Eigentlich hätte Mohamed Jafar im Oktober 2020 die Praxis im Ühlinger Alten Rathaus von Ralf Berg übernehmen sollen, der als Arzt kürzertreten will. Im Mai 2020 hatten die beiden Mediziner einen Übernahmevertrag unterzeichnet. Doch wegen diverser Unstimmigkeiten, Unklarheiten, Versäumnissen, Anschuldigungen und einer mutmaßlichen Handgreiflichkeit kam die Übernahme nicht zustande.
Berg praktizierte also weiterhin im Alten Rathaus. Jafar richtete sich keine 250 Meter weiter eine Praxis an der Berghausstraße 15 ein. Seitdem arbeiten beide Ärzte in unmittelbarer Nähe in Ühlingen und sind alles andere als gut aufeinander zu sprechen. Ein Teil des Patientenstamms von Berg wechselte zu Jafar. Der Streit zwischen den beiden Ärzten wirkte sich letztlich auf die medizinische Versorgung der Ühlinger Bevölkerung aus, als sich die Mediziner um Patientenakten stritten.
Nun beschäftigt der Ühlinger Ärztestreit auch das Landgericht in Waldshut-Tiengen. Das Landgericht befasst sich am Dienstag, 21. Dezember, ab 10.30 Uhr mit den beiden Medizinern. Die Verhandlung über die Vertragsstreitigkeiten ist öffentlich.
In ihrem Vertrag zur Praxisübernahme hatten Berg und Jafar eine Konkurrenzschutzklausel vereinbart, welche bei Nichtzustandekommen des Vertrags die Niederlassung in Ühlingen-Birkendorf verbietet. Bei Verstoß gegen diese Klausel sind im Vertrag 30.000 Euro Strafe vorgesehen. Hinzu kommt eine Vertragsstrafe in Höhe von 40.000 Euro. Beide Parteien werfen sich gegenseitig vor, die Erfüllung des Vertrags verhindert zu haben.
Die Frage, wer letztlich im Alten Rathaus praktizieren darf, wird wohl auch diese Gerichtsverhandlung nicht klären, da es bei der Gerichtsverhandlung nicht um den Rechtsanspruch auf die Praxisräumlichkeiten geht. Gegen Ralf Berg läuft derzeit jedoch zusätzlich noch eine Räumungsklage seiner Vermieterin.
Doch auch über Jafars räumliche Zukunft herrschte zwischenzeitlich Unklarheit. Im November 2021 wurde bekannt, dass Jafar vom Grundstückseigentümer der Berghausstraße 15 gekündigt wurde, weil er nicht bereit gewesen sei, die höheren Mietpreise zu akzeptieren. In Ühlingen zeigten sich die Patienten besorgt wegen dieser Nachricht. Denn kurz zuvor war bekannt geworden, dass Jafar in seinem Wohnort St. Blasien eine Praxis eröffnet hatte.
Die Patienten befürchteten, Jafar würde Ühlingen schon wieder verlassen. Dem SÜDKURIER erklärte der Mediziner jeoch, er werde Ühlingen nicht verlassen. Die Praxis in St. Blasien betreibe er als eine Art „Notfall-Praxis“ für die Bürger St. Blasiens – zusätzlich zu seiner Hauptpraxis in Ühlingen und der Zweigstelle in Wies/Kleines Wiesental. Er beteuerte, nur innerhalb von Ühlingen nach neuen Räumlichkeiten für eine Hauptstelle suchen zu wollen.
Zwar habe ihm der Vermieter den Mietvertrag zum Jahresende gekündigt. „Doch wir sind zur Übereinkunft gekommen, dass ich die Praxis nicht verlassen werde, bis ich neue Räumlichkeiten gefunden habe“, sagt Jafar. Entsprechende Angebote lägen vor, Jafar ist zuversichtlich, schon bald die Räumlichkeiten wechseln zu können. „Klar ist: Ich bleibe in Ühlingen.“