsche Entscheidung, sie abzuhängen“, so Schelshorn, der auch erzählt, wie in bayrischen Orten die heimischen Sportler gefeiert werden. Man sei derzeit in Überlegungen, weitere Informationen wie etwa den Lebenslauf oder die Erfolge von Löw an den Tafeln anzubringen.

Neben den Tafeln wurde auch das Schönauer Wappentier, Hirsch „Fridu von der Linde“, vom Team von Maler Asal umgestaltet. „Danke Jogi“ steht auf dem Tier im Deutschland-Trikot.

Jogi Löw als Überraschung beim Empfang
Im Oktober 2012 wurde Schelshorn Bürgermeister von Schönau und Vorsitzender des Gemeindeverwaltungsverbands. Im Juli 2013 lud er den Bundestrainer zum Empfang der Ehemaligen ins Schönauer Rathaus ein, im Rahmen der 900-Jahr-Feier der Stadt. Schelshorn verkündete im Saal, dass Löw abgesagt hatte, obwohl er wusste, dass er kommt. Es sollte eine Überraschung werden.

Nachdem sich dann die Ankunft des Trainers im Ort rumgesprochen hatte, war die Aufregung groß und vor dem Ratssaal schrieb Löw zahlreichen kleinen Fans Autogramme.

Schönau schenkt Weltmeistertrainer Löw einen Riesen-Empfang
Doch ein Jahr später – die ganz große Party in der mit rund 2400 Einwohnern doch kleinen Stadt. Jogi Löw wird drei Monate nach dem Titel als Weltmeister-Trainer zum Empfang in seine Heimatstadt eingeladen. Im Gymnasium wird er zum Ehrenbürger ernannt. Zum Fest unter freiem Himmel, das zahlreiche Medien begleiteten, kamen über 2000 Leute. Löw bekennt seine Heimatverbundenheit, sagt „Ich bin hier zuhause“ und streckt den WM-Pokal in die Höhe, gibt Autogramme, trifft alte Bekannte. Alle jubeln.

An diesem Tag wird auch das Schönauer Fußballstadion in „Jogi-Löw-Stadion“ umbenannt. Löw freut es. Denn dort erlernte er einst das Fußballspielen.

Einen solchen Empfang möchte die Stadt Schönau nicht mehr machen. Auch für Löw selbst war dies der einzige große Auftritt in der Heimatstadt, weil er keinen Rummel um seine Person machen möchte. „Aber er bekommt eine Führung durch unsere neue Halle“, kündigt Schelshorn an. Im Gespräch spürt man gleich den großen Respekt den Schelshorn Löw entgegenbringt. Auch Respekt vor der Privatsphäre des Trainers wird hier groß geschrieben. Denn bringe doch die Bekanntheit für Löw auch viel Unruhe in den Alltag. Der in Freiburg wohnende Löw besucht seine Heimatstadt zwar regelmäßig, zeige sich dort aber kaum noch in der Öffentlichkeit. „Er braucht jetzt erst einmal Zeit und Ruhe“, so der Bürgermeister.
Es bleibt in der Familie
Heute trainiert Christian Lais, Cousin von Jogi Löw, die erste Mannschaft des FC Schönau 08. Bewirtet werden die Kicker von keinem anderen als Pit Löw, dem Bruder von Jogi Löw, der die Vereinsgasstätte betreibt. Als Christian Lais in diesem Jahr die erste Mannschaft übernahm, veröffentliche der FC im Facebook am 1. April, dass Jogi Löw Co-Trainer wird. Natürlich nur ein Aprilscherz.
„Jogi war damals schon herausragend“
Einer, der schon in der Kindheit mit Jogi Löw einige Jahre auf dem Fußballplatz stand, ist Werner Hornig. Er betreibt in Schönau ein Reisebüro. Sie spielten überall – auf dem Sandplatz vor Löws Zuhause, oben auf dem Letzberg, im Schönauer Ortsteil Brand oder im Stadion. Tag und Nacht. „Jogi war damals schon herausragend“, erzählt Hornig. „Er ist zwei Jahre jünger als ich und hat mit uns Älteren gespielt.“

Sie spielten im damaligen TuS Schönau. Damals gab es sowohl den TuS als auch den FC Schönau, die Derbys der beiden Teams waren legendär. Gemeinsam haben Hornig und Löw mit der D-Jugend des TuS Schönau ihre erste Meisterschaft gewonnen. 117 zu 1 Tore und 21 zu 1 Punkte, erinnert sich Hornig noch ganz genau.
„Ich bekomme gerade Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.“Werner Hornig, spielte mit Jogi Löw Fußball in Schönau
Zum großen Weltmeister-Empfang 2014 stand Löws erste Meister-Mannschaft – also die D-Jugend von damals – Spalier. „Wir haben alle zusammengetrommelt und ihn damit überrascht.“
Natürlich sei es schade, dass Löw nun kein Bundestrainer mehr ist. Nach 15 Jahren sei es aber Zeit geworden, dass er aufhöre. „Klar, war er die letzten Jahre nicht so erfolgreich, aber kein Fußball-Land ist immer im Hoch“, sagt Hornig. Löw habe viel einstecken müssen und er habe es nicht verdient, so unter der Gürtellinie angegriffen zu werden wie dies in den vergangenen Jahren der Fall war. „Es ist gut für ihn, dass er sich nun anderen Dingen widmen kann und vom Stresslevel runterkommt.“