Wenn im Waldshuter Kreistag oder einem seiner Ausschüsse über die Unterbringung von Flüchtlingen gesprochen wird, haben Landrat Martin Kistler, Sozialdezernent Ulrich Friedelmeier und Axel Albicker, der Leiter des Kreissozialamts, schon finsterer drein geblickt als derzeit. Albicker berichtete in der jüngsten Sitzung des Kreistags-Ausschusses für Arbeit, Jugend und Soziales von einer weitgehend entspannten Lage. Seit Monaten schon weise das Land den Kreisen sehr wenige Flüchtlinge zu.
Weitere Gemeinschaftsunterkunft in Wehr geplant
Er geht aber davon aus, dass der Landkreis in den Wintermonaten wieder deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen muss. Deshalb werde man voraussichtlich schon im kommenden Monat eine 13. Gemeinschaftsunterkunft anmieten, sagte Albicker. Die sogenannten Bayer-Häuser an der Wehratalstraße in Wehr-Öflingen bieten Platz für knapp 100 weitere Flüchtlinge. Bis Ende 2019 hatte der Landkreis in diesen Häusern schon einmal Flüchtlinge untergebracht.
Eigentlich gibt es in den angemieteten Gemeinschaftsunterkünften im Kreis genügend Plätze für die Unterbringung der vom Land zugewiesenen Flüchtlinge. Das Problem ist die zu hohe Fehlbelegungsquote. Das heißt, in den aktuell noch zwölf Unterkünften leben zu viele Menschen, die die Gemeinschaftsunterkunft schon längst hätten verlassen müssen. Die Städte und Gemeinden aber können wegen der allgemeinen Wohnungsnot ihrer Pflicht zur Anschlussunterbringung nicht nachkommen.
In Zahlen: Von den derzeit 1028 Plätzen in Gemeinschaftsunterkünften im Kreis Waldshut sind 806 belegt. Das entspricht einer Belegungsquote von 78 Prozent. Da Albicker davon ausgeht, dass das Land im Herbst und Winter wieder mehr Flüchtlinge zuweisen wird, dürfte der Platz knapp werden. Die Anmietung der Häuser an der Wehratalstraße in Öflingen soll den Druck nehmen. Denn sowohl Albicker als auch der Landrat gehen nicht davon aus, dass die Fehlbelegungs-Quote bald geringer wird.
Einige Flüchtlinge müssten vorläufige Unterbringung verlassen
71 der 806 Flüchtlinge müssten die vorläufige Unterbringung eigentlich sofort in Richtung Anschlussunterbringung verlassen. Hinzu kommen 222 Personen mit einer guten Bleibeperspektive, die die vorläufige Unterbringung auch sofort verlassen müssten. Darüber hinaus würden bis Jahresende 76 weitere Flüchtlinge die zweijährige Aufenthaltsdauer erreichen. Auch sie müssten dann die vorläufige Unterbringung verlassen.
Auffallend ist, dass viele Flüchlinge aus Staaten kommen, in denen es nach allgemeinen Standards keinen Fluchtgrund gibt. Mit 270 kommen die meisten der vom Landkreis untergebrachten Flüchtlinge aus der Türkei. Es folgen 158 Syrer, 79 Afghanen, 61 Flüchtlinge aus der russischen Föderation und 37 aus Georgien. 72 Prozent der Geflüchteten sind Männer, 28 Prozent Frauen.
So sieht es mit Flüchtlingen aus der Ukraine aus
Entspannt stellt sich auch die Situation der Flüchtlinge aus der Ukraine dar. Mit einer Quote von 1,58 Prozent, so sagte Albicker, liege der Landkreis um 0,03 Prozent im Quotenplus, so dass in nächster Zeit keine Zuweisungen weiterer Flüchtlinge aus der Ukraine in den Landkreis zu erwarten seien. Eigentlich sollten derzeit 3171 Flüchtlinge aus der Ukraine im Landkreis leben. So viele nämlich sind seit Ausbruch des Krieges dort im Kreis registriert worden. Tatsächlich aber leben nur 2706 aus der Ukraine geflüchtete Menschen im Landkreis.
Keiner von ihnen, so freute sich Albicker, lebe in einer Gemeinschaftsunterkunft. Sie alle hätten auf dem freien Markt ein Dach über dem Kopf gefunden. Überproportional viele Flüchtlinge aus der Ukraine leben in St. Blasien und Höchenschwand. Mehr als 450 haben den Landkreis bereits wieder verlassen.