David Rutschmann

Um was es geht

Die gesundheitliche Versorgung im Schwarzwald und am Hochrhein leidet oftmals darunter, dass es zu wenige Ärzte gibt, die bereit sind, im ländlichen Raum zu leben und zu praktizieren. In Ühlingen ist genau das Gegenteil der Fall: Dort hat ein weiterer Arzt Wirbel in die Gesundheitsversorgung vor Ort gebracht.

Mohamed Jafar wollte im Oktober 2020 die Praxis von Ralf Berg übernehmen. Was zunächst nach einer zukunftsweisenden Lösung für das 1100-Einwohner-Dorf aussah, scheiterte kurz vor der geplanten Übernahme. Seitdem praktiziert Jafar einige Hausnummern neben der Praxis im Alten Rathaus, in der noch immer Berg tätig ist. Beide Ärzte finden, sie haben Anspruch auf die Räumlichkeiten.

Wie konnte es so weit kommen, dass mittlerweile wohl nur noch ein Gericht darüber entscheiden kann, wer künftig im Alten Rathaus praktizieren darf? Der SÜDKURIER hat zu den Unterstellungen recherchiert, welche die beiden Ärzte jeweils zum anderen haben. Diese Geschichte soll rekonstruieren, wie der Streit zwischen zwei Ärzten so weite Kreise ziehen konnte.

Kapitel 1: Der Vertrag

Es herrscht reger Ein- und Ausgang in der Praxis von Mohamed Jafar an der Ühlinger Berghausstraße 15 an diesem Dienstagmorgen. Das Wartezimmer ist, zumindest wenn man Abstandsregeln beachtet, voll. Auf einem Tischchen aufbereitet liegen einige Zeitschriften, Gesundheits-Magazine, Informationszettel über Corona-Impfungen in arabischen Schriftzeichen – und ein Papier, das überschrieben ist mit „Gegen Dr. Berg am 18.06.2021 eine Räumungsklage erhoben wurde“.

„Die Praxisübernahme wurde groß angekündigt. Im Dorf fragt man sich, warum Dr. Berg immer noch praktiziert – also habe ich die Räumungsklage ins Wartezimmer gelegt“, erklärt Jafar. Seine Praxis ist freiräumig eingerichtet. Die Räumlichkeiten, in denen er nun praktiziert, hatte die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf kurzfristig organisiert, als die Übernahme der Praxis an der Berghausstraße 2 scheiterte.

Mohamed Jafar in den Praxisräumlichkeiten an der Berghausstraße 15.
Mohamed Jafar in den Praxisräumlichkeiten an der Berghausstraße 15. | Bild: Ursula Ortlieb

An der Wand hängt ein kleines Herz, zwischen gezeichneten Blumen steht „Herr Jafar – Danke für Ihre Hilfe“. Das Logo von Jafars Praxis: eine mit orientalischen Mustern stilisierte, ausgestreckte Hand. Über seine Geschichte hat der SÜDKURIER schon einmal geschrieben: Der 53-Jährige ist im Irak geboren, hatte in Bagdad ein Medizinstudium angefangen. Als der zweite Golfkrieg ausbrach, flüchtete er – zuerst nach Ungarn, dann nach Syrien und schließlich nach Deutschland. In Leipzig konnte er letztlich doch noch Medizin studieren und schloss im Alter von 44 Jahren ab.

Nach Jahren als Notfallarzt in Sachsen wollte er wieder in den Schwarzwald. Die Region kennt er, weil er in Balingen einst eine Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht hat. Er wollte unbedingt eine eigene Landarztpraxis, es ist ein lang gehegter Wunsch. Er wurde im Frühjahr 2020 auf die Stellenanzeige von Ralf Berg aufmerksam, welcher eine Nachfolge für seine Praxis suchte.

Die Lage des Gebäudes ist zugegeben attraktiv: Die Berghausstraße 2 liegt an der Hauptverkehrsstraße in Ühlingen, ist großzügig mit Parkplätzen vor und hinter der Praxis ausgestattet, gegenüber befinden sich die örtliche Apotheke und ein Supermarkt. Die großen Lettern über dem Eingang verraten, dass sich in dem Gebäude früher noch das Rathaus befand.

Auf der Glastür befindet sich das Logo der Praxis von Ralf Berg: ein Berg. Neben der Tür hängen Urkunden des Magazins „Focus Gesundheit“, welche Ralf Berg als Arzt empfehlen. In den Innenräumen stapeln sich die Aktenordner. Berg empfängt in einem Sprechzimmer, dessen Einrichtung an die 1980er erinnert. Er selbst hat hier 2000 im alten Rathaus eine Praxis aufgebaut, früher war er in Freiburg tätig. Wenn er spricht, klickt er auf seinem Kugelschreiber.

„Ich suche schon lange einen Nachfolger“, sagt der 60-Jährige. Seit sieben Jahren, genauer gesagt. Immer wieder scheiterte die Suche nach einem Nachfolger. Viele der Interessierten konnten sich dann den Umzug in eine kleine Gemeinde im Schwarzwald doch nicht vorstellen. Mohamed Jafar schon, er bezog mit seiner Familie eine Wohnung in St. Blasien. Er bewarb sich im Frühjahr 2020 um die Praxisnachfolge.

Ralf Berg in seinem Sprechzimmer in der Berghausstraße 2.
Ralf Berg in seinem Sprechzimmer in der Berghausstraße 2. | Bild: David Rutschmann

Ganz aus der Praxis aussteigen wollte Berg noch nicht, lieber mit reduziertem Pensum weiterhin tätig sein. Er schlug daher eine Praxisgemeinschaft für die Zusammenarbeit mit Jafar vor. „Mir war wichtig, dass wir keine Praxisgemeinschaft eingehen. Ich möchte allein arbeiten und als Chef Verantwortung übernehmen“, erklärt Jafar. Auf seinen Wunsch hin einigten sich die beiden Ärzte darauf, dass Berg einen sogenannten Zulassungsverzicht unterzeichnet – also auf seine Zulassung verzichtet und dafür als Arzt bei Jafar angestellt wird.

„Ich bin auf die Wünsche von Jafar eingegangen. Glauben Sie mir, ich wollte, dass die Übernahme diesmal klappt“, sagt Berg. Am 13. Juni 2020 unterzeichneten beide Ärzte einen Vertrag zur Praxisübergabe, den der SÜDKURIER einsehen konnte. Darin ausgemacht: Jafar sollte die Praxis am 1. Oktober 2020 übernehmen, Berg sollte weiterhin bis Ende des Jahres als angestellter Arzt in der Praxis tätig sein. Die genauen Bedingungen sollte, so steht es in dem Vertrag, ein Anstellungsvertrag regeln.

Zudem wurde eine „Hospitation“ vereinbart – Jafar sollte vor der Praxisübernahme 38 Stunden pro Woche bei Berg mitarbeiten, um Praxis und Patienten kennenzulernen. Die Kassenärztliche Vereinigung fördert diese Hospitation mit 2500 Euro an Berg, welcher die Summe laut Vertrag an Jafar weiterreichen soll – eine Hospitation wird sonst in der Regel nicht vergütet.

Kapitel 2: Zweifel

Am Anfang noch begleitete Jafar Berg zu Hausbesuchen. Schon nach zwei Wochen jedoch verbrachte er immer weniger Zeit in Ühlingen. Jafar war zu diesem Zeitpunkt noch immer in Leipzig angestellt: „Irgendwie musste ich ja Geld verdienen, denn Dr. Berg hat die 2500 Euro nicht an mich weitergereicht. Auch hat mir Bergs Umgang mit Patienten missfallen.“

Berg derweil missfiel Jafars Abwesenheit, sagt er. Auch im Hinblick darauf, dass es trotz des Vertrags zur Praxisübernahme noch so viel Klärungsbedarf gegeben hätte: Überweisungsverträge für die EDV-Anlage, Software, Mietvertrag, ein Anstellungsvertrag für Berg. Als Berg bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW) anrief, um sich zu erkundigen, ob Jafar schon die Genehmigung zur Anstellung für ihn beantragt hat, erfuhr er, dass dies noch nicht passiert sei – Jafar hatte hingegen die Genehmigung für eine andere Ärztin zur Beschäftigung in der Berghausstraße 2 beantragt.

Parallel nämlich hat Jafar eine weitere Praxisübernahme arrangiert: In Wies im Kleinen Wiesental übernahm er im Frühjahr 2020 die Praxis von Gabriele Geier. „Ich muss Dr. Berg gegenüber nicht rechtfertigen, warum ich noch eine zweite Praxis aufbaue, das ist meine Privatangelegenheit“, findet Jafar. Berg fühlte sich dennoch hintergangen. Mehr noch, beschlich ihn der Verdacht, dass Jafar den Zulassungsverzicht nutzen will, um ihm nach der Praxisübernahme zu kündigen und dafür Gabriele Geier in Ühlingen anzustellen.

Jafar winkt diese Vorwürfe ab: Um zu beweisen, dass es nicht seine Absicht war, Berg aus der Praxis zu kündigen, zeigt Jafar dem SÜDKURIER ein Schreiben der KVBW, das belegt, dass er im August 2020 die Genehmigung zur Beschäftigung von Berg beantragt hat.

Warum aber hatte er eine Anstellungsgenehmigung für Gabriele Geier im alten Rathaus beantragt? „Frau Geier hat ebenfalls auf ihre Zulassung zugunsten einer Anstellung verzichtet. Damit ich sie in meiner Zweigpraxis in Wies, ihrer ehemaligen Vertragspraxis, anstellen kann, muss ich die Genehmigung trotzdem für meine Vertragspraxis in Ühlingen – zum damaligen Zeitpunkt Berghausstraße 2 – beantragen.“ Die KVBW bestätigt gegenüber dem SÜDKURIER die Richtigkeit dieses Vorgehens. Gabriele Geier kann zu den Vorgängen nicht mehr befragt werden, sie ist im Frühjahr 2021 gestorben.

Der Eingang zur Praxis von Ralf Berg in der Berghausstraße 2.
Der Eingang zur Praxis von Ralf Berg in der Berghausstraße 2. | Bild: David Rutschmann

Wer heute mit Berg spricht, kriegt ein düsteres Bild von Mohamed Jafar gezeichnet. Von jemandem, der lügt und betrügt, Leute ausnutzt und Geld zur Seite schafft. Vermutungen hat Berg viele, stichhaltige Belege wenige. Er stützt sich dabei unter anderem auf Skandalgeschichten rund um Jafar, welche sich in den vergangenen Jahren angesammelt haben.

Da wäre zum einen die gescheiterte Praxisübernahme in Görwihl. Dort sollte Jafar die Nachfolge von Gerhard Geis-Tyroller antreten. Das Vorhaben scheiterte unter anderem daran, dass Jafar von der Gemeinde einen Kredit wollte, diese jedoch keine Kredit vergeben kann. Jafar erhob im Nachgang Vorwürfe gegen den Bürgermeister, auch der SÜDKURIER berichtete.

Und schon 2018 sorgte Jafar medial für Aufsehen – damals allerdings noch in der Region Leipzig. Das Krankenhaus Wurzen hatte ihn kurzfristig gekündigt, Jafar stellte in der „Leipziger Volkszeitung„ die Vermutung auf, das sei aus rassistischen Gründen passiert. Die Klinik hingegen sprach von „wirtschaftlichen Zwängen“. Heute sagt Jafar dazu, dass er in solchen Fällen die Öffentlichkeit suche, da er Konflikte nicht scheue.

Kapitel 3: Eskalation

Ende September, zwei Wochen vor dem Übergabetermin, sprach Berg Jafar auf die Mailbox, dass die Praxisübernahme nicht stattfinden kann, wenn die Übergabebedingungen und Arbeitsverteilungen nicht vereinbart werden – was zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschehen ist. „Fünf Minuten später stand er vor meiner Praxis und hat getobt“, erzählt Berg. Es kam zu einem Streit in der Praxis. Berg behauptet sogar, dass Jafar ihm gegenüber handgreiflich geworden ist, ihn „am Schlafittchen gepackt“ haben soll. Zeugen, die den Vorfall miterlebt haben, können die Handgreiflichkeiten gegenüber dem SÜDKURIER nicht bestätigen.

Bei der Staatsanwaltschaft ging im Nachgang eine Anzeige ein: geringfügige Körperverletzung, kurzzeitige Druckschmerzen am Oberkörper. Jafar will sich zu dem Vorfall nicht äußern. „Die Staatsanwaltschaft hat kein Verfahren eröffnet“, sagt er lediglich. Berg wurde auf den Privatklageweg verwiesen. Er verzichtete: „Das wäre den Aufwand nicht wert gewesen.“ Außerdem habe sich Jafar bei ihm für den „Ausraster“ entschuldigt. Spätestens seit diesem Vorfall ist die Stimmung zwischen den beiden Ärzten dennoch unterkühlt.

Jafars Anwalt sendete Berg zwei Tage vor dem Stichtag zur Praxisübergabe einen Entwurf für einen Anstellungsvertrag, den der SÜDKURIER einsehen konnte. „Dieser Vertrag ist illegal und ungültig“, sagt Ralf Berg. Denn damit Jafar ihn als Arzt hätte anstellen können, hätte der Zulassungsverzicht von Berg genehmigt sein müssen. Dieser war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht einmal eingereicht worden.

Darüber hinaus ist Berg auch mit dem Inhalt des Arbeitsvertrags unzufrieden: „Hätte ich diesen Vertrag unterschrieben, wäre ich von Jafar noch in der Probezeit gekündigt worden. Ich hatte kein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung, meine Rechte sind darin nicht gewahrt.“

Die Problemlösungsversuche im Rathaus in diesen Tagen verliefen ebenfalls im Sande. „Wir wollen gerne unseren Teil dazu beitragen, dass eine gütliche Einigung gefunden wird. Leider scheinen die Fronten zwischen den Ärzten jedoch recht verhärtet“, sagt Bürgermeister Tobias Gantert auf Anfrage.

Die im Vertrag abgemachte Summe zur Praxisübernahme, die Jafar pünktlich zum Stichtag auf ein Treuhandkonto der Gemeinde gebucht hat, blieb unberührt und wurde im Nachgang zurückgebucht. Am 1. Oktober 2020 öffnete Ralf Berg seine Praxis wie sonst auch und arbeitet weiter, denn zu tun gibt es viel. Die Übernahme ist gescheitert.

Es entstand ein Chaos: Die Übernahme der Praxis und Jafar als neuer Arzt war in Ühlingen groß angekündigt worden, in den Gemeindenachrichten wurde darüber berichtet. Tobias Gantert versuchte, eine Übergangslösung für Jafar zu finden. Er brachte ihn im November in der ehemaligen Praxis von Abder Ruhman Jamaan in der Berghausstraße 15 unter – in der auch vor Jahrzehnten bereits Berg als angestellter Arzt tätig war.

Der Eingang zur Praxis von Mohamed Jafar in den schon länger leerstehenden Praxisräumlichkeiten von Abder Ruhman Jamaan.
Der Eingang zur Praxis von Mohamed Jafar in den schon länger leerstehenden Praxisräumlichkeiten von Abder Ruhman Jamaan. | Bild: David Rutschmann

Jamaan war im Sommer 2020 verstorben, die Familie gab ihr Einverständnis, dass Jafar in den Räumlichkeiten praktizieren darf. Das tut er bis heute, der selbsterklärte Workaholic pendelt zwischen den Praxen in Ühlingen und Wies hin und her. Doch die Lösung ist für Jafar nicht zufriedenstellend. Die Praxisräumlichkeiten sind in die Jahre gekommen, auch wenn sein modernes Mobiliar darüber hinwegtäuscht.

Kapitel 4: Der Mietvertrag und die Räumungsklage

Berg derweil praktiziert in der Berghausstraße 2 weiter. Doch spätestens ab 1. Januar 2021 fehlte ihm die Berechtigung, diese Räumlichkeiten zu nutzen, er ist nicht mehr der offizielle Mieter. Noch im Sommer 2020 hatte er nämlich das Mietverhältnis mit der Grundstückeigentümerin zu diesem Stichdatum beendet, welche die Räumlichkeiten seitdem an die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf vermietet.

Glaubt man Mohamed Jafar, kam diese Konstellation zustande, weil er so direkter Untermieter der Gemeinde sein könnte und ein enges Verhältnis zur Gemeinde sucht – auch im Hinblick auf ein einstiges Gesundheitszentrum. Glaubt man Ralf Berg, kam die Konstellation hingegen zustande, weil die Grundstückeigentümerin zu Jafar recherchiert habe und die Räumlichkeiten nicht an ihn vermieten wollte. Die Untermieter-Lösung wäre eine gütliche Einigung gewesen.

Archivbild 2012: Ralf Berg (rechts) diskutiert mit dem damaligen Bürgermeisterkandidaten und heutigen Bürgermeister Tobias Gantert über ...
Archivbild 2012: Ralf Berg (rechts) diskutiert mit dem damaligen Bürgermeisterkandidaten und heutigen Bürgermeister Tobias Gantert über hausärztliche Versorgung und ärztliche Notfallversorgung im ländlichen Raum. | Bild: Werner Steinhart

„Ich zahle auch weiterhin meine Miete an die Grundstückeigentümerin, doch eigentlich hätte die Gemeinde Anspruch auf die Räume“, sagt Berg. Dann zeigt er dem SÜDKURIER einen nicht unterzeichneten Mietvertrag vom 5. Februar 2021, welchen er mit der Grundstückseigentümerin ausgehandelt habe. Rückwirkend ab 1. Januar 2021, gültig für fünf Jahre. Dieser hätte ermöglicht, dass Berg in der Berghausstraße 2 bleiben kann. „Ich habe nicht unterzeichnet, weil die Grundstückeigentümerin eine Einigung mit der Gemeinde finden wollte“, so Berg.

Es sollte dann ausgerechnet die Grundstückseigentümerin sein, die im Juni 2021 die Räumungsklage gegen Berg einreicht. Die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf hat bereits seit Anfang des Jahres Anspruch auf Nutzung der Räumlichkeiten. Die Grundstückeigentümerin selbst will sich nicht mit dem SÜDKURIER darüber unterhalten. Mehrere Versuche, sie zu kontaktieren, wurden ignoriert.

Kapitel 5: Wie geht es weiter?

„Ich will endlich in der Praxis arbeiten, die mir laut Vertrag zusteht“, sagt Jafar. Denn er hat Pläne: Er will die Räumlichkeiten an der Berghausstraße 2 langfristig in ein Gesundheitszentrum entwickeln. Das gefällt auch der Gemeinde: „Unser Wunsch für die Zukunft ist eine angemessene Gesundheitsversorgung durch einen unternehmerisch denkenden Arzt. Gerne unterstützen wir Herrn Jafar dabei, seine Ziele umzusetzen“, sagt Tobias Gantert auf Anfrage.

Im Wartezimmer von Mohamed Jafar: Die Räumungsklage gegen Ralf Berg.
Im Wartezimmer von Mohamed Jafar: Die Räumungsklage gegen Ralf Berg. | Bild: David Rutschmann

Im Vertrag zur Praxisübernahme ist eine Klausel enthalten, welche eine Vertragsstrafe in Höhe von 40 000 festlegt, sollte die Übernahme nicht zustande kommen. Jafar reichte seine Klage auf Herausgabe der Praxis und Vertragsstrafe im Dezember 2020 ein, zudem will er Schadensersatz in sechsstelliger Höhe geltend machen.

Bergs Anwalt bezieht sich in einer Klageerwiderung im Juli 2021 ebenfalls auf die Vertragsstrafe: Jafar hätte die Praxis nicht wie vereinbart abgenommen. Beide Parteien berufen sich zudem darauf, dass im Vertrag eine Konkurrenzschutzklausel ausgemacht ist, die dem jeweils anderen Arzt beim Scheitern der Übernahme die Gründung einer neuen Praxis in Ühlingen-Birkendorf oder den umliegenden Gemeinden verbietet. Der SÜDKURIER konnte die Klageschriften einsehen. Im Herbst wird wohl das Waldshuter Landgericht verhandeln.

Ralf Berg hat in der Zwischenzeit schon wieder eine neue Nachfolgelösung im Sinn. Im Juni 2021 suchte er per Stellenausschreibung nach einer Weiterbildungsassistenz, schrieb dazu: „Spätere Kooperation/Partnerschaft ist denkbar“. Eine Weiterbildungsassistenz ist vereinfacht gesagt ein Assistenzarzt, ein junger Arzt, der in einer Praxis praktische Erfahrung sammelt.

Mittlerweile hat sich eine interessierte junge Ärztin bei Berg gemeldet. Er erzählt von ihrer vielseitigen Ausbildung und ihrer Bereitschaft, mit der Familie nach Ühlingen zu ziehen. „Natürlich würde ich mir wünschen, dass sich aus der zweijährigen Weiterbildungsassistenz auch eine Nachfolge-Lösung ergibt“, sagt Berg.

Der Ausblick auf eine gute Zusammenarbeit mit einer jungen Kollegin sei auch der Grund, warum er nun so für die Praxis kämpft. Sollte die Räumungsklage rechtskräftig werden, kann er sich vorstellen, eine neue Praxis in der näheren Umgebung zu eröffnen.

Und Mohamed Jafar? Er hat in der Zwischenzeit eine weitere Praxisübernahme in die Wege geleitet. In seinem Wohnort St. Blasien hat er an bester Lage an der Fürstabt-Gerbert-Straße eine neue Praxis – seine mittlerweile dritte in der Region. Hier will er eine Notfallsprechstunde, eine „working clinic“, einrichten. „Dieses Mal hat die Praxisübernahme wunderbar geklappt“, sagt er dazu.

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