Ein Mann liegt sechs Jahre unentdeckt in seiner Wohnung in Grenzach-Wyhlen, bis er Mitte September gefunden wird. Einige Wochen später wird in einer Wohnung Grenzach erneut eine mumifizierte Leiche gefunden. Gibt es tatsächlich eine Zunahme solcher Fälle und kommt das öfter vor, als man denkt?
Nein, es ist tatsächlich eine Seltenheit. Darin sind sich die Polizeisprecher Thomas Batzel (Kreis Lörrach) und Mathias Albicker (Kreis Waldshut) einig, wie sie auf Nachfrage bestätigen.
„Ich kenne nur diese zwei Fälle, obwohl ich schon lange Polizist bin“, sagt Thomas Batzel In seiner 30-jährigen Laufbahn bei der Polizei könne er sich an keinen ähnlichen Fall erinnern.
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Mensch so lange tot in der Wohnung liegt und gar nicht vermisst wird? „Es gibt schon den ein oder anderen Fall, wo jemand über Jahre in einem Gebäude liegt und keiner davon weiß“, räumt Batzel ein, aber: „Ich kann keine qualifizierte Auskunft geben, wie viele Fälle das sind.“
Auch sein Waldshuter Kollege Mathias Albicker verweist darauf, dass die Polizei in diesen Fällen keine statistischen Erhebungen führt. „Nach Rücksprache mit den damit betrauten Kollegen kommt es immer mal wieder vor, dass Verstorbene erst nach mehreren Wochen oder sogar Monaten gefunden werden“, so Albicker.

Meist sei das der Fall, wenn die Personen sehr zurückgezogen gelebt und über kaum soziale Kontakte verfügt haben. Vermisste oder Opfer eines Kapitalverbrechens, die erst nach Jahren gefunden werden, gibt es laut Albicker hingegen.
„Eine Liegezeit über Jahre hinweg in einer Wohnung oder Haus im Landkreis Waldshut, ohne dass das Verschwinden der Person bemerkt worden war, war aber keinem der Kollegen in Erinnerung“, sagt Albicker und verweist darauf, dass diese Aussage auf dem Erinnerungsvermögen der befragten Kollegen beruht und keiner Statistik zugrunde liegt.
Laut Thomas Batzel sei es aber schon vorgekommen, dass Vermisste, die lange gesucht wurden, beispielsweise in einem Keller gefunden wurden. „Allerdings hatten wir hier den Tag X gehabt, an dem die Person vermisst gemeldet wurde“, so der Lörracher Polizeisprecher.
In welchen Fällen sieht die Polizei aktiv in einer Wohnung nach?
Auf die Frage, wie die zweite Leiche in der Wohnung in Grenzach gefunden wurde, erklärte Polizeisprecher Thomas Batzel kurz nach dem Fund, dass „aktiv nachgeschaut“ wurde. Aber in welchen Fällen sieht die Polizei aktiv nach?
„Hier ist der § 36 des Polizeigesetzes als Rechtsgrundlage einschlägig. So kann die Polizei eine Wohnung gegen den Willen des Inhabers nur betreten, wenn dies zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen dringende Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist“, erklärt Albicker.
Durchsuchen dürfe die Polizei nur, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich eine Person in der Wohnung befindet, „die beispielsweise infolge Hilflosigkeit an Leib oder Leben gefährdet ist“, so Albicker.
Eine generelle Aussage, in welchen Fällen die Polizei nachsieht, kann der Polizeisprecher nicht treffen und verweist darauf, dass immer der Einzelfall und die einzelnen Faktoren beurteilt werden.
Es komme laut Albicker fast tagtäglich vor, dass die Polizei zu Hilfseinsätzen neben Rettungsdienst und Feuerwehr ausrückt, wenn Wohnungen notgeöffnet werden müssen. „In den allermeisten Fällen kann den betroffenen Personen geholfen werden, zum Beispiel nach Stürzen älterer Personen in ihrem Zuhause.“ Belastbare Zahlen liegen aber auch hier nicht vor.