Die Suche nach der vermissten Wanderin Scarlett S. aus Bad Lippspringe in Nordrhein-Westfalen wird nach wie vor mit viel Engagement von einer privaten Suchgruppe fortgeführt. Die damals 26-jährige versierte Wanderin wollte die letzte Etappe des Schluchtensteiges von Todtmoos durch das Wehratal nach Wehr wandern. Am 10. September 2020 verlor sich ihre Spur in Todtmoos. Aufwendige Suchaktionen von Polizei und Bergwacht blieben leider erfolglos.

„Unsere einzige Priorität ist es, Scarlett zu finden“

Patricia Lindinger ist eine der Initiatorinnen der privaten Suchgruppe und Mitbegründerin einer Facebook-Gruppe, die sie nach eigenen Angaben in Absprache mit der Schwester der Vermissten erstellt hat. Sie spricht über die Beweggründe der Teilnehmer, den aktuellen Ablauf der Aktion und die Sicherheitsaspekte.

In welchen Gebieten wird schwerpunktmäßig gesucht?

Primär wird auf dem Schluchtensteig gesucht. Dieses Gebiet ist ja schon riesig, gerade wenn man sich die vielen Nebenwege anschaut. Es werden auch andere Bereiche abgesucht, etwa der Weg über Zell im Wiesental nach Wehr. Als Suchgebiet kommt eine Fläche von etwa 100 Quadratkilometern infrage.

Gibt es eine Strategie bei der Suche?

Es gibt verschiedene Strategien und Methoden, wie wir die Suche gestalten. Wir versuchen, potentielle Gefahrenstellen zu beurteilen (Kann man hier abstürzen? Hätte Scarlett hier überhaupt vorbeikommen können?). Es wird mit vielen Hilfsmitteln wie etwa Ferngläsern und Drohnen gearbeitet, um an Steilhängen Einsicht zu bekommen. Wir suchen nicht nur vom Weg aus, sondern gehen auch ins Unterholz, wenn das gefahrlos möglich ist. Die Suchaktionen werden erfasst und in eine Sammelkarte eingetragen, damit alle den Überblick haben, wo bereits gesucht wurde, und man das Gebiet abhaken kann. Es geht nicht darum, viele Kilometer zu machen, sondern akribisch und möglichst genau abzusuchen.

Private Suchaktion.
Private Suchaktion. | Bild: Hansi Brand

Worauf wird besonders geachtet?

Da bisher leider noch nichts von der Ausrüstung gefunden wurde, halten wir Ausschau nach dem Rucksack, Stofffetzen, Isomatte, Sonnenbrille oder Schuhen. Eben nach allen Farben, die in der Natur unnatürlich wirken. Dabei finden wir oft Müll, den wir versuchen, fachgerecht zu entsorgen.

Der Wanderstern im Todtmooser Kurpark ist Ausgangspunkt für die letzte Etappe des Schluchtensteiges durch das Wehratal bis nach Wehr.
Der Wanderstern im Todtmooser Kurpark ist Ausgangspunkt für die letzte Etappe des Schluchtensteiges durch das Wehratal bis nach Wehr. | Bild: Andreas Böhm

Welche Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen, um Unfälle bei der Suche zu vermeiden?

Jeder Suchende übernimmt die alleinige Verantwortung. Selbstverständlich legen wir jedem ans Herz, extrem vorsichtig zu sein, festes Schuhwerk zu tragen, kein Risiko einzugehen und nicht alleine loszuziehen. Unter den Suchenden gibt es auch einige aus dem Sanitätsbereich, die mit einer guten Ersten Hilfe Versorgung bereitstehen. Wir suchen nicht bei gefährlichen Wetterbedingungen und verhalten uns corona-konform.

Die Suche abseits der Wege ist im Wehratal riskant.
Die Suche abseits der Wege ist im Wehratal riskant. | Bild: Hansi Brand

Wie steht die Gruppe zu Meinungen und Behauptungen in den sozialen Netzwerken, die teilweise ja nicht fundiert sind?

Im Normalfall kümmern wir uns nicht darum, weil unsere einzige Priorität ist es, Scarlett zu finden. Da bleibt keine Energie und Zeit, sich mit so etwas zu beschäftigen. Nur wenn es sein muss, äußern wir uns dazu.

Gibt es noch regelmäßig neue Hinweise?

Leider nein. Es haben sich keine Zeugen gemeldet, die Scarlett am 10. September 2020 nach ihrem Besuch in einem Supermarkt in Todtmoos oder auf dem Schluchtensteig von Todtmoos nach Wehr gesehen haben. Es wäre wichtig, dass sich Zeugen melden, die Scarlett am 10. September gesehen haben, oder jemand, der etwas von der Ausrüstung gefunden hat. Sehr wichtig: Wir suchen auch dringend die Wanderer, die an dem Tag auf der Etappe zwischen Todtmoos und Wehr unterwegs waren, auch wenn sie Scarlett nicht gesehen haben oder ihr begegnet sind. Wir wissen, dass einige an dem Tag unterwegs waren, es hat sich jedoch kaum jemand bei uns gemeldet.

Wie sind die Gefühle bei den Menschen, die bei der Suche helfen?

Durch die Suche haben sich ganz tolle, warmherzige Menschen zusammen gefunden. Die Motivation ist hoch. Jeder ist fassungslos, dass ein junger Mensch einfach so verschwunden ist. Es ist ein großes Rätsel. Wir möchten jedem danken, der uns unterstützt. Es berührt uns sehr, dass es solch eine Solidarität gibt.

Im Bild die Felsenhütte oberhalb des Wehra-Staubeckens.
Im Bild die Felsenhütte oberhalb des Wehra-Staubeckens. | Bild: Hansi Brand

Welche Möglichkeiten der Unterstützung gibt es?

Wer Flyer bei sich aufhängen oder verteilen möchte, kann sich gerne bei uns melden. Jeder, der mitsuchen möchte, und sich der Eigenverantwortung bewusst ist, ist bei der Suche herzlich willkommen.

Die Polizei hat die letzten Bilder der vermissten 26-Jährigen veröffentlicht: Die Aufnahmen entstanden am 10. September in einem ...
Die Polizei hat die letzten Bilder der vermissten 26-Jährigen veröffentlicht: Die Aufnahmen entstanden am 10. September in einem Supermarkt in Todtmoos. | Bild: privat/Polizei