„Bisher sind alle nicht so ergiebig wie erhofft“, resümierte der im Todtnauer Tötungsdelikt vorsitzende Richter Martin Hauser vor der Mittagspause am dritten Verhandlungstag die Aussagen der geladenen Zeugen. Im Mittelpunkt stand vor allem die Beziehung zwischen der getöteten Frau und dem Angeklagten.

Den Anfang machte die Schwester des 58-jährigen Opfers aus Todtnau. „Er ist ein komischer Typ. Immer so hibbelig und unruhig“, erzählte sie vor der dritten großen Strafkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen von ihrem ersten Eindruck. Die Zeugin, die der 58-Jährigen stets bei der Betreuung ihrer Hunde unter die Arme gegriffen habe, beschrieb ihre eigene Schwester dabei als „ziemlich eigen.“

Ein Sammelsurium an Meinungen

Sie sei davon ausgegangen, dass die Beziehung zum Angeklagten nur „eine kleine Affäre“ gewesen sei. „Ich habe nie verstanden, was sie von ihm wollte“, so wörtlich. „Es haben alle gesagt, dass das nichts ist, aber sie wollte ja nicht hören.“ Der Angeklagte habe ihre Schwester immer wieder verfolgt und gestalkt.

Bis zuletzt blieb den Verfahrensbeteiligten durch die Aussagen der Zeugin, die dem Prozess gleichzeitig als Nebenklägerin beiwohnt, schleierhaft, was ihre eigene Wahrnehmung, was Erzählungen ihrer Schwester und was die Meinung von Dritten gewesen sein könnte.

Oberstaatsanwalt Christian Lorenz beschrieb es folgendermaßen: „Das Sammelsurium an Meinungen geht immer kunterbunt durcheinander.“ Auch eine kurze Unterbrechung der Verhandlung, in der sich der Beistand mit der Zeugin unterhielt, brachte keine Abhilfe.

Aussage lässt Todeszeitpunkt anzweifeln

Die Aussage eines weiteren Zeugen, der das 58-jährige Opfer am Tattag abends noch gesehen haben will, warf vor Gericht Zweifel am Todeszeitpunkt auf. Er gab an, das Opfer gegen 17 oder 18 Uhr noch gesehen zu haben. Nach derzeitigen Erkenntnissen war die Frau zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Stunden tot. Richter Martin Hauser ordnete im Anschluss an, die Überwachungskameras eines Einkaufsladens in Todtnau zu prüfen, um dem Nachzugehen.

Der Bekannte sei seit Jahren ein guter Freund der getöteten Frau gewesen. Auch eine Beziehung sei von seiner Seite aus nicht ausgeschlossen gewesen, aber „das hat sie nie gewollt.“ Laut seiner Aussage habe das Opfer durchaus eine „kleine Bestie“ sein können, wenn es zu Streitereien gekommen sei. Er zeigte sich davon überzeugt: „Hätte sie statt der Polizei mich an dem Tag angerufen, dann wäre sie jetzt noch am Leben.“

Die Verteidigerin des Angeklagten zeigte sich nach den Aussagen des Zeugen verwirrter als zuvor und sprach ihn auf seine Art an: „Sind Sie immer so oder haben Sie etwas getrunken?“ Der Zeuge entgegnete, dass sein Auftreten vor der dritten großen Strafkammer einfach sein Naturell sei.

„Ihr werdet alle noch von mir hören“

Der Ex-Ehemann der Verstorbenen machte Gebrauch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht und traf vor Gericht zunächst keine Aussage zu körperlichen Auseinandersetzungen mit seiner ehemaligen Partnerin. Auf die Erklärung von Richter Hauser, es gehe vor allem um das Verhalten des Opfers während etwaiger Streitigkeiten und erneuter Nachfragen, gab er an, es habe „natürlich Streit gegeben“, der manchmal „ein bisschen sehr laut“ gewesen sei.

Auch ein Nachbar, der vor Gericht geladen war, sagte aus, das Opfer habe „ein wahnsinniges Organ“ gehabt. Mit dem Angeklagten selbst habe er sich zu dem Zeitpunkt, als sie sich kennengelernt hätten, immer gut verstanden. Die Beziehung des Opfers zum Angeklagten beschrieb er als Achterbahnfahrt mit Hochs und Tiefs. „Er hat sich immer bei mir ausgekotzt“, gab er an. Was der Angeklagte damit gemeint habe, als er sich nach einem kurzen Treffen am Abend des Tattags mit dem Satz „Ihr werdet alle noch von mir hören“ von ihm verabschiedete, habe der Nachbar zu diesem Zeitpunkt noch nicht geahnt.

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