Eine tumultartige Szene hat sich am Samstag, 26. Oktober, in der Gemeinschaftsunterkunft in Wyhlen im Landkreis Lörrach abgespielt. Zwei Leichtverletzte und Ermittlungsverfahren gegen fünf Männer ist die Bilanz der Polizei von diesem Tag. Mehrere Polizeistreifen, Bundespolizei und Sicherheitsdienst beruhigten die Situation vor Ort. Bei der Auseinandersetzung zwischen den 22 und 32 Jahre alten Heimbewohnern soll auch eine Bedrohung mit einem Messer eine Rolle gespielt haben.
Eine Amiko-Helferin wird Zeuge
„Ein Mann ist aus der GU gerannt, ein zweiter ihm hinterher. Erst hielt ich das für ein Spiel, bis ich sah, dass ein dritter – ein Security-Mann – ihnen hinterherrannte“, berichtet eine Amiko-Helferin. Der Name ist der Redaktion bekannt. Weil sie Anfeindungen fürchtet, wird die Helferin nicht namentlich genannt. Die Flüchtlingshilfe Amiko hatte nur wenige Stunden vor dem Vorfall einen Flohmarkt bei der GU organisiert. Die Helferin hielt sich auch noch nach dem Flohmarkt in der Nähe der GU auf.
Die Security gibt ihr Bestes
Die Amiko-Helferin erzählt, dass es „ein riesen Geschreie und Gemache war“. Die Security habe ihr Bestes gegeben, auch GU-Bewohner hätten bis zum Eintreffen der Polizei versucht, die Lage zu deeskalieren, erzählt sie. „Als Amiko-Helfer ist es schwierig, so etwas anzusehen. Viele Bewohner wollen unsere Hilfe und sind dankbar dafür. Aber es gibt auch Menschen, die in schlechteren Welten aufgewachsen sind und ihre Narben durch die Welt tragen, egal wohin sie flüchten.“
Darum häuft sich in jüngster Zeit
Zuständig für die Gemeinschaftsunterkunft (GU) ist das Landratsamt Lörrach. Dass es in der GU zwischen den Bewohnern zu ausufernden Streitigkeiten kam, sei eine neuere Entwicklung. „Bisher wurde immer mal wieder die Polizei gerufen. Zumeist ging es dabei um Themen wie Ruhestörung. Erst seit rund zwei Wochen gibt es Auseinandersetzungen unter den Bewohnern, die konkret auf drei bis vier Bewohner zurückzuführen sind, die erst seit Kurzem in dieser Unterkunft leben“, erklärt Torben Pahl, Pressesprecher des Landratsamtes, auf Anfrage dieser Zeitung.
Die Polizei nennt auf Anfrage konkrete Zahlen: 25 Einsätze zählt sie seit Eröffnung der Gemeinschaftsunterkunft Ende Juni. Die meisten Einsätze fanden laut Polizei wegen Ruhestörungen und Streitigkeiten infolge von Lärm zur Nachtzeit statt. Erst in der letzten Zeit wurden mehrere kleinere Auseinandersetzungen registriert.
Nach dem Flohmarkt geht‘s los
Ute Henninger-Sehling, Mitbegründerin der Flüchtlingshilfe Amiko, engagiert sich mit Flüchtlingshelfern in der GU Wyhlen. Sie geben Sprachunterricht, veranstalten Spielenachmittage oder auch einen Verschenkflohmarkt mit Kaffee und Tee, wie am vergangenen Samstag. „Es war so ein schöner Morgen – ganz friedlich und harmonisch“, beschreibt Ute Henninger-Sehling die Stimmung am Samstagmorgen, als sie mit Helfern um 10 Uhr den Verschenkflohmarkt aufgebaut hat. Um 12.30 Uhr war der Flohmarkt vorüber, und die meisten Helfer von Amiko, wie auch Ute Henninger-Sehling, gingen wieder.
Ein Großaufgebot der Polizei trifft ein
Zwei Stunden später kippte die Stimmung offensichtlich, und ein Großaufgebot der Polizei traf bei der GU ein. Bürgermeister Tobias Benz spricht sich auf Anfrage dieser Zeitung für eine Null-Toleranz-Strategie aus: „Wer als geflüchteter Mensch nach Deutschland kommt und hier Straftaten verübt, hat sein Gast- und Schutzrecht verwirkt und ist unverzüglich in sein Heimatland zurückzuführen.“ Zugleich bedauert Benz aber auch das Handeln einiger Menschen in den sozialen Medien. Dort wurden laut Benz „leider sofort eigene Versionen verbreitet, von Messerstecherei mit mehreren Verletzten war die Rede. Ich möchte nichts beschönigen, man darf aber auch nicht unnötig aufbauschen und alle Geflüchteten über einen Kamm scheren.“
Die meisten Bewohner sind friedlich
Was Vorfälle in der GU Wyhlen anbelangt, habe der Bürgermeister laut eigener Aussage „von Kleinigkeiten abgesehen, keine Kenntnis bekommen.“ Es sei ihm auch nichts aus der Bevölkerung oder von Nachbarn herangetragen worden. Es habe im Gegenteil bis jetzt eher positives Feedback gegeben. Gegen Falschbehauptungen im Internet verwehrt sich Bürgermeister Benz: „In den sozialen Medien wird behauptet, die Landrätin und ich hätten bei der Info-Veranstaltung im Januar versprochen, so etwas werde nicht passieren, und es kämen nur freundliche Menschen. Das ist eine dreiste Lüge und Verdrehung der Tatsachen.“ Weiter führt Benz aus: „Unsere beiden Aussagen waren, dass die Erfahrung, etwa aus der GU Kraftwerkstraße, zeigt, dass die überwiegende Anzahl der Geflüchteten friedlich ist und sich gut verhält. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass Einzelne sich nicht an die Regeln und die Ordnung halten.“
Die Polizei sprach kurz nach dem Vorfall davon, dass einer oder mehrere Beteiligte aus der GU Wyhlen in eine andere Unterkunft umgesiedelt werden könnten. Das Landratsamt macht dazu derzeit noch keine konkreten Angaben: „Welche Maßnahmen sinnvoll sind, hängt immer vom Einzelfall ab“, erklärt Pahl. Laut Polizei handelt es sich bei den fünf Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, um Asylbewerber. Was den Beteiligten nun drohen könnte, ist eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts einer gefährlichen Körperverletzung und Verdacht der Bedrohung, heißt es von Seiten der Polizei.