Am Samstag wird Prinz Philip zu Grabe getragen. Im Alter von 99 Jahren und nach 73 Jahren Ehe an der Seite von Königin Elisabeth II. ist er am 9. April auf Schloss Windsor gestorben. Wegen der Corona-Pandemie wird an der Trauerfeier in der St. George‘s Chapel nur der engste Kreis an Verwandten und Vertrauten teilnehmen. Darunter sind mit Bernhard Erbprinz von Baden, Donatus Prinz Landgraf von Hessen und Philipp Prinz zu Hohenlohe-Langenburg auch drei Deutsche – Bernhard und Philipp sind Großneffen des Verstorbenen.

Philip hielt zu Lebzeiten stets engen Kontakt zu seiner deutschen Verwandtschaft. Einen dieser Besuche durfte der heutige Laufenburger Stadtarchivar Martin Blümcke (85) miterleben. Er aß dabei mit Prinz Philip nicht nur zu Abend und sah mit ihm fern, sondern trat ihm für die Zeit des Besuchs sogar sein Badezimmer an ihn ab.

Die Begegnung ereignete sich in dem nördlich von Schwäbisch Hall gelegenen Landstädtchen Langenburg. In dem auf einem Bergrücken steil über dem Jagsttal gelegenen Schloss hatte 1957 Martin Blümcke bei Gottfried Fürst zu Hohenlohe-Langenburg eine Stelle als Hauslehrer angetreten. Der damals 21-jährige Volkskundestudent sollte Gottfrieds 13-jährige Zwillingssöhne Albrecht und Ruprecht unterrichten.

Queen Victoria und Zar Alexander II. gehörten zu den Verwandten

Die Hohenlohe-Langenburgs bildeten eine Seitenlinie des alten Hochadelsgeschlecht derer von Hohenlohe und waren mit vielen anderen bedeutenden europäischen Adelshäusern verwandt. Gottfried zu Hohenlohe-Langenburg hatte am 20. April 1931 in Langenburg Prinzessin Margarita von Griechenland und Dänemark geehelicht. Der 1897 geborene Gottfried war über seine Mutter Urenkel sowohl von Queen Victoria von Großbritannien und Irland wie von Zar Alexander II. von Russland. Seine 1905 geborene Ehefrau Margarita war die Enkelin des griechischen Königs Georg I. und dessen Ehefrau, der russischen Großfürstin Olga Konstantinowna Romanowa.

Der 1921 auf Korfu als Prinz von Griechenland und Dänemark geborene Philip von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg war Margaritas kleiner Bruder. Bereits 1922 musste Philips Familie nach einem Militärputsch Griechenland verlassen. Während der dem schönen Leben zugeneigte Vater mit seiner Geliebten als Privatier in Monte Carlo lebte, wuchs der Prinz mit seinen vier älteren Schwestern bei der tauben, seelisch angeschlagenen Mutter zunächst in Paris, später bei Verwandten und in Internaten auf.

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Auch über die mit Gottfried Fürst zu Hohenlohe-Langenburg verheiratete Margarita hinaus hatte Philip enge familiäre Bindungen nach Deutschland. Denn die drei anderen Schwestern waren ebenfalls mit deutschen Adeligen verehelicht. Auf Anraten seiner mit Berthold Markgraf von Baden verheirateten Schwester Theodora besuchte Philip ab 1933 kurzzeitig die von Theodoras Schwiegervater Max von Baden zusammen mit dem Reformpädagogen Kurt Hahn am Bodensee gegründete Internatsschule Schloss Salem. Ganz in der Nähe war im Schweizer Kreuzlingen seine psychisch kranke Mutter Mutter in einem Sanatorium untergebracht.

Die Queen auf Staatsbesuch in Langenburg

Immer wieder besuchte Philip, der während des Zweiten Weltkriegs in der britischen Marine gedient hatte, nach 1945 auch als Prinzgemahl der britischen Königin seine deutsche Verwandtschaft. Mehrmals weilte er bei seiner Schwester und seinem Schwager in Langenburg. Als 1965 Elisabeth II. als erstes britisches Staatsoberhaupt seit 1909 Deutschland besuchte, lotste Philip sie trotz engen Terminkalenders ins Hohenlohische.

Am 1. März 1957 trat Martin Blümcke auf Schloss Langenburg eine Stelle als Hauslehrer an. Er erinnert sich: „Fürst Gottfried begrüßte mich freundlich in seinem Büro, und ich bekam von ihm als erste Anweisung für mein Tun und Lassen die Ermahnung, bitte nichts mit seiner Tochter Beatrix, genannt Titu, ,anzufangen‘.“ Gottfried war seit 1950 Oberhaupt des Hauses Hohenlohe-Langenburg. Tochter Beatrix war ein Jahr jünger als der Hauslehrer; im selben Alter wie Blümcke war Kraft Alexander, zwei Jahre jünger dessen Bruder Georg Andreas. Blümcke sollte deren 1944 geborenen jüngsten Brüder Ruprecht und Albrecht betreuen. Sie besuchten vormittags das Progymnasium in Gerabronn, nachmittags nahm sie der Hauslehrer in Empfang. „Ruprecht war schon damals ein feinfühliger Ästhet, für den Mode-Zeitschriften abonniert wurden“, erinnert sich Blümcke. „Der runde und kräftige Albrecht wirkte sehr erdnah und war nicht sonderlich bereit, seine Zeit und sein Gehirn zum Lernen zu gebrauchen.“

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Prinz Philip habe seine Verwandten in Langenburg fast jeden Herbst besucht, um mit Gottfried und dem Erbprinzen Kraft auf Jagd zu gehen, erinnert sich Blümcke. Im Oktober 1957 sei dies wieder einmal der Fall gewesen. Philip sei in Echterdingen bei Stuttgart mit einem britischen Militärflugzeug gelandet und vom Fahrer des Fürsten mit dessen Mercedes abgeholt worden. Einziger Begleiter des Prinzen sei ein pensionierter britischer Polizeioffizier gewesen, erinnert sich Blümcke. Weder Polizei noch Sicherheitsleute seien zugegen gewesen. „Am späten Nachmittag kam der Wagen in Langenburg an und fuhr durch das Schlosstor in den Innenhof, wo er freudig von Schwester und Schwager begrüßt wurde.“

Der junge Martin Blümcke im Frühjahr 1957 bei einem Ausflug mit zwei Schwestern eines Freundes.
Der junge Martin Blümcke im Frühjahr 1957 bei einem Ausflug mit zwei Schwestern eines Freundes. | Bild: Archiv Martin Blümcke

Am nächsten Morgen seien der Fürst und Philip bei Weikersheim auf Jagd gewesen. „Beim Abendessen wurde ich Prinz Philip vorgestellt, danach schauten wir – wie in der Familie üblich – im Fernsehen die Tagesschau an.“ Anschließend seien der Fürst, der Prinz und der Hauslehrer noch ein wenig zusammengesessen. Blümcke: „Auf die Frage von Prinz Philip an mich, in welcher Sprache wir reden sollten, bat ich um Deutsch.“ Prinz Philip habe geantwortet: „Gut. Ich kann aber nur die Sprache der Kutscher und Chauffeure.“ Das war eine glatte Untertreibung, denn der Prinz sprach so gut wie akzentfrei Deutsch. Sie hätten sich über deutsche Geschichte unterhalten, erinnert sich Blümcke an das Gespräch.

Ein Schuss mit der Pistole in die Zimmerdecke

Später habe er die Runde verlassen, um sich um den englischen Begleiter des Prinzen zu kümmern, schreibt der Hauslehrer in seinen Erinnerungen. Der Polizeipensionär sei vergnügt bei Bier und Wein in der Wohnung des Fürstenchauffeurs gesessen, erzählt Blümcke. Der eine habe kein Deutsch, der andere kein Englisch gesprochen, trotzdem hätten sich beide glänzend verstanden. Später habe der Offizier – „wohl im Suff“ – mit seiner Pistole einen Schuss in die Decke abgegeben – „was zum Ende seiner Altersbeschäftigung führte“.

Weil es in den 1950er Jahren im weiträumigen Schloss noch an Sanitärräumen mangelte, habe er dem Prinzen sein Badezimmer überlassen müssen, berichtet Blümcke weiter. Er selbst habe auf ein Bad ausweichen müssen, das sich auf der anderen Seite des Schlosses befunden habe, entlang eines langen mit Geweihen geschmückten Gangs. Er habe das Badezimmer nur finden können, wenn er auf dem Weg zum Bad im Gang die Geweihe gezählt habe. Beim sechsten sei das Bad gewesen. „Eine kleine Mühe für vier oder fünf Tage.“