Das Landratsamt Lörrach plant, die Sporthalle der Gewerbeschule in Rheinfelden für eine mögliche Nutzung als Unterkunft für unbegleitete minderjährige Geflüchtete vorzubereiten. In der Halle sollen dann laut den Plänen vorerst 40 Plätze eingerichtet werden. Die Kapazitäten der Halle erlauben bis zu 80 Plätze. Doch wie steht es derzeit um die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen im Landkreis Waldshut? Wir haben beim Landratsamt in Waldshut nachgefragt.
August 2023: 705 Geflüchtete
„Die meisten der 705 in den Gemeinschaftsunterkünften lebenden Geflüchteten kommen – Stand 23. August – aus der Türkei (186 Personen, das sind 26 Prozent)“, erklärt Susanna Heim vom Landratsamt Waldshut. „Es folgen Syrien (156 oder 22 Prozent), Afghanistan (67 – zehn Prozent), Georgien (62 – neun Prozent), Irak (32 – fünf Prozent), Tunesien (27 – vier Prozent), Nigeria (25 – vier Prozent) und Nordmazedonien (24 – drei Prozent).“
August 2016: 1607 Geflüchtete
„Im Vergleichsmonat August 2016, waren insgesamt 1607 Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften untergebracht: Syrien (828 Personen oder 52 Prozent), Afghanistan (154 – zehn Prozent), Irak (129 – acht Prozent), Gambia (95 – sechs Prozent), Pakistan (75 – fünf Prozent), Kosovo (67 – vier Prozent) und Eritrea (62 – vier Prozent). Damals waren es aber lediglich neun türkischstämmige Menschen. Die Veränderung zum Stand heute ist also offensichtlich“, erläutert Susanna Heim auf schriftliche Anfrage.
Wie viele Flüchtlinge kommen derzeit monatlich?
An den Zuweisungsmodalitäten hat sich laut Landratsamt im Vergleich zu 2016 nichts Wesentliches verändert, außer dass vor sieben Jahren die Anzahl der monatlich zugewiesenen Flüchtlinge deutlich höher war. In den Monaten Juli und August 2023 kommen/kamen jeweils 59 Menschen in den Landkreis Waldshut. Im Jahr 2023 sind es bisher im Schnitt 42 Personen.
„Wir gehen jedoch davon aus, dass das Niveau in den folgenden Monaten mindestens bei circa 60 Personen liegen wird. Erfahrungsgemäß steigen die Zuweisungszahlen in der zweiten Jahreshälfte an. Dies ist abhängig von der Anzahl der Menschen, die monatlich in Baden-Württemberg ankommen und dann in der Regel einen Monat später in die vorläufige Unterbringung übergehen, also weitergeleitet werden in die Landkreise“, schreibt das Landratsamt auf Nachfrage.
Das waren die Spitzenzeiten 2016
„In der Spitzenzeit im Frühjahr 2016 kamen deutlich über 300 Menschen im Landkreis Waldshut an. Ab Mai 2016 brach der Zustrom dann jedoch ab. Seit August 2021, also in den letzten zwei Jahren, erreichten insgesamt 974 Menschen den Landkreis Waldshut. Zwischenzeitlich, also in der Zeit von Mai 2016 bis Juli 2021 und somit in einem Zeitraum von etwas mehr als fünf Jahren, waren es lediglich 779“, erläutert das Landratsamt.
„Die monatlich zugewiesenen Personen kommen nicht alle auf einmal im Landkreis an, sondern an verschiedenen Tagen. Beispielsweise werden die Zugewiesenen im August auf insgesamt fünf Unterkünfte verteilt, so dass eben an fünf Tagen Zuweisungen erfolgen.“
Wo werden Flüchtlinge untergebracht?
Laut Landratsamt werden die in Waldshut-Tiengen neu errichteten Container seit Ende Mai belegt, es sind dort aktuell noch ungefähr 200 Plätze frei. Es werden aber vereinzelt auch in den übrigen Gemeinschaftsunterkünften Plätze aufgefüllt, informiert das Landratsamt. Lediglich in Bad Säckingen sei die Unterkunft „Gettnauer Boden“ derzeit wegen Schimmel im Sanitärbereich nicht belegt.
Hallenbelegungen derzeit nicht geplant
„Der Landkreis ist ständig auf der Suche nach Unterkünften, die sich für eine Flüchtlingsunterbringung eignen. Hallenbelegungen sind immer die letzte Wahl und derzeit nicht geplant“, lässt die Behörde wissen.
Vieles hänge davon ab, wie sich die Zuweisungen zahlenmäßig entwickeln und wie der weitere Abfluss in die Anschlussunterbringungen gelingen kann. Spätestens nach zwei Jahren in einer Gemeinschaftsunterkunft müssten Geflüchtete diese verlassen und in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden übergehen. Bei Menschen mit guter Bleiberechtsperspektive verringere sich daher die Verweildauer in der vorläufigen Unterbringung, erklärt das Landratsamt.
Wie steht es um die Integration der Geflüchteten?
„Für die neu Angekommenen steht zunächst die Unterbringung an oberster Stelle. Je länger die Menschen hier sind, desto mehr verschiebt sich die Priorität in Richtung Integration. Die Integration in Arbeit spielt dabei eine wesentliche Rolle, muss dabei aber auch differenziert betrachtet werden“, so Heim, und erläutert:
„So fallen alle Sozialleistungsempfänger (egal ob Bürgergeld-Empfänger oder auch Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz) aus den Systemen raus, sobald sie durch ihr Einkommen selbst für sich sorgen können.“
„Für ehemals geflüchtete Personen, die aufgrund des höheren Einkommens gar keine Sozialleistungen mehr erhalten, können wir hier insofern keine Angaben machen, zumal diese dann auch volle Freizügigkeit genießen und womöglich längst nicht mehr in dem Landkreis leben, in dem sie ursprünglich ankamen.“
„Fälle, in denen im Juli 2023 im Bereich AsylbLG Einkommen erzielt wurde, zählen wir 47 von 568 Fällen“, so die Pressesprecherin.
Laut Susanna Heim finde im Übrigen Integration vor allem über Sprache statt, und erläutert: „Die Sprachkursangebote sind zu wenig, keine Frage, doch den Anbietern fehlt schlicht an Lehrern und viele Kurse werden auch von Ukrainern belegt.“
Integrationsprojekt Mika des Landkreises
Das Landratsamt verweist in seinem Antwortschreiben auch auf das Projekt Mika (Migrant/innen integrieren in Kultur und Arbeit). Der Landkreis hat demnach seit 2016 die GWA gemeinnützige GmbH mit der Durchführung des Projekts beauftragt. Dabei gehe es darum, die sehr langen Wartezeiten auf Entscheidungen des BAMF für diverse Herkunftsländer sinnvoll zu überbrücken, und den in den Gemeinschaftsunterkünften lebenden Personen eine Perspektive auf Integration zu geben.
Im Mika-Projekt würden demzufolge Unternehmen in der Region bei der Suche nach motivierten Arbeitskräften unterstützt. Bisher sei das Modell ein Erfolg, so das Landratsamt. Demnach konnten bis Mitte Juli 2023 bereits 81 Projektteilnehmende in eine Beschäftigung vermittelt werden.