Mit 54,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen hat der Landkreis Waldshut nach eigenen Angaben am Sonntag den wichtigen Grenzwert von 50 überschritten. Das Erreichen dieses Sieben-Tage-Inzidenzwerts ist die Voraussetzung für den Erlass von strengeren Corona-Regeln. Landrat Martin Kistler reagierte schnell und erließ mit Wirkung vom Montag eine neue Allgemeinverfügung. Damit verbunden sind weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens; so beginnt die Sperrstunde in der Gastronomie nun um 23 Uhr. Ab diesem Zeitpunkt dürfen keine alkoholischen Getränke mehr ausgeschenkt werden.
Für Verwirrung sorgte am Montagmorgen das baden-württembergische Landesgesundheitsamt, das für die Berechnung des maßgeblichen Inzidenzwerts verantwortlich ist. In dem täglichen Tagesbericht wird für den Landkreis Waldshut am Sonntag ein Inzidenzwert von 46,4 angegeben – deutlich unter dem vom Kreis angegebenen 54,4 und vor allem: noch unter dem wichtigen Grenzwert. Auch am Montagnachmittag wurde aus Sicht des Landesgesundheitsamts der 50er Wert noch nicht erreicht: Mit Stand von 16 Uhr meldet das LGA für den Kreis Waldshut eine Inzidenz von 49,1. Gab es also noch keine Rechtsgrundlage für die neue Allgemeinverfügung des Landkreises?
„Wir haben uns mit dem Landesgesundheitsamt am Sonntag abgestimmt und die Allgemeinverfügung erlassen“, erklärt die Pressesprecherin des Landratsamts Susanna Heim auf Anfrage, wie es zu den unterschiedlichen Zahlen im Land und im Kreis kommt. „Unsere 7-Tages-Inzidenz ist insofern die aktuellere als sie kontinuierlich im Laufe des Tages aktualisiert wird“, so Heim. „Für uns zählt, dass wir möglichst rasch einen kompletten Überblick über die tatsächliche Lage im Landkreis bekommen. Die Voraussetzungen fürs Handeln lagen mit den Fallzahlen am Wochenende vor.“
Tatsächlich kam und kommt es immer wieder – auch in anderen Landkreisen – zu Verzögerungen bei der Veröffentlichung der Zahlen des Landesgesundheitsamts. Und dies, ob obwohl die Daten jeweils mit dem Hinweis „Stand: 16 Uhr“ versehen sind und damit den Eindruck größtmöglicher Aktualität erwecken. Die Ursachen für die Verzögerungen sind vielfältig: Teilweise kam es zu technischen Problemen bei der Übermittlung, teilweise ist auch das Personal der Gesundheitsämter überlastet. „Stündlich laufen bei uns neue positive Testergebnisse ein. Wir verschaffen uns einen Überblick über die zu bearbeitenden Fälle“, so Susanna Heim. „Diese müssen dann nach und nach kontaktiert werden. Selbst wenn wir eine Telefonnummer haben, erreichen wir die Betroffenen nicht immer sofort. Manche Telefonnummern stimmen nicht oder die Leute sind umgezogen und haben sich nicht umgemeldet. Es gibt sehr viele Hindernisse, die täglich von den Mitarbeitern ausgeräumt werden müssen oder nachrecherchiert werden müssen. Bis zum Stichzeitpunkt [täglich um 16 Uhr] kann es also sein, dass noch nicht alle – uns aber bereits bekannten Fälle – erreicht und erfasst wurden. Dann werden diese erst bei der nächsten Übermittlung berücksichtigt“, erklärt Susanne Heim.
Gerade in diesen Tagen mit Zeiten mit einem sehr aktiven Infektionsgeschehen kommt es deshalb zu Verzögerungen bei der Datenübermittlung und damit zu Differenzen in der Statistik.
„Das Landesgesundheitsamt – wie auch das Robert-Koch-Institut – berichtet nur COVID-19-Fälle, bei denen eine Laborbestätigung mittels PCR vorliegt. Stellenweise übermitteln die Gesundheitsämter jedoch auch Fälle ohne Laborbestätigung, was zu Abweichungen in den Fallzahlen führen kann“, teilt das Landesgesundheitsamt in Stuttgart auf Anfrage mit. Für die Einstufung eines Kreises als Risikogebiet sei allein die 7-Tage-Inzidenz maßgeblich, die vom Landesgesundheitsamt berechnet und die auf der Internetseite des Gesundheitsministeriums Baden-Württemberg und des Landesgesundheitsamts veröffentlicht wird, teilt die Landesbehörde mit.