Wie kann das fortschreitende Apothekensterben aufgehalten werden, und welche Lösungen gibt es für die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum? Mit diesem Thema beschäftigte sich eine Runde aus Kommunalpolitikern, Vertretern des Landratsamtes Waldshut und der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg bei einem Gespräch im Todtmooser Rathaus.

Der Apothekerpräsident: „Sie werden nicht in jeder Gemeinde eine Apotheke halten können!“

Klar wurde, dass es vielschichtige Gründe für den Wegfall von Apotheken in kleinen Gemeinden gibt, und nicht die eine Patentlösung das Problem beheben kann. Der Apotheker-Landespräsident Martin Braun machte deutlich, dass aus personellen und wirtschaftlichen Gründen diese Entwicklung nur schwer zu stoppen sei: „Sie werden nicht in jeder Gemeinde eine Apotheke halten können!“

Zum einen gebe es zu wenige Apotheker und qualifizierte Mitarbeiter, so Braun. Eine Apotheke sei erst ab 3000 Einwohnern rentabel. Dennoch sei es wichtig, Ansatzpunkte insbesondere für den Erhalt der noch existierenden Apotheken zu haben.

Braun brachte die Schaffung sogenannter Zweigapotheken ins Gespräch. Grundlage hierfür ist nach seinen Angaben die Meldung einer Notlage, die vom Regierungspräsidium festgestellt werden muss. Die Zweigapotheke sei zudem an starke Bedingungen geknüpft, so Braun.

Der Höchenschwander Bürgermeister will die Vorgaben für Zweigapotheken senken

Bürgermeister Sebastian Stiegeler aus Höchenschwand forderte als Konsequenz, die strengen Vorgaben für Zweigapotheken herunterzusetzen. Diese Lösung sah Michael Kunkel, Apotheker aus Titisee-Neustadt, kritisch: „Wir können als Heilberufler manche Entscheidungen nicht mittragen.“ Für Zweigapotheken gebe es zu wenig Personal. Auch für Braun ist eine Zweigapotheke eine reine Abgabestelle für Medikamente ohne fachkundige Beratung.

Apothekenfunktionäre und Kommunalpolitiker sind sich in manchen Fragen nicht einig

Bürgermeister Tobias Gantert aus Ühlingen-Birkendorf sah dies anders: „Eine Pharmazeutisch-technische Angestellte kann auch gut beraten!“ Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung einer Apothekenfiliale, in der allerdings ein ausgebildeter Apotheker präsent sein müsse.

Die gängige Praxis, dass in Gemeinden ohne Apotheke der Botendienst anderer Apotheken die Belieferung übernimmt, betrachtet Bürgermeister Stiegeler „als eine Lösung für den Moment“. Apotheker-Funktionär Braun entgegnete: „Das ist aktuell die vernünftigere Grundlösung als eine Zweigapotheke.“

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Der Todtmooser Bürgermeister Marcel Schneider stellte grundsätzlich die Frage: „Müssen wir uns nicht öffnen und neue Wege gehen?“ Corinna Schweizer, Leiterin des Gesundheitsdezernats im Landratsamt Waldshut, forderte neue Modelle der Versorgung und die Zusammenarbeit über Netzwerke: „Wir müssen uns alle zusammen überlegen, was zu tun ist.“ Der Ühlingen-Birkendorfer Bürgermeister erklärte zur Situation in den Rathäusern: „Wir sind nicht die Verursacher der Probleme, diese schlagen aber bei uns auf.“

Apotheker-Präsident Braun schlug eine gemeinsame Versammlung von betroffenen Kommunen und Landkreisen vor, um Material zu sammeln und Forderungen an die Politik zu stellen. Der Todtmooser Bürgermeister antwortete ihm: „Wir sollten einen gemeinsamen Weg gehen. Hierzu brauchen wir aber ein Stück weit ihre Unterstützung.“