Der Anstich eines Bierfasses ist immer eine tolle Sache. Es ist symbolischer Startschuss für einen festlichen Anlass. Es sorgt in der Regel für ausgelassene Stimmung, oft auch deswegen, weil die Anwesenheit bei der offiziellen Eröffnung einer Feier bisweilen auch mit Freibier belohnt wird. So ein Fassanstich ist, kurz gesagt, einfach eine rundum positive Angelegenheit.
Die Feuerprobe für jeden Rathaus-Chef
Dabei galt natürlich immer eine Ausnahme. Für denjenigen, der das Fass ansticht – in aller Regel handelt es sich hierbei um den Bürgermeister -, war dieser feierliche Akt gleichsam eine Feuerprobe, bei der es nur zwei Optionen gibt: Entweder geht man daraus als strahlender Festzelt-Held hervor. Oder man endet man als begossener Pudel und versieht möglicherweise auch noch die versammelte Festgemeinde mit einer Bierdusche.
Und als Rathaus-Chef darf man sich eines sicher sein: Das Ergebnis der Bemühungen am Bierfass sind so oder so hinterher in aller Munde und meist noch eine Weile Gegenstand der Gespräche in der Gemeinde.
Es lastete also seit jeher nicht nur ein großer Druck auf dem Bierfass, sondern vor allem auf den Schultern der Bürgermeister. Der Gang auf die Bühne, wo das Bierfass steht – es war immer ein Nervenkitzel, der allenfalls im Zuge der Erfahrungen vieler Amtsjahre geringer wurde. Zumindest galt das bis jetzt.

18 Bürgermeister erhalten professionelle Schulung
Denn der Weilheimer Bürgermeisters Jan Albicker hatte mit seinen Amtskollegen im Kreis ein Einsehen. In Zusammenarbeit mit der in seiner Gemeinde ansässigen Brauerei Waldhaus initiierte er die erste Fassanstich-Schulung für Bürgermeister. 18 Rathaus-Chefs nutzten die Gelegenheit, sich kompetent in der Disziplin Fassanstich unterweisen zu lassen.
Die Waldhaus-Crew um Brauerei-Chef Dieter Schmid und Braumeister Benny Ebner hatte großen Spaß daran, das nötige Fachwissen weiter zugeben, wie Schmid versichert. Denn Tradition und Braukultur verpflichten einfach. Es steht auch zu vermuten, dass dem überzeugten Brauer auch das Herz schmerzt, wenn er mit ansehen muss, wie das kostbare Nass aufgrund inkompetenter Handhabe des Zapfenden ungenutzt verspritzt wird.
Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen
So durften die Bürgermeister die Technik des stilvollen und treffsicheren Hammerschlags üben, üben und nochmals üben. Mit sicherheit eine feuchtfröhliche Angelegenheit. Wie viele Fässer am Ende angestochen wurden, wer sich besonders ungeschickt angestellt hat und was mit dem ganzen Inhalt der Übungsfässer passiert ist? All das ist leider nicht im Detail überliefert.
Mehr denn je lohnt sich nun jedenfalls, den Bürgermeistern auf die Finger zu schauen, denn nun trennt sich die Spreu der Fassanstich-Autodidakten vom Weizen der professionell geschulten Anstich-Ästheten, die unter Anwendung formvollendeter Schläge den Stopfen des Zapfhahns präzise ins Fass dengeln, um nach vollzogenem Akt lautstark zu verkünden: „O‘zapft is!“