Der Kindergarten- und Schulalltag sieht momentan ohnehin schon völlig anders aus, als es die Kinder gewohnt sind. Und seit die Herbstferien vorbei sind, kam noch eine Neuerung hinzu. Ausgestattet mit extra warmer Kleidung oder mit Decken liefen die Kinder zur Schule. Denn es wurde kälter. Und: Als Maßnahme gegen eine Verbreitung des Coronavirus muss in den Räumen alle 20 Minuten quer gelüftet werden. Fenster und Türen auf, heißt dann die Devise. Wer mitten in der Zugluft sitzt, friert. Und mit den Minus-Graden im Winter könnte es dann so richtig kalt werden.
Was ist die Alternative?
„Das ist einfach nicht das Mittel der Wahl und wenn den Kindern kalt ist, ist das in der Corona-Zeit nicht förderlich für ihre Gesundheit“, sagt Anja Hanke, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Lörrach, deren Zuständigkeitsbereich den Schulamtsbezirk Lörrach und damit die Landkreise Lörrach und Waldshut umfasst, im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Die GEW hat nun eine Online-Petition gestartet, in dem sie vom Land fordert, in den Einbau von Luftfilteranlagen in den Schulen zu investieren.
Viele Schulen, die Fenster gar nicht öffnen können
Dass das Lüften gegen die Verbreitung der Viren helfe, sei ja erwiesen, so Hanke. Aber: „Es gibt in unserer Region viele Schulen, in denen Fenster nur gekippt oder sogar gar nicht geöffnet werden können“, sagt die GEW-Vorsitzende. Das sei ein bauliches Problem. Recherchen hätten ergeben, dass es eine Milliarde Euro kosten würde, die Klassenzimmer deutschlandweit mit Luftfilteranlagen auszustatten, so die Petitions-Initiatoren. Wenn man diese Summe den Beträgen für die Wirtschaftshilfe gegenüberstelle, werde klar, dass Schulen und Kindergärten völlig hinten angestellt wurden, so Hanke. Auch wenn es Kritik an den Anlagen gebe, da sie klimatechnisch nicht von Vorteil wären, sei aber auch das ständige Lüften nicht klimaschonend.

Wie funktionieren die Anlagen?
Die Luftfilteranlagen würden die ganze Raumluft anziehen und diese dann durch Filter gereinigt wieder rauslassen, erklärt Hanke das Prinzip. „Wissenschaftler sagten, dass die Luft damit nahezu komplett gereinigt wird und laut Studien wäre der Raum zu 99 Prozent von Viren befreit“, sagt die GEW-Vorsitzende. Innerhalb einer Stunde sei die Luft im Klassenzimmer komplett ausgetauscht.
Wer soll die Anlagen finanzieren?
Eigentlich müsste eine solche Ausstattung von den Schulträgern, also den Kommunen, finanziert werden. „Doch das geht unserer Meinung nach nicht, denn dann sind die Bildungseinrichtungen abhängig von der Finanzkraft der einzelnen Kommune“, sagt Hanke. Die GEW fordert nun also, dass das Land die komplette Summe finanziert, also ein zentrales Maßnahmenpaket wie es auch bei der Digitalisierung der Schulen der Fall war.
Was passiert mit der Petition?
Erst am Montag stellte Hanke die Petition auf der Online-Plattform Openpetition online. Zunächst habe sie alle GEW-Mitglieder im Landkreis Lörrach informiert. Nun möchte sie es auch im Landesverband streuen. Denn das Quorum liegt bei 20 000 Stimmen. „Das ist eine ganze Menge“, so Hanke. Das bedeutet: Erst wenn so viele Stimmen zusammenkommen, wird der Petitionsausschuss des Landtages sich mit der Forderung befassen. Das Ziel der Petition: „Wir wollen alles tun, damit der Unterricht weiter möglich bleibt und damit die Lehrkräfte als auch die Schüler geschützt sind“, sagt Hanke. Man hätte in diesem Punkt schon viel früher aktiv werden können. Der Einbau der Anlagen würde sicherlich lange dauern, aber auch Corona dauere noch lange, sagt sie.
„Eine solche Petition ist auch immer ein politisches Signal. Bald sind Wahlen und diejenigen, die unterschreiben, sind ja auch Wähler, die ihre Unzufriedenheit ausdrücken. Und vor allem Eltern sind eine wichtige Gruppe“, erklärt die Vorsitzende der Gewerkschaft. Anja Hanke ist zudem Vorsitzende des Personalrats des Schulamts Lörrach, welches für die Landkreise Lörrach und Waldshut zuständig ist. Sie war selbst viele Jahre als Lehrerin tätig.
Aktuell haben rund 850 Menschen aus Baden-Württemberg, überwiegend aus der Region, die Petition unterschrieben. Die Petition finden Sie hier.